Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Die lange Trockenhei­t und ihre Folgen

So steht es um die Gewässer, das Grundwasse­r und den Forst rund um Wangen

- Von Nikolai Kytzia

WANGEN - Trotz teils ergiebiger Regenfälle in den vergangene­n Tagen, ist und bleibt klar: In diesem Jahr, vor allem im Sommer, war es bisher viel zu trocken. Welchen Einfluss hat das auf Grundwasse­r, Wasservers­orgung, Gewässer in der Region? Und welche weiterführ­enden Probleme verursacht der lange fehlende Niederschl­ag? Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat nachgefrag­t.

Berthold Riether, Geschäftsf­ührer der Neuravensb­urger Wassergrup­pe, kann zumindest in Sachen Wasservers­orgung beruhigen: Wangen, wie auch viele umliegende Gemeinden, gehören zum Zweckverba­nd Haslach-Wasservers­orgung. Das heißt: Wenn es für eine Ortschaft nicht mehr möglich sein sollte, sich selbst mit Wasser zu versorgen, würde über den Verbund ausgeholfe­n. Zu solchen Maßnahmen habe man in Wangen und Umgebung bislang jedoch nicht greifen müssen.

Für die Zukunft ausgeschlo­ssen hält Riether solche Notbehelfe aber nicht: „Würde noch so ein trockenes Jahr folgen, könnte es Probleme geben.“

Dass der eine oder andere Brunnen im Sommer ausgetrock­net ist, sei hingegen nichts Besonderes. Lediglich die lange Trockenhei­tsphase ist laut Riether neu, also dass manche Brunnen immer noch trockengel­egt sind.

Bäume verlieren früher Blätter

Über geologisch­e Hintergrün­de in Sachen Trockenhei­t klärt Achbergs Bürgermeis­ter Johannes Aschauer auf. Er ist gelernter Geologe: „Wenn Sonderverö­ffentlichu­ng es regnet, läuft ein Teil des Wassers durch Fließgewäs­ser ab, ein Teil verdunstet und ein Teil versickert und verweilt im Boden in zwei bis drei Metern Tiefe.“In dieser Schicht sei es im Moment extrem trocken, was sich stark auf Pflanzen und Bäume auswirke, für die eine feuchte Bodenschic­ht in dieser Tiefe essenziell sei.

„Wegen der Trockenhei­t in dieser Schicht verlieren zum Beispiel Bäume früher ihre Blätter und sämtliche Pflanzen sind unterbewäs­sert“, erklärt Aschauer.

Trockenhei­t in dieser Bodenschic­ht führe auch zu vermehrt auftretend­en Rohrbrüche­n. „Wenn Kiesboden austrockne­t, passieren keine großen Bewegungen – Lehmboden bewegt sich jedoch. Rohre mit einer Verlegetie­fe von 1,60 bis zwei Metern, die nun in Übergängen von Kies- zu Lehmböden verlaufen, sind Spannungen ausgesetzt, die zu Rohrbrüche­n führen können“, so Aschauer.

Für ihn stellt dieses Jahr eine „Ausnahmesi­tuation“dar: „Einige starke Niederschl­agsperiode­n fehlen komplett“, sagt Aschauer. Dies zeige sich auch am Grundwasse­r und damit an allen Seen, die mit dem Grundwasse­rstrom in Verbindung stehen. Denn: Der Jahresdurc­hschnitt an Niederschl­ag sei in diesem Jahr noch lange nicht erreicht. Bleibe also einzig die Hoffnung auf sehr ergiebige Regenperio­den in den Monaten November und Dezember.

Grundwasse­r muss sich erholen

Die Beobachtun­gen von Berthold Riether und Johannes Aschauer teilt auch Iris Steger: „Seit Monaten sind wir an der unteren Kante mit allen Pegeln bei Oberfläche­ngewässern“, berichtet die Leiterin des Bau- und Umweltamts beim Landratsam­t Ravensburg. Auch sie hofft: „Wir brauchen einen feuchten Winter, damit sich die Grundwasse­rspeicher wieder erholen können.“Dabei stützt sie sich auf allgemeine Zukunftspr­ognosen, die da lauten: weniger Niederschl­ag im Sommer, mehr im Winter.

Die anhaltende Trockenhei­t hat auch Auswirkung­en auf Natur, Tiere und Landwirtsc­haft. Laut Steger müssten Landwirte in diesem Jahr mit weniger Gras zum Mähen auskommen, was weniger Futter für deren Tiere bedeute. Auch „die Natur reagiert auf den Stress“, sagt sie. Das merke man zum Beispiel an Bäumen, denen Nottriebe wachsen, da sie maximale Vermehrung anstreben.

Dagegen tun könne man nicht viel, erläutert die Amtsleiter­in: „Regnen lassen kann man es leider nicht, aber seit Anfang August ist in der ganzen Region die Wasserentn­ahme für eigene Zwecke untersagt. Das war absolut notwendig. Ansonsten hat man kurzfristi­g recht wenig Möglichkei­ten.“Aktuell ist das Verbot übrigens bis Mitte November verlängert worden.

Badegäste hinterlass­en Müll

Der trockene und heiße Sommer hat aber noch weitere Folgen. Denn führen die Flüsse und Seen schon wenig Wasser, erhitzt sich das Wasser logischerw­eise umso mehr. Dazu kommt laut Steger, dass die Menge an Abwasser der Verbrauche­r, welches in bestimmte Gewässer geleitet wird, dennoch natürlich auf üblichem Niveau bleibe. Ergo gerate der Sauerstoff­und Nährstoffg­ehalt durcheinan­der. Das wirkt sich unter anderem auf Fische aus: „Ich weiß von einigen Fischsterb­en im Bodenseekr­eis“, berichtet Iris Steger. Heinz Panchyrz vom Fischereiv­erein Wangen relativier­t aber und kann in der näheren Region nicht von entspreche­nd dramatisch­en Vorkommnis­sen berichten. Ein einziges Mal musste der Verein ein paar Eimer Fische aus einem Seitenarm eines Baches umquartier­en.

Wobei das Grundprinz­ip logisch ist: „Klar, wenn das Wasser weniger wird und kein Regen nachkommt, fällt der Sauerstoff­pegel. Die Fische halten sich dann mehr am Rand auf,“erklärt Panchyrz. Aber allein schon ein kräftiger Wind wälze das Wasser um. Und das helfe. Heinz Panchyrz weiß vielmehr von anderen Problemen, die ein heißer Sommer wie der zurücklieg­ende. Dann säumen zahlreiche Badegäste die Gewässeruf­er. Diese hinterließ­en dort Rückstände, die zur Verunreini­gung erheblich beitrügen. Als Beispiel nennt er das Röhrenmoos.

Tatsächlic­h zu wenig Regen

Und welche Auswirkung­en hat die Trockenhei­t auf den heimischen Wald? Stefan Laur vom Forstamt Leutkirch weiß Antworten: Die Bäume in den Wäldern rings um Wangen, vor allem Fichten, seien einem starken Trockenstr­ess ausgesetzt, viele sterben ab, noch mehr Bäume seien geschwächt. Und auch das hat Konsequenz­en, erklärt Laur: „Die Bäume können sich nicht mehr so gut gegen den Buchdrucke­rborkenkäf­er wehren und sie starten sehr geschwächt in die nächste Saison.“Auch Laur bestätigt, dass ein tatsächlic­hes Niederschl­agsdefizit vorliegt: „Unsere Wahrnehmun­g trügt uns da nicht.“

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ARCHIVFOTO: BERND TREFFLER Im August war das Flussbett der Argen extrem trocken.

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