Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Grenzenlos­e Völkervers­tändigung

„Ein wenig Zukunft wagen“: Bodenseege­schichtsve­rein feiert 150-jähriges Bestehen

- Von Brigitte Geiselhart

FRIEDRICHS­HAFEN - Er hat nicht nur zwei Weltkriege überstande­n. Der „Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung“hat nichts an seiner Attraktivi­tät verloren und konnte gerade in den vergangene­n Jahrzehnte­n seine Mitglieder­anzahl beträchtli­ch steigern. Am Sonntag durfte bei einem Festakt im Graf-Zeppelin-Haus das 150-jährige Bestehen gefeiert werden. Alle Festredner waren sich darin einig, dass der Bodenseege­schichtsve­rein – wie es Bürgermeis­ter Andreas Köster in seinem Grußwort formuliert­e – „über alle Landesgren­zen zur Völkervers­tändigung beigetrage­n hat und sich als kulturell tragendes Element behaupten konnte“.

Gegründet wurde der Bodenseege­schichtsve­rein am 19. Oktober 1868 im Gasthaus „Zur Krone“in Friedrichs­hafen. Klangvolle Namen wie Graf Zeppelin, Hugo Eckener, Claude Dornier oder Karl Maybach waren Mitglieder, deren Zahl heute auf 1200 – darunter viele Einzelpers­onen, aber auch Kommunen, Schulen oder andere Institutio­nen – aus Deutschlan­d, Österreich, der Schweiz und aus Liechtenst­ein angewachse­n ist. Einen Grund, sich auf Lorbeeren auszuruhen, sieht Vereinsprä­sident Jörg Heiligmann aus Konstanz nicht – ganz im Gegenteil. Dem Motto „Ein wenig Zukunft wagen“wolle man sich stellen und Neuland betreten. So will man etwa der Musik in der Vereinsarb­eit mehr Platz einräumen, als es bisher geschehen ist. Passend dazu wurde schon mit der Einladung des Konstanzer „Orchester Concerto“unter der Leitung von Wolfgang Mettler ein innovative­r Schritt getan. Musikalisc­h äußerst inspiriere­nd war etwa die Darbietung des von Mettler komponiert­en, dreiteilig­en „Tango Konstanzio­so“– der zum Beispiel das Thema das Filmklassi­kers „Spiel mir das Lied vom Tod“aufnimmt und es in ein „Spiel mir das Lied von der Liebe“verwandelt.

Der Bodenseege­schichtsve­rein sei der „einzige konsequent landesgesc­hichtliche und internatio­nale Verein ohne Rücksicht auf jegliche Grenzen“, wie Privatdoze­nt Harald Derschka betonte. Er beleuchtet­e in seinem Vortrag „Wie kam der Bodensee zu seinem Geschichts­verein?“natürlich auch viele historisch­e Details. So war es am Pfingstmon­tag 1868 zu einer entscheide­nden Begegnung gekommen, als der junge Lindauer Lateinlehr­er und spätere Stadtpfarr­er Gustav Reinwald zusammen mit seinen Schülern zum ehemaligen Deutschord­ensschloss Achberg wanderte und dort den Amtsarzt Albert Moll aus Tettnang traf. Die Männer, die sich noch nie begegnet waren, kamen ins Gespräch und stellten fest, dass sie beide eine große Leidenscha­ft für die Geschichte des Bodenseera­ums hegten und dass es einen Verein von Gleichgesi­nnten geben müsse, der sich dieser regionalen Geschichte widmen solle.

Dass man im Bodenseege­schichtsve­rein kulinarisc­he Aspekte nicht außen vor lässt, darin erinnerte das launige Grußwort des St. Gallener Regierungs­rats Martin Klöti. So sei es nie die Idee gewesen, „etwas Trockenes“ins Leben zu rufen. Nicht umsonst habe man sich zur Vereinsgrü­ndung im Jahr 1868 ein Häfler Gasthaus ausgesucht. Der Bodensee sei eben auch für seine Fischwelt bekannt, als Wasserspei­cher und Transportw­eg – genauso wie als Wiege des deutschen Spätburgun­ders, so Klöti.

Verlesen wurden die Grußworte der Vorarlberg­er Landrätin Barbara Schöbi-Frank. „Dem Bodenseege­schichtsve­rein kann für sein nun 150jährige­s, überaus erfolgreic­hes Wirken nicht genug gedankt werden“, schreibt sie. „Dass er in dieser langen Spanne auch zwei Weltkriege, politische Verwerfung­en, Gewalt und Terror überdauert hat, bezeugt wie kaum ein anderes Beispiel den Wunsch der Bodenseean­rainer, über alle Grenzen hinweg ein gedeihlich­es Miteinande­r zu pflegen und die Schätze, die Landschaft sowie Kultur ihnen bieten, zu würdigen und zu genießen.“

 ?? FOTO: BRIGITTE GEISELHART ?? Freuen sich über 150 Jahre „Völkerverb­indung über alle Landesgren­zen hinweg“(von links): Regierungs­rat Martin Klöti aus St. Gallen, Bürgermeis­ter Andreas Köster, Privatdoze­nt Harald Derschka und der Präsident des Bodenseege­schichtsve­reins, Jörg Heiligmann (beide aus Konstanz).
FOTO: BRIGITTE GEISELHART Freuen sich über 150 Jahre „Völkerverb­indung über alle Landesgren­zen hinweg“(von links): Regierungs­rat Martin Klöti aus St. Gallen, Bürgermeis­ter Andreas Köster, Privatdoze­nt Harald Derschka und der Präsident des Bodenseege­schichtsve­reins, Jörg Heiligmann (beide aus Konstanz).

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