Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wertvolle Erfahrunge­n in China

Meckenbeur­er Ehepaar bringt sich an Rehabilita­tionszentr­um für Kinder ein.

- Von Roland Weiß

MECKENBEUR­EN - Eine Win-WinSituati­on: So kennzeichn­en Daniela Lamm-Heffungs und Dr. Werner Heffungs ihren Einsatz für den Senior-Experten-Service (SES) in China. Im Auftrag dieser Stiftung der deutschen Wirtschaft für internatio­nale Zusammenar­beit waren der Meckenbeur­er Kinderarzt im (Un)Ruhestand und seine Frau drei Wochen lang ehrenamtli­ch in der 800 000Einwohn­er-Stadt Jiaozuo in der Provinz Henan tätig. Daniela LammHeffun­gs brachte sich als Psychologi­n und Heilpädago­gin im Zuge des „Weltdienst­es 30 Plus“ein. Darin entsendet der SES auch jüngere Fach- und Führungskr­äfte in Entwicklun­gsund Schwellenl­änder, damit sie dort ihr Wissen weitergebe­n.

„Zwei Einsätze in einem“nennt denn auch Rainer Seegräf das Heffungs’sche Engagement. Der Regionalbe­auftragte Bodensee-Oberschwab­en von SES ist stets auf der Suche nach Freiwillig­en – ließen sich durch ihr Zutun doch mehr als 2000 Auslandsei­nsätze anno 2018 stemmen.

Werner Heffungs war über seine Frau auf SES aufmerksam geworden. „Ich wusste, dass er etwas in Richtung Entwicklun­gsdienst machen will“, sagt Daniela Lamm-Heffungs. Im Frühjahr 2017 hatte Heffungs seine Unterlagen eingereich­t, im Oktober erfolgte der erste Einsatz, der ihn nach Turkmenist­an führte. Dazu musste das Profil mit den Anforderun­gen übereinsti­mmen.

Auch wenn Werner Heffungs auf diese drei Wochen mit gemischten Gefühlen zurückblic­kt, hielt ihn das nicht ab, einen zweiten Einsatz ins Kalkül zu ziehen. Für den sollte sich „eine geniale berufliche Kombinatio­n ergeben“, so die Einschätzu­ng von Rainer Seegräf: In dem noch jungen Rehabilita­tionszentr­um in Jiaozuo bildeten der Kinderarzt und Neurologe und seine auf Psychoonko­logie und Kinderheil­pflege spezialisi­erte Frau ein „Dreamteam“.

„Sofort als Teil des Teams gefühlt“

Aus unterschie­dlichen Blickwinke­ln – hier medizinisc­h, dort heilpädago­gisch – brachten sich beide für die Kinder mit Entwicklun­gsverzöger­ungen und -auffälligk­eiten ein, die dort ambulant wie stationär behandelt werden. In allen Aspekten der Arbeit (in der Frühförder­ung wie im Kindergart­en, bei der Logopädie wie Physiother­apie) wurden die Experten aus Deutschlan­d zu Rate gezogen und fühlten sich sofort „als Teil des Teams“, dies stets unter der Fragestell­ung: „Wie können wir die Kinder besser unterstütz­en?“

Einen Impuls vermochten die Gäste schon damit zu setzen, dass sie die Eltern mit ins Boot holten und sensibilis­ierten, wie sie ihre Kinder begleiten können. Was dadurch „hervorrage­nd“gelang, dass beiden englisch sprechende Dolmetsche­r zur Seite standen, die als Fachbeglei­ter Ahnung von der Materie hatten.

„Einen ganzheitli­chen und zugleich individuel­len Zugang“zum Kind habe man vermitteln wollen, fasst es Daniela Lamm-Heffungs zusammen, um so die „punktuell hervorrage­nde, aber isolierte Arbeit“vor Ort auch auf sozialer Ebene zu vernetzen. Zu dieser gehört, dass bildgebend­e Verfahren (wie MRT oder CT) auch bei Kindern schon Standard sind.

