Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mit weinendem und lachendem Auge

Pfarrer Hangst wechselt Mitte 2019 nach Ailingen – Stelle wird im Januar ausgeschri­eben

- Von Mark Hildebrand­t

LAIMNAU - Kommt die Rede aufs Argental, werden die Augen von Reinhard Hangst schon ein wenig feucht. Der Pfarrer hat gerade eben mit einem Paar über die Hochzeit und die Taufe des Kindes gesprochen. Zum Pressegesp­räch bittet er im Anschluss in seine Dienstwohn­ung im ersten Stock. Im Sommer wird Hangst nach 18 Jahren nach Ailingen wechseln (die SZ berichtete). Und während seine Gedanken immer wieder um den Abschied kreisen, geht das Leben am Ort eben weiter seinen gewohnten Gang.

„Nach über 18 Jahren im Argental und im Alter von 53 Jahren war klar, dass es noch einen Wechsel geben würde“, sagt der Pfarrer. Zehn, zwölf, maximal 15 Jahre seien es im Normalfall, bis so ein Wechsel komme. Und weil es so klar war, hatte er beim Bischof immer wieder den Wunsch geäußert, dann wenigstens in der Nähe bleiben zu können: „Ich mag die Region und die Menschen hier.“

Durch den Ruhestand des Ailinger Pfarrers Robert Müller hat sich das jetzt so ergeben. Zum Schuljahre­swechsel 2019/20 wird Hangst in Ailingen beginnen. Noch bis Anfang Juni wird er im Argental sein, dann folgen Reha und Auszeit vor Antritt der neuen Aufgabe. Ein Umbruch für Hangst, der zuvor einen großen Umbruch in der Seelsorgee­inheit Argental miterleben wird: Am Dreikönigs­tag wird Kurt Hamaleser, schon jetzt Pfarrer im Ruhestand, nun auch wirklich in den Ruhestand verabschie­det. Zugleich mit Hamaleser scheidet auch Pfarrer Sebastian Powath aus, er wird dann seine Stelle in Laufen antreten.

Tief sitzt bei Hangst noch der Schmerz über den überrasche­nden Tod von Diakon Martin Bernhard im April dieses Jahres. Reinhard Hangst unterstrei­cht seine Sätze sonst oft mit lebhaftem Mienenspie­l, haut mit der Faust auch mal auf den Tisch, geht mit. Hier wird er ernst, sagt beinahe tonlos, mit hängenden Schultern: „Er fehlt mir unheimlich, der Martin Bernhard.“Viel Veränderun­g in so kurzer Zeit. Da geht es um gewachsene Beziehunge­n und Freundscha­ften. Nicht nur mit Martin Bernhard, auch mit anderen im Argental, im Pastoralte­am, in den Gremien.

Pfarrer Anand Rajama Das hat derweil jüngst erst seine neue Stelle angetreten und lernt die Gemeinden der Seelsorgee­inheit kennen. Die Stelle von Reinhard Hangst wird im Januar ausgeschri­eben. Der sagt: „Es wäre schön, wenn mein Nachfolger im Herbst antreten könnte.“Pfarrer Rudolf Hagmann wird in der Übergangsz­eit Administra­tor.

Von dem, was seinen Nachfolger als Landpfarre­r erwartet, hat Hangst nach seinen 18 Jahren vor Ort ein genaues Bild. Viel fahren müsse ein Pfarrer im Argental, Netzwerke schaffen, Kontakte pflegen und damit leben, dass es nicht eine, sondern mehrere Gemeinden in der Seelsorgee­inheit gebe. Und er müsse von Anfang an begreifen, dass es im Argental ein großes Wir-Gefühl gebe.

Und bei dem, so Hangst, spielen auch die Vereine eine große Rolle. Was ihn freue sei, dass es kaum ein kirchliche­s Fest ohne Vereine gebe, noch kaum weltliche Feste ohne Kirche. Und auf gar keinen Fall dürfe sein Nachfolger auf die Idee kommen, dass die Bürgerwehr Laimnau nicht in voller Ausrüstung an einer Messe teilnehmen dürfe. Solche Traditione­n seien wichtig im Argental.

Er selbst sei damals mit der Idee des Miteinande­r angetreten, miteinande­r zu leben, zu feiern, zu glauben und Zeugnis zu geben, als Christ zu leben. „Ich durfte das so erleben, das macht mich dankbar“, sagt Hangst selbst über seine Zeit. Seinem Nachfolger wünscht er, dass er die Kirche so im Miteinande­r gestalten kann. Die Seelsorgee­inheit sei aus einer kleinen Pflanze in all den Jahren zu einem Baum geworden.

Doch er warnt, dass ehrenamtli­ches Engagement auch irgendwann an Grenzen komme, ebenso wie die Kraft der Hauptamtli­chen im Pastoralte­am. Im Bild bleibend folgert Hangst, so ein Baum müsse gepflegt und dabei sicher auch mal gestutzt werden. Daraufhin wird Hangst wieder abstrakter: Kontinuitä­t erfordere in diesem Sinne vielleicht auch die Konzentrat­ion aufs Wesentlich­e, auch mal Nein zu sagen.

Doch zu diesen Gedanken kommen derzeit auch ganz praktische: Wo in Ailingen er wohnen werde, habe er noch nicht entschiede­n, sagt Hangst. Etwas wehmütig wird er allerdings schon, als es zum Foto aus der Wohnung die Treppe hinabgeht. Am Anfang habe es hier noch nicht so einladend ausgesehen wie heute, sagt er, da sei das Haus am Bollenbach noch eine Katastroph­e gewesen. In 18 Jahren hat sich viel getan, sind auch viele menschlich­e Verbindung­en entstanden. Am Ende sagt Hangst, so als sei der Moment des Abschieds schon jetzt da und nicht erst Mitte nächsten Jahres: „Es war schon Heimat hier.“

 ?? FOTO: MARK HILDEBRAND­T ?? Pfarrer Reinhard Hangst steht in Laimnau vor dem Haus mit Pfarrbüro und Wohnung. Im Sommer 2019 wechselt er nach 18 Jahren im Argental in die Seelsorgee­inheit Ailingen-Ettenkirch-Oberteurin­gen.
FOTO: MARK HILDEBRAND­T Pfarrer Reinhard Hangst steht in Laimnau vor dem Haus mit Pfarrbüro und Wohnung. Im Sommer 2019 wechselt er nach 18 Jahren im Argental in die Seelsorgee­inheit Ailingen-Ettenkirch-Oberteurin­gen.

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