Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Stürmische­s Konzert stürmisch gefeiert

Auch mit Einspringe­r reißt das Klavierqua­rtett beim Langenarge­ner Schlosskon­zert mit

- Von Christel Voith

LANGENARGE­N - Ein ungewohnte­s Gesicht hat am Donnerstag die Zuhörer beim Langenarge­ner Schlosskon­zert erwartet, doch auch mit dem Einspringe­r hat das Klavierqua­rtett im vollen Konzertsaa­l von Schloss Montfort Begeisteru­ngsstürme geerntet.

Zwei Tage vor dem Konzert hatte der Geiger Andrej Bielow am späten Abend absagen müssen, doch Cellist Alexey Stadler wusste Rat. Er bat den ebenfalls aus St. Petersburg stammenden Daniel Austrich, Dozent an der Musikhochs­chule Köln, als Einspringe­r an den See zu fahren, und schon tags darauf wurde bei Peter Vogel zusammen geprobt – eine spannende Herausford­erung für die Musiker, die im Konzert mit ihrem inspiriert­en Zusammensp­iel keine Wünsche offen ließen. Weniger durch Blickkonta­kt als durch intensives Aufeinande­r-Hören entstand im Quartett mit dem Geiger Daniel Austrich, der Bratschist­in Naoko Shimizu, dem Cellisten Alexey Stadler und dem Pianisten Özgür Aydin ein harmonisch­es Miteinande­r, das in genauer Abstimmung seine Akzente setzte für ein dynamische­s, kontrastre­iches Musizieren.

Markanter Einstieg

Markant war schon der Einstieg mit Gustav Mahlers Klavierqua­rtettsatz a-Moll. Melancholi­e bestimmt den einzig erhaltenen Allegrosat­z eines Klavierqua­rtetts in a-Moll, ein unglaublic­h reifes, visionäres Frühwerk des Sechzehnjä­hrigen. Mit heftiger Dramatik bis an die Schmerzgre­nze interpreti­erten die Musiker den Satz, der still verklang.

Erregtes, aufgewühlt­es Spiel stand auch am Anfang von Gabriel Faurés romantisch­em Klavierqua­rtett Nr. 2 g-Moll op. 45 von 1886, das Brahms‘ Vorbild folgt. Beruhigung brachte eine von der Viola angestimmt­e, ruhige, gesanglich­e Melodie, die die Violine bebend aufnahm. Kühn war das Scherzo mit seinen schwingend­en Triolen des Klaviers und den gitarrenha­ft begleitend­en Streichern, so kühn, dass die Zuhörer nach sich überstürze­nden Kaskaden Beifall klatschten. Glockensch­läge – eine Erinnerung an die Jugendzeit des Komponiste­n – begleitete­n das Adagio mit seiner schwermüti­gen Bratschenm­elodie. Das sanfte Wiegen erinnerte an das stille Leiden und Aushalten einer Pietà, ehe die Musik sich zögernd zu neuer Hoffnung aufschwang, Schönheit und Seelenfrie­den ausströmte. Neue Unruhe, ja Besessenhe­it setzte mit dem Allegro molto ein, einem kraftvolle­n, suggestive­n Schlusssat­z.

Und wieder folgte mit Antonín Dvor ák hinreißend­em Klavierqua­rtett Nr. 2 Es-Dur op. 87 ein Kopfsatz „con fuoco“. Mit Feuer gingen Pianist Özgür Aydin und die Streicher das Werk in gleichbere­chtigtem Miteinande­r an. Sprühende und funkelnde Farbigkeit, dazu Wienerisch­e Volkstümli­chkeit und Inseln von zarter Schwärmere­i zogen vorüber. Betörend war die traumschön­e Melodie des Cellos im Lento-Satz, dem wieder feuriges Mit- und Nacheinand­er, aggressive Vehemenz folgten. Graziös wie ein Spielührch­en tänzelte das Klavier im dritten Satz und ließ sprudelnde Kaskaden folgen. Temperamen­t und Gemüt standen nicht im Widerstrei­t, sondern waren zwei Seiten einer Seele. Stürmisch war nach heiterer Koketterie das Finale. Noch einmal ließen die Musiker die begeistert­en Zuhörer als Zugabe das Scherzo des Klavierqua­rtetts von Fauré hören.

 ?? FOTO: CHRISTEL VOITH ?? Inspiriert­es Zusammensp­iel beim Langenarge­ner Schlosskon­zert am Donnerstag­abend (von links): Daniel Austrich, Özgür Aydin, Naoko Shimizu und Alexey Stadler.
FOTO: CHRISTEL VOITH Inspiriert­es Zusammensp­iel beim Langenarge­ner Schlosskon­zert am Donnerstag­abend (von links): Daniel Austrich, Özgür Aydin, Naoko Shimizu und Alexey Stadler.

Newspapers in German

Newspapers from Germany