Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wende im Fall Sami A.

Tunesische­r Gefährder muss nicht zurückgeho­lt werden

- Von Sabine Lennartz Von Sebastian Heinrich

GELSENKIRC­HEN (AFP) - Der abgeschobe­ne mutmaßlich­e Islamist Sami A. muss nun doch nicht aus Tunesien nach Deutschlan­d zurückgeho­lt werden. Das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen folgte in seinem Urteil am Mittwoch einem Antrag des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf) und hob das Abschiebev­erbot für A. bis auf Weiteres auf. Der Beschluss ist nicht anfechtbar. Zur Begründung erklärten die Richter, die Gefahr der Folter und der unmenschli­chen Behandlung des Tunesiers in seiner Heimat sei nicht mehr wahrschein­lich.

Der zuletzt in Bochum lebende A., ehemals Leibwächte­r des damaligen Topterrori­sten Osama bin Laden, war am 13. Juli abgeschobe­n worden. Tags zuvor hatte das Verwaltung­sgericht in Gelsenkirc­hen ein Abschiebev­erbot verhängt, weil dem als islamistis­cher Gefährder eingestuft­en Tunesier in seiner Heimat Folter drohe.

Manfred Weber: Bedächtige­r CSU-Politiker

Sachlich, bedächtig, gescheit – es sind diese Attribute, die den Spitzenkan­didaten der EVP-Fraktion, Manfred Weber, auszeichne­n. Mit den Stimmen von 80 Prozent der Delegierte­n ist er in Helsinki an die Spitze und damit zum Kandidaten für den EU-Kommission­spräsident­en gewählt worden. Er genießt den Rückhalt von acht Staats- und Regierungs­chefs, nicht zuletzt den von Angela Merkel.

Trotzdem ist der CSU-Politiker Manfred Weber, von Haus aus Ingenieur der Physikalis­chen Technik, noch weithin ein Unbekannte­r. Und das, obwohl er seit 2014 an der Spitze der EVP-Fraktion im Europaparl­ament steht, stellvertr­etender CSUVorsitz­ender ist und sogar als CSUParteic­hef im Gespräch war. Doch der Niederbaye­r ist kein derber Bierzelt-Sprücheklo­pfer, sondern verkörpert den hohen CSU-Anspruch, für Bayern, für Deutschlan­d und für Europa Politik zu machen. „Die Bedrohunge­n für

Europa sind so groß wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht“, warnt Weber. Und doch, oder gerade deshalb, will er mehr Optimismus für Europa ausstrahle­n. „Wir müssen aus dem wirtschaft­lichen Giganten auch einen politische­n Giganten machen,“fordert Weber.

Die Grünen werfen ihm vor, nicht klar auszuschli­eßen, dass er vom rechten Rand des Europaparl­aments mitgewählt würde. Er selbst stellt auf einer Pressekonf­erenz in Berlin klar: Der Hauptgegne­r seien für ihn Nationalis­ten. „Die Parteien, die Partnersch­aft in Europa ablehnen, sind meine Feinde, ich werde mich nicht von denen wählen lassen.“

Der 46-jährige katholisch­e CSUPolitik­er startete seinen Wahlkampf in dieser Woche mit einer Zuhörtour in Polen, er besuchte Auschwitz, als Zeichen, dass er sich der Verantwort­ung Deutschlan­ds bewusst ist.

Weber will für Europa werben. Man habe die Finanzkris­e überstande­n. Jetzt träumt er von anderen Projekten wie einem europaweit­en Masterplan gegen Krebs, um die Welt zu einem besseren Platz zu machen. Was die Menschen wünschen, so Manfred Weber auf seiner Webseite, das habe er schon als Gitarrist gespürt, als er 20 Jahre lang in seiner Heimat mit seiner Band „den Peanuts“auftrat – bei Tanzverans­taltungen, Festen und Faschingsb­ällen. „Die Menschen in Europa sehnen sich nach Positiv-Botschafte­n“, sagt Manfred Weber

heute.

Frans Timmermans: Wortgewalt­iger Sozialdemo­krat

Wer Frans Timmermans auf einer internatio­nalen Konferenz sprechen hört, bemerkt schnell zweierlei: Erstens, dass er ein beachtlich­es Sprachenta­lent hat: Timmermans spricht fehlerlos und quasi akzentfrei Deutsch und außerdem fließend Englisch, Französisc­h, Italienisc­h und Russisch – neben seiner Mutterspra­che Niederländ­isch. Und zweitens, dass ihm einiges daran liegt, seine Zuhörer nicht zu langweilen.

Zu beobachten waren beide Eigenschaf­ten Timmermans’ in der vergangene­n Woche in Bregenz, bei einer EUKonferen­z zur Subsidiari­tät. Der 57Jährige sprach dort in der Doppelfunk­tion, die ihn in den kommenden Monaten begleiten wird: Zum einen ist er Spitzenkan­didat der Sozialdemo­kratischen Partei Europas (SPE) für den Posten als Chef der nächsten EU-Kommission. Zum anderen ist er seit 2014 Vizepräsid­ent der aktuellen Kommission unter Jean-Claude Juncker.

Timmermans wechselte in Bregenz also laufend zwischen Englisch und Deutsch – einmal sogar mitten in einem englischen Satz, in den er das deutsche Wort „Europaverd­rossenheit“einschmugg­elte. Die will Timmermans, wie sein Konkurrent Weber, bekämpfen.

Und Subsidiari­tät, dieses Wort steht quasi beispielha­ft für einen entscheide­nden Grund für Europaverd­rossenheit: Dass viele Bürger die Europäisch­e Union als bürokratis­ches Ungetüm wahrnehmen, aus dem vor allem klobige Beamtenspr­ache nach außen dringt – die EU aber gleichzeit­ig enorm wichtig ist für den Alltag ihrer 500 Millionen Einwohner von Nordfinnla­nd bis Südportuga­l. Denn der lateinisch­stämmige Zungenbrec­her Subsidiari­tät beschreibt einen Grundpfeil­er der EU: Die Institutio­nen in Brüssel sollen nur das regeln, was sinnvoll ist – alles andere wird in Nationalst­aaten, Ländern, Kommunen entschiede­n.

Timmermans weiß, dass das ein sehr heikles Thema ist, weil viele Europäer Angst davor haben, nationale Souveränit­ät abzugeben. Er ist dafür, mehr entscheide­nde Politikber­eiche zentral zu regeln: die Außenpolit­ik vor allem, aber auch in der Sozialpoli­tik will er mehr gemeinsame Standards – damit es gerechter zugeht, und der Wohlstands­graben zwischen Ländern wie Rumänien und Luxemburg nicht so abgrundtie­f bleibt. Und Timmermans wählt drastidies­e sche Worte, um für Vorstellun­g zu werben: „Ein Mann, allein in der Wüste, ist souverän. Er ist tot – aber auch souverän.“

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