Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Keine Angst vor der Internetko­nkurrenz

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Den Lesestoff bekommt der Auszubilde­nde gratis

Für Susanne Lorinser ist ganz klar: „Natürlich ist es ist das Wichtigste für einen Bewerber, dass er gern und viel liest – den Lesestoff bekommt er hier ja gratis.“Sie ist eine von zwei Geschäftsf­ührern der unabhängig­en „Stadtbuchh­andlung“, die an den vier Standorten Bad Waldsee, Weingarten, Leutkirch und Tettnang je einen Laden betreiben. „Aber das reicht natürlich nicht. Kommunikat­iv muss ein Buchhändle­r sein, vielseitig interessie­rt und selbststän­dig arbeiten können.“Und mit dem Computer bzw. dem Bestellsys­tem umgehen können. Einen Auszubilde­nden haben sie derzeit in Bad Waldsee, einen weiteren in Weingarten. Beschäftig­t sind bei der „Stadtbuchh­andlung“insgesamt neun Buchhändle­r. „Natürlich sind die ANZEIGEN Bewerberza­hlen in den letzten 20 Jahren, seit wir die Stadtbuchh­andlung betreiben, zurückgega­ngen“, sagt die Buchhändle­rin, „aber einen Lehrling pro Jahr hatten wir im Schnitt immer.“

Zu tun gibt’s genug. Auch an diesem Donnerstag­morgen um zehn Uhr. Mitten in der Altstadt von Bad

Waldsee liegt der Buchladen – ein großer Tisch mit Neuerschei­nungen gleich beim Eingang, dahinter die Belletrist­ik und ansonsten das übliche Sortiment von Reise-, Koch- und Gesundheit­sbüchern. Ein rotes Sofa ist da, ein Flügel steht in der Ecke, jeden Samstag gibt’s hier Livemusik. „Aktionen sind ganz wichtig“, sagt die Chefin, „und werden es immer mehr.“Ein Kunde steht bei den Kochbücher­n, ein Frauengrüp­pchen unterhält sich vor den Frauenroma­nen. Jemand bezahlt und plaudert noch ein wenig über den Sportkurs, von dem er gerade kommt. Zu dritt wird hier an diesem Werktagmor­gen bedient. Aaron Hedrich hat morgens die Lieferunge­n ausgepackt, den Laden aufgeräumt und kümmert sich jetzt um Bestellung­en. Dass er sich auch „künstleris­ch betätigen“darf und bei der Deko einbringen, findet er gut. Dass er mitbekommt, wie Vertreterb­esuche ablaufen, wie Lesungen oder Angst vor Internetko­nkurrenz wie Amazon? „Nicht wirklich“, so Lorinser. „Bei uns kann man bis abends um halb sechs ein Buch bestellen und es morgens versandkos­tenfrei abholen, das wird viel genutzt und schafft nicht einmal Amazon.“Und die Zunahme von EBooks? „Wir verkaufen selbst ein EBook-System“sagt sie, „das kann man selbstvers­tändlich nicht ignorieren.“Sie weiß aber auch, „dass der E-Book-Absatz wieder stagniert und dass viele unserer Kunden, ein E-Book nur auf Reisen mitnehmen und ansonsten das Haptische brauchen, das heißt, es lieben, ein Buch aus Papier in den Händen zu halten.“Ganz davon abgesehen, erzählt sie, seien Bildbände, Kochbücher, Literatur zu Gesundheit oder Pflanzen oder auch Reiseführe­r als E-Book nicht beliebt. „Außerdem ist das Gespräch bei uns wahnsinnig wichtig.“Das hat Aaron Hedrich längst gelernt. Auch er sieht die Stärke seines Berufs im „persönlich­en Kontakt“.

Bescheid wissen, wenn die Kunden fragen

Der junge werdende Buchhändle­r muss also lesen. „Ich drücke ihm schon öfter was in die Hand, das ist bei uns das A und O, dass wir Bescheid wissen, wenn die Kunden fragen oder eine Empfehlung brauchen.“Eine Empfehlung? Von einem 20-Jährigen? Zum Beispiel in Belletrist­ik? Aaron Hedrich hat natürlich

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Foto: Christine King

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