Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Holen Sie sich Ihr Leben wieder zurück“
Bei „Medizin am Gleis“sprechen Christiane Schwieckert und Mona Schmidt über „Leben mit Krebs“
MECKENBEUREN (sz) - Etwa 50 Betroffene, Angehörige und Interessierte waren am Mittwoch bei „Medizin am Gleis“, der Vortragsreihe des Medizin-Campus Bodensee, zum Thema „Leben mit Krebs“. Dr. Christiane Schwickert, Anästhesistin und auf Schmerzbehandlung spezialisiert, und Dr. Mona Schmidt, Internistin und Onkologin, hatten Tipps und Ratschläge dabei, heißt es in einem Schreiben des MCB.
Rund 500 000 Menschen werden in Deutschland jährlich mit der Erstdiagnose „Krebs“konfrontiert. „Das Leben gerät aus den Fugen, es gibt viele Fragen und Verunsicherungen“, sagte Mona Schmidt, die tagtäglich mit onkologischen Patienten im Kontakt ist. In den Blick nahm sie die Themen Ernährung, Bewegung, und Fatigue (starke Müdigkeit und quälende Erschöpfung).
Sie empfahl, so lange wie möglich ganz normale Lebensmittel zu sich zu nehmen, um den Körper mit allen wichtigen Nährstoffen und genügend Energie für den Kampf gegen die Krankheit zu versorgen. Aktuell gebe es keinen wissenschaftlichen Beleg für die Wirkung einer speziellen Krebsdiät und Ernährungsgesellschaften raten davon ab, sagte Schmidt. Vielmehr sei es wichtig, die Lebensmittelvielfalt zu genießen, mindestens fünf Mal täglich Gemüse oder Obst zu essen und auf „gute“ Fette zu achten. Mindestens jeder zweite Tumorpatient ist von Mangelernährung betroffen, denn obwohl die Patienten essen möchten, können sie es mangels Appetit nicht, oder weil ihnen schlecht ist oder sie Darmprobleme haben. Hilfreich sei ein abwechslungsreicher Speiseplan, der sich möglichst an der Wunschkost des Patienten ausrichte.
Bewegung weiterhin wichtig
Großen Wert legt Schmidt auf Bewegung. Ideal seien dreimal wöchentlich 60 Minuten und für den, der das nicht schafft, gelte: „Jede Art der Bewegung ist besser als nichts.“Außerdem ermutigte Schmidt dazu, Themen wie Fatigue und psychische Belastung beim Arzt offen anzusprechen. Oft werde erst nach Monaten deutlich, wie sehr die Psyche belastet sei. „Ich möchte Sie dazu ermutigen, sich ihr Leben wieder zurückzuholen“, so die Oberärztin.
„82 Prozent der rund 1,45 Millionen Tumorpatienten leiden unter Schmerzen“, sagte Christiane Schwickert. „Wichtig ist, dass Sie Schmerzen nicht einfach aushalten, denn sie schwächen das Immunsystem. Und das kann ein Krebspatient überhaupt nicht brauchen.“Vielmehr ebne eine effiziente medikamentöse Schmerztherapie den Weg für eine ganzheitliche Betreuung des Patienten. Die Palliativmedizinerin erläuterte den Unterschied zwischen Schmerz, der durch mechanische, thermische oder elektrische Stimulation der Schmerzrezeptoren ausgelöst wird und Nervenschmerzen. „Häufig haben Tumorpatienten einen gemischten Schmerz, wobei sich die Schmerztherapie nach der Schmerzursache richtet.“