Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Knappe Entscheidung zur LEA Ellwangen erwartet
Gemeinderat entscheidet über Weiterbetrieb nach 2020 – CDU als größte Fraktion gespalten
ELLWANGEN - Die Abstimmung um den Weiterbetrieb der Landeserstaufnahmestelle (LEA) im Gemeinderat von Ellwangen könnte knapp ausfallen. Drei der vier Fraktionen im Gemeinderat der Stadt im Ostalbkreis haben sich klar positioniert. Nicht so geschlossen präsentiert sich die CDU, die größte Fraktion im Gremium. Es geht um die Frage, ob das Land auf dem Gelände der ehemaligen Reinhardt-Kaserne auch über 2020 hinaus die zentrale Erstaufnahmestelle des Landes für den Regierungsbezirk Stuttgart betreiben darf. Stimmt der Gemeinderat mit Nein, muss die Einrichtung im übernächsten Jahr geschlossen werden.
Ob das Pendel eher in die Prooder in die Contra-Richtung ausschlägt, dazu möchte Rolf Merz, der Vorsitzende der CDU-Fraktion, keine Prognose abgeben. Seine Partei stellt mit 16 von 34 Sitzen die größte Gruppierung im Rat. In der Fraktion gebe es große Meinungsunterschiede: „Von Zustimmung bis Ablehnung“sei alles vertreten, fasst Merz den Stand bei der jüngsten Fraktionsberatung zusammen. Einen Fraktionszwang wird es bei der Abstimmung nicht geben: „Jeder darf entscheiden, wie er möchte“, sagt Merz.
Noch im Januar tendierte die CDU zu einem Nein. Inzwischen liegt der Vertragsentwurf zwischen dem Land Baden-Württemberg, dem Ostalbkreis und der Stadt Ellwangen über den Weiterbetrieb der LEA auf dem ehemaligen Kasernengelände vor. Wenn er verabschiedet wird, soll er von 2020 bis zum Jahresende 2024 gelten, die Zahl der Bewohner im Regelfall auf 700 begrenzt sein.
Klar für den Weiterbetrieb der LEA hat sich die kleinste Fraktion, die SPD, ausgesprochen. Für das weitere Bestehen der LEA spricht aus Sicht von Fraktionschef Herbert Hieber vor allem der humanitäre Aspekt. Eine Mehrheit im Gemeinderat für die Einrichtung sieht der SPD-Mann noch nicht. Er hofft, dass die Debatte einige Ratsmitglieder umstimmen kann. Auf eine geheime Abstimmung würde er gerne verzichten, „weil wir Flagge zeigen wollen“, sagt Hieber. Je nach Debattenverlauf könne es aber notwendig sein, zu diesem Mittel zu greifen. Nach Hiebers Ansicht könnten einige Ratsmitglieder bei einer geheimen Abstimmung eher bereit seien, für die LEA zu votieren.
Vielleicht denkt Hieber an das eine oder andere Mitglied der CDU oder der Freien Bürger, die mit neun Sitzen die zweitgrößte Fraktion stellen. Die Freien kündigten bereits im September an, geschlossen gegen die LEA zu stimmen. Ihr Fraktionsvorsitzender Gunter Frick ist unter anderem vom Land enttäuscht, das der Stadt eine Bildungseinrichtung in Aussicht gestellt, dies jedoch nicht eingelöst habe. Aus Sicht von Frick ist die Einrichