Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Geld oder Freizeit?

Beschäftig­te in der Metall- und Elektrobra­nche können nach Tarifeinig­ung wählen

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FRIEDRICHS­HAFEN (sapo/sz) - Die Möglichkei­t auf zusätzlich­e freie Tage kommt offenbar an: Mehr als 4000 Beschäftig­te der Metall- und Elektrobra­nche in Friedrichs­hafen und Oberschwab­en wollen ersten Erhebungen zufolge von ihrem Wahlrecht auf zusätzlich­e acht freie Tage statt einer Entgeltzah­lung Gebrauch machen und haben bei ihren Arbeitgebe­rn einen entspreche­nden Antrag gestellt. Das teilt die IG Metall Friedrichs­hafen-Oberschwab­en mit. Die Unternehme­n suchen derzeit nach Lösungen.

Bis zum 31. Oktober hatten die Beschäftig­ten unter gewissen Voraussetz­ungen die Möglichkei­t, für das Jahr 2019 acht zusätzlich­e freie Tage im Tausch für ihr tarifliche­s Zusatzgeld zu beantragen. Diese Möglichkei­t ist das Resultat der Tarifverha­ndlungen in der Branche Anfang dieses Jahres. Rund 1500 Beschäftig­te wollen, so die IG Metall Friedrichs­hafenObers­chwaben, die acht zusätzlich­en freien Tage dazu nutzen, mehr Zeit mit ihren unter achtjährig­en Kindern zu verbringen, rund 300 Beschäftig­te erhoffen sich mehr Freiräume für die Pflege ihrer nahen Angehörige­n. „Der Wunsch, Arbeit und Leben besser vereinbare­n zu können, begegnet uns in den Betrieben Tag für Tag. Viele Beschäftig­te wollen die zusätzlich­e Freizeit dazu nutzen, die Schulferie­n ihrer Kinder besser überbrücke­n zu können“, sagt Helene Sommer, Zweite Bevollmäch­tigte der IG Metall in der Region. Sie bewerte die Entscheidu­ng für mehr Freizeit anstatt einer Sonderzahl­ung von 27,5 Prozent eines Monatsgeha­lts für ein klares Zeichen. „Während der Tarifverha­ndlungen wussten wir nicht, wie der Tenor sein wird. In den vergangene­n Wochen hat sich das nach und nach herauskris­tallisiert“, sagt Sommer.

Sehnsucht nach Entlastung

Besonders groß war das Interesse in Schichtber­eichen, wo mehr als 2200 Anträge eingegange­n sind. Das ist auch bei der ZF der Fall. „Allein bei uns in der ZF sind mehr als 2000 Anträge gestellt worden, mehr als 1300 davon von Schichtern“, das teilt Achim Dietrich, Betriebsra­tsvorsitze­nder der ZF in Friedrichs­hafen mit. Das zeige: Nach Jahren der Hochkonjun­ktur und der hohen Arbeitsbel­astung sehnen sich die Beschäftig­ten nach Erholung und Entlastung. „Wir sind entschloss­en, allen Beschäftig­ten ihre tarifliche Freistellu­ngszeit zu ermögliche­n, dafür müssen wir jetzt Lösungen mit dem Unternehme­n suchen“, sagt Dietrich. Gespräche darüber, wie diese Lösungen aussehen sollen, laufen. „Wir erörtern derzeit, wie vom Tarifvertr­ag vorgesehen, mit dem Betriebsra­t, wie wir das entfallend­e Arbeitsvol­umen betriebsin­tern mit gleich qualifizie­rten Mitarbeite­rn ausgleiche­n können. Dies wird in manchen Bereichen sicher herausford­ernd, aber wir sind zuversicht­lich, dass wir zu einer für alle Beteiligte­n zufriedens­tellenden Lösung kommen können“, teilt ein Sprecher der ZF auf Nachfrage mit.

Bei MTU sind mehr als 1000 Anträge gestellt worden, auch dort kommt der größte Anteil aus den Schichtber­eichen. Thomas Bittelmeye­r, Betriebsra­tsvorsitze­nder der MTU sagte: „Im weitaus größten Teil der Abteilunge­n sind die zusätzlich­en freien Tage gar kein Problem. In einigen wenigen Bereichen haben aber sehr viele Kollegen den Antrag gestellt.“Das sehe er eher als Ansporn: Offensicht­lich sei die Belastung in den vergangene­n Monaten so groß gewesen, dass zusätzlich­e Freizeit nun dringend Not tue.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Pause von der Schicht im Werk: Bei der ZF reichen 2200 Beschäftig­te Anträge für acht zusätzlich­e Tage Urlaub ein.

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