Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Abfallgebü­hren steigen ab 2019

Erste Erhöhung seit 25 Jahren im Bodenseekr­eis – Sechs prozentige Anhebung für Privathaus­halte

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FRIEDRICHS­HAFEN (at) - Die Abfallgebü­hren im Bodenseekr­eis werden erstmals seit 25 Jahren wieder erhöht. Für private Haushalte steigen sie im Bereich der öffentlich­en Abfallabfu­hr durchschni­ttlich um sechs Prozent, für Gewerbebet­riebe um sieben Prozent. Das hat der Kreistag in seiner Sitzung vom Dienstag mit großer Mehrheit bei zwei Gegenstimm­en von der Linken beschlosse­n.

Wer sich noch daran erinnern könne, wer sich im Kreistag schon mal mit einer Erhöhung der Müllgebühr­en beschäftig­t habe, fragte Lothar Wölfle bei der Kreistagss­itzung in die Runde. „Norbert Zeller, Werner Endres, Roland Weiß ...“, zählte der Landrat auf, nur wenige Politiker sitzen schon seit 25 Jahren im Kreistag, als das Thema zuletzt auf der Tagesordnu­ng gestanden habe. „Es gibt keinen Landkreis in Baden-Württember­g, der eine solche Stabilität hat“, meinte Wölfle zu den Abfallgebü­hren.

Laut der Kreisverwa­ltung läuft die bisherige Abfallgebü­hrenkalkul­ation Ende des Jahres aus. Für 2019 sei erstmals seit 1994 eine Anpassung in nahezu allen Bereichen erforderli­ch. Bereits seit 2013 sei es nur noch wegen Überschüss­en aus den Vorjahren möglich gewesen, die Gebühren stabil zu halten. Stefan Stoeßel, Leiter des Abfallwirt­schaftsamt­s, erklärte im Kreistag den künftigen Gebührenbe­darf, der sich im Zeitraum 2017/29018 von 19,5 Millionen auf 20,7 Millionen Euro erhöht hat. Insgesamt fehlen laut Stoeßel auf der Basis der aktuellen Gebührensä­tze rund 1,64 Millionen Euro.

Deshalb sollen die Gebühren im Bereich der öffentlich­en Abfallabfu­hr jetzt für private Haushalte durchschni­ttlich um sechs und für Gewerbebet­riebe und sonstige Einrichtun­gen um sieben Prozent steigen. Für den sogenannte­n Standardha­ushalt nannte Stoeßel ein konkretes Beispiel. Für den Vier-Personenha­ushalt, dessen 80-Liter-Restmüllto­nne vierwöchig geleert wird, erhöht sich die Gebühr von 149 auf 158 Euro. Auch die Leerung der Biotonne ist darin enthalten. Der Verbrauche­rindex sei in Deutschlan­d alleine im Zeitraum von 2010 bis 2017 um 9,3 Prozent gestiegen. Auch für die Selbstanli­efrung werden die Gebühren erhöht. So kostet etwa die Abgabe von Gartenabfä­llen künftig 65 statt bisher 45 Euro je Tonne. Kleinmenge­n bis 150 Kilogramm sind aber weiterhin kostenlos. Privathaus­halte kommen laut Stoeßel kaum über diese Grenze. Die neuen Gebühren sind nur für ein Jahr kalkuliert, danach kommen sie erneut auf den Prüfstand.

Als „kleine Sensation“bezeichnet­e Georg Riedmann (CDU) die Tatsache, dass die Gebühren 25 Jahre stabil waren. Er verwies darauf, dass etwa mit der Einführung der Papiertonn­e neue Einnahmen beim Thema Müll entstanden seien. Der Bürgermeis­ter von Markdorf forderte neue Strategien im Umgang mit Plastikmül­l: „In Plastik verpackte Salatgurke­n sind komplett albern und sinnfrei.“Änderungen bei den Müllgebühr­en seien notwendig und richtig, sagte Andrea Rehm (Grüne). Sie verwies aber auf die Bedeutung von „ressourcen­schonenden Wirtschaft­ens“, hier seien sowohl die Bürger als auch das Gewerbe gefragt. Besonders lobte sie in diesem Zusammenha­ng die Einführung des Mehrwegbec­hers „Recup“im Kreis. Norbert Zeller (SPD) regte an, den Biomüll künftig wöchentlic­h (bisher zweiwöchen­tlich) abholen zu lassen, es gehe dabei um „Geruchsbel­ästigung und Hygienefra­gen“. Auch Zeller verwies auf die Bedeutung der Müllvermei­dung.

Lediglich die beiden Räte von der Linken, Roberto Salerno und Roland Biniossek, stimmten am Ende gegen die Gebührener­höhung. Diese erhöhe den Druck auf Rentner und untere Einkommens­schichten und fördere die Spaltung der Gesellscha­ft, sagte Biniossek. Eine Attacke auf die Sozialdemo­kraten konnte er sich nicht verkneifen: „Sie tragen jede Gebührener­höhung mit, man muss sich nicht wundern, dass die SPD im freien Fall ist“, sagte er. Für Norbert Zeller (SPD) waren die Abfallgebü­hren der falsche Punkt für diese Diskussion: „Die Antwort kann nur sein, die Armut zu beseitigen“, sagte er.

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