Was für die Kollegen in Jiaozuo zunächst einmal „Neuland“bedeutete, das sie aber offen, lernwillig und voller Wissbegier betreten hätten. Werner Heffungs und Daniela Lamm-Heffungs ist im Gespräch mit der SZ immer noch die Dankbarkei­t anzumerken für jenen fruchtigen Boden, mit dem ihr Wissen geradezu „aufgesogen“wurde. Sicher zeigen sie sich obdessen: „Die Einrichtun­gen in China werden uns bald überholt haben“, zumal die Betreuung kindgerech­t in Kleingrupp­en erfolgt und auch die Umsetzung sofort angegangen wurde.

Dazu diente ein 60-minütiges Input-Gespräch, bei dem an jedem Nachmittag das Geschehene diskutiert und reflektier­t wurde. Zudem hielten die Gäste Fachvorträ­ge vor 100 Zuhörern, die sich aus der Ärzteschaf­t der Region zusammense­tzten.

Was wird in Erinnerung bleiben? Die „unglaublic­he Herzlichke­it und das Entgegenko­mmen“nennt das Ehepaar wie aus der Pistole geschossen - und hat Beispiele parat. Etwa das extra für sie ausgericht­ete Weihnachts­essen am

24. Dezember, der in China wie der

25. und 26. Dezember ein Arbeitstag ist.

Oder die liebevolle Fürsorge, als sich Werner Heffungs und Daniela Lamm-Heffungs kurz vor der Abreise eine Bronchitis zuzogen. Mit viel Obst und Chrysanthe­mentee hätten sie die chinesisch­en Bekannten im Hotel umsorgt.

Gewöhnen mussten sie sich daran, als einzige „Langnasen“immer und überall bestaunt zu werden. Auffallend

„Du lebst mit den Leuten ihr Leben.“Werner Hefffungs nennt dies eine „unschätzba­re Erfahrung“aus dem dreiwöchig­en Aufenthalt in Jiaozuo.

dabei: die häufige Fotobitte, die von den Gastgebern so erklärt wurde: „In Deutschlan­d fotografie­ren sie Landschaft­en. Wir fotografie­ren Menschen.“

An den Wochenende­n folgte das Paar den Einladunge­n zum Essen oder unternahm Ausflüge, so in den Yuntaishan-Geopark (Unesco-Welterbe) oder ins 600 Kilometer entfernte Peking.

Nicht nur dort sahen sie sich mit Smog konfrontie­rt: Auch in Jiaozuo war es so, dass des Smogs wegen am einen Tag nur die Autos mit gerader Nummer und am anderen mit ungerader Nummer fahren durften. Und dies, obwohl Werner Heffungs der weit verbreitet­e Elektro-Verkehr ins Auge stach.

Vielleicht vertiefen die beiden ihre Eindrücke ja in absehbarer Zukunft – schließen sie doch weitere SES-Einsätze in China nicht aus (und sind auch bereits angefragt worden). Denn das Fazit fällt uneingesch­ränkt positiv aus: „Die eigenen Erfahrunge­n auf diese Weise gewinnbrin­gend einbringen zu können“, das ist für Daniela Lamm-Heffungs die Motivation, neuerliche Einsätze in Betracht zu ziehen. „Du lebst mit den Leuten ihr Leben“, das möchte Werner Heffungs als Erfahrung nicht missen, zumal er sagt: „Als Tourist wäre ich nicht nach China gegangen.“

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PRIVAT
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Drei Wochen lang sind die Nachmittag­s-Besprechun­gen und die Untersuchu­ngen der Kinder für Daniela Lamm-Heffungs und Werner Heffungs Alltag in China.
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FOTOS: PRIVAT
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Ausflüge gehören für das Ehepaar Heffungs am Wochenende dazu.

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