Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Mister Spieleland“geht von Bord
Carlo Horn verlässt Freizeitpark in Liebenau, den er aufgebaut und geleitet hat.
MECKENBEUREN - Am Ende der Jubiläumssaison verabschiedet sich „Mister Spieleland“. Nach 20 Jahren als Geschäftsführer des Freizeitparks in Liebenau und fast drei Jahrzehnten an der Spitze der dahinter stehenden GmbH orientiert sich Carlo Horn neu (siehe Kasten zur Nachfolge). Im Gespräch mit Roland Weiß zieht der 62-Jährige Bilanz.
Herr Horn, als es 1998 mit dem Ravensburger Spieleland in Liebenau los ging – war da die heutige Erfolgsgeschichte bereits abzusehen?
Wie an alle Projekte bin ich auch an dieses offensiv, euphorisch und zuversichtlich herangegangen. Aber es war sicherlich ein Wagnis, schließlich hatten wir vor, eine neue Art von Freizeitpark zu schaffen. „Kommt das an oder wird es ein langweiliger Kindergarten?“– diese Frage schwang mit. Angesichts der Marke Ravensburger und dem neuartigen Konzept war ich aber sehr optimistisch. Ich erinnere mich noch an die Worte der damaligen Geschäftsleitung: „Das versuchen wir mal“, als es darum ging, was sich mit der Marke Ravensburger außer Spielen und Büchern noch machen lässt.
Ab wann war für Sie die Erfolgsspur erreicht?
Auf der Erfolgsspur sehe ich das Spieleland ab den Jahren 2006/07. Der Moment des Payback war sicher früher geplant, doch ab diesem Zeitpunkt waren alle wirtschaftlichen Kennziffern im positiven Bereich. In diesem positiven Fahrwasser haben wir uns bis heute gesteigert. Was wir gemerkt haben: Wir müssen die Gewinne reinvestieren und dabei das richtige Maß finden. Ich denke dabei etwa an die vielen kleinen kreativen Investitionen, wie das Trickfilmstudio oder den Bosch Car Service Räderwechsel.
Worin liegt das Erfolgsgeheimnis, was zeichnet das Spieleland aus?
Das Ravensburger Spieleland steht für eine Vielzahl an interaktiven Angeboten für die ganze Familie. Das war damals auch die Neuerung gegenüber den klassischen Freizeitparks, in denen sich die Familien für bestimmte Angebote aufteilen müssen: Bei uns sollte die ganze Familie gemeinsam etwas machen können, deshalb war auch die Altersangabe „für Kinder von zwei bis zwölf Jahren“wichtig. Immer im Auge hatten wir dabei das oberste Gebot bei Ravensburger: „Kinder sollen spielerisch lernen.“Ich denke dabei ans Memory oder an die Verkehrsschule. Deshalb brauchen wir auch die Achterbahn nicht.
Inwiefern hat sich in diesen zwei Jahrzehnten das Nutzerverhalten in der Branche gewandelt, worauf gilt es heute anders Wert zu legen als früher?
Zu beobachten ist ein Trend zum „Rundum-Sorglos-Paket“. Das Gesamtpaket kommt immer mehr: Das Auto abstellen und dann soll für zwei, drei Tage bei dem ausgedehnten Kurzurlaub in einer Freizeiteinrichtung alles organisiert sein.
Darauf hat sich das Spieleland eingestellt...
Ja, wir haben auf diesen Trend rechtzeitig reagiert. Wir verfügen inzwischen über 400 Betten. Wir haben dies ausgebaut und werden sicherlich weiterhin hier investieren. Nach 92 Prozent Auslastung im Jahr 2017 waren es – bei erweiterter Bettenzahl – zirka 90 Prozent in diesem Jahr.
Welche Projekte erfüllen Sie mit Stolz?
Das sind gar nicht die großen, die teuren Sachen. Ich war immer stolz darauf, was wir mit unseren Partnern zusammen geschafft haben. Einer meiner Favoriten ist die Verkehrsschule – einfach toll, wie viele Kinder hier die ersten Schritte in Richtung Verkehrssicherheit machen.
Oder die Schokowerkstatt. Hier habe ich die neun Container, die heute bei uns stehen, zum 100-Jährigen von Ritter Sport in Oberhausen das erste Mal gesehen. Und ich habe mich und Ritter Sport gefragt: Was macht ihr damit nach der Jubiläumstour durch Deutschland?
Bei uns ist das ein geniales Element: eine eigene Schokolade machen, Infos dazu in einem Workshop und dann auch noch eine individuelle Verpackung basteln. Das sehe ich als unsere Mission, als unseren Auftrag.
Gibt es – umgekehrt – nicht realisierte Vorhaben, denen Sie nachtrauern?
Ja, das gibt es. Ich war zwei Jahre an lang einem Projekt in Kärnten (Österreich) beteiligt. Dort gab es die Idee, ein zweites Spieleland zu erbauen. Mit Übernachtungsmöglichkeiten, mit einem Wasserspielbereich. Wir haben da viel Herzblut eingebracht und waren schon in der Planungsphase – dann hat sich der Investor von dem Projekt zurückgezogen.
Als Geschäftsführer der Ravensburger Freizeit und Promotion GmbH waren Sie weit mehr als „Mister Spieleland“. Empfanden Sie diese Bandbreite mit Museum, Kinderwelt und Outlet Standorten als Bereicherung oder Belastung?
Immer als Bereicherung. Wobei ich sagen muss: Vieles entstand aus dem Spieleland heraus – und hat ins Spieleland zurückgewirkt. Wir wussten aus dem Spieleland bereits, wie die Menschen auf bestimmte Ideen reagieren. Das hilft, um manchen Fehler nicht noch einmal zu machen.
Sie scheiden auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen aus. Was macht Carlo Horn in seiner „NachSpieleland-Zeit“?
Das lasse ich alles auf mich zukommen, das muss passen vom Zeitgefüge und vielem anderen her. Im Frühjahr werde ich entspannen und eine größere Reise nach Amerika machen. Bis zur offiziellen Rente sind es dann noch anderthalb Jahre, da kann ich mir verschiedene Formen der Beratung vorstellen, oder auch vieles andere. Aber auch da bin ich zuversichtlich, dass sich etwas Gutes ergeben wird.
Abschließend mögen Sie vielleicht verraten: Wenn Sie sich nachts ins Spieleland schleichen – wo wären Sie zu finden?
Ich habe mich immer an der Plaza wohlgefühlt. Dort am Wasser, wo sich den Menschen beim Verweilen zuschauen lässt. Den Kindern, wie sie die Karpfen streicheln – eine Attraktion, die ganz von alleine kam.