Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Demokratiealarm am Gleis 1
Betriebsseelsorge Ravensburg und Partner stehen für offene Gesellschaft ein
MECKENBEUREN - Mit Musik und Poesie haben die Katholische Betriebsseelsorge, der Katholische Frauenbund Meckenbeuren und weitere Kooperationspartner dazu aufgerufen, für die Demokratie in Deutschland einzustehen und Gesicht zu zeigen. Ein Aufruf, der den Nerv der Menschen zu treffen scheint. Ruckzuck war der Kulturschuppen am späten Sonntagnachmittag gefüllt.
Dort begrüßte Betriebsseelsorger Werner Langenbacher die Gäste und stellte bedauernd fest: „Das hätten wir vor fünf Jahren noch nicht gedacht, dass wir uns Gedanken machen müssen über die Demokratie.“Er fügte hinzu: „Demokratie ist nicht mehr selbstverständlich, dafür einzustehen aber stärkt uns. 2500 Menschen sind am Wochenende allein in Ravensburg für eine offene demokratische Gesellschaft auf die Straße gegangen.“ Er freue sich auch über die große Resonanz am Sonntag in Meckenbeuren: „Sonntag 17 Uhr eine solche Veranstaltung? Das Experiment ist gelungen.“
Ein ganz anderer Zugang, sich Gedanken über gelebte Demokratie zu machen, war dort geboten mit Musik der Band Unterbrechung und mit Poesie, frech und markant vorgetragen von der Wiener Schauspielerin Mirjam Birkl. „Fühlt ihr euch wirklich frei? Seid ihr sicher, dass dies hier noch eure Landschaft ist?“, fragte sie in die Runde und rief dazu auf, mündige freie Bürger zu sein, die Kompass sind und die Richtung vorgeben. „Seid heiß auf die Zukunft und nicht von gestern. Und keine Affen, die dem großen Geschrei hinterherlaufen.“Herrlich verpackt hatte Rolf Siedler die Texte für die Schauspielerin und das Zuhören nicht immer leicht gemacht. Es galt, genau hinzuhören, aufzupassen und sein Fazit zu ziehen.
Dazu gab es herrliche Musik vom Allerfeinsten – von Norbert Botschek, Markus Braun, Matthias Kehrle und Rolf Siedler, die im ReggaeSound an Gary Tylor erinnerten, der 40 Jahre unschuldig im amerikanischen Gefängnis saß. Oder von Johnny Cash mit „Folsom Prison Blues“, den er 1955 im Knast aufgenommen hatte. „Alle unsere Songs haben einen Hintergrund“, sagte Rolf Siedler, „das ist unsere Spezialität“. Mit Jazz, Bossa und Soul haben sie ihre Zuhörer wahrlich in einen Alarmzustand der besonderen Art versetzt.
Auch die Koordinierungsstelle des Landratsamtes Bodenseekreis hat dieses Kulturprogramm im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“unterstützt. Das Programm, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ins Leben gerufen wurde, richtet sich gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und die Ablehnung kultureller Vielfalt.