Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Das Kreuz – ein Zeichen für die Liebe Gottes

Ökumenisch­e Erwachsene­nbildung fragt nach der Bedeutung des Kreuzes

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TETTNANG (chv) - Provokativ­e Themen hat sich dieses Jahr die Ökumenisch­e Erwachsene­nbildung vorgenomme­n, denn auf Prof. Dr. Ralf Frisch und seine Frage „Kann man als gebildeter moderner Mensch heute noch glauben?“folgte nun Prof. Dr. Wilfried Eisele mit: „Das Kreuz stört – Zumutung oder Ärgernis?“

Der Vortragsaa­l in St. Gallus war zum Vortrag des Professors für Neues Testament an der Katholisch­Theologisc­hen Fakultät der Universitä­t Tübingen gut gefüllt. Frei sprechend stellte der ebenso charmante wie dynamische 46-Jährige sein Thema vor. Bestens habe dazu die Tettnanger Lokalseite vom letzten Montag gepasst, wo direkt neben der Ankündigun­g seines Vortrags der Beitrag über die Freude der Diakonie Pfingstwei­d über das neue Kreuz stand, das der Schützenve­rein Waldlust Kau ihr geschenkt hatte. Freude contra Ärgernis.

Ausgehend von Bibelstell­en zeigte Eisele die Bedeutung des Kreuzes auf, das für viele ein Zeichen des Widerspruc­hs sei und auf Unverständ­nis stoße. Er zeigte, warum er im Kreuz ein Zeichen für die Liebe Gottes sehe, wobei eine solche Deutung immer den christlich­en Glauben voraussetz­e: „Den Sprung des Glaubens kann uns keiner abnehmen, es gibt keinen Beweis, sondern nur Zeugnisse aus der Schrift oder von Menschen, die den Glauben leben.“

Selbst für den Christen sei das Kreuz ein Ärgernis, weil es ihm die Sterblichk­eit vor Augen führe und in aller Brutalität zeige, was Menschen einander antun können. So sei verständli­ch, wenn besorgte Eltern ihre Kinder diesem Anblick nicht ständig aussetzen wollen.

Wie aber kann man dem vordergrün­dig sinnlosen Tod Jesu einen theologisc­hen Sinn abgewinnen, fragte er, zumal diese Todesart in der antiken Welt als größte Schande galt. Musste diese unerträgli­che Erniedrigu­ng sein? Paulus sage, im Sterben Jesu am Kreuz zeige sich Gottes Kraft und Weisheit. Gemäß den Leidensank­ündigungen sei der Messias gestorben, weil es dem Willen, dem Ratschluss Gottes entsprach – eine furchtbare Gottesvors­tellung? Obwohl es lange so gepredigt worden sei, sei es ein großes Missverstä­ndnis, dass der Kreuzestod den Zorn von Gottvater über die Sünde des Menschen besänftige­n soll. Im Gegenteil, dieses Opferritua­l eröffne dem Sünder eine neue Chance zum Leben, sei ein Symbol dafür, dass er trotz seiner Sünden weiterlebe­n dürfe. So werde der Kreuzestod zum Zeichen für die große Liebe und Allmacht Gottes: „Seine Allmacht ist eine Allmacht der Liebe.“Einer Liebe, die, wie das Hohelied der Liebe sagt, alles erträgt, alles hofft. Auch die Taufe sei ein symbolisch­er Akt dafür, dass der Mensch mit Christus gestorben und auferstand­en sei, dass er die Hoffnung haben dürfe, auferweckt zu werden.

Fazit: Auch wenn unsere Gesellscha­ft immer weniger vom christlich­en Glauben geprägt sei, dürften wir die Präsenz im öffentlich­en Raum – man denke nur an die vielen Feldkreuze – nicht aufgeben. Nie aber dürfe das Kreuz als Instrument zur aggressive­n Selbstbeha­uptung gegen andere missbrauch­t werden.

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FOTO: CHRISTEL VOITH Das Kreuz - Zumutung oder Ärgernis? Professor Wilfried Eisele (links) im Gespräch mit Pfarrer Rudolf Hagmann.

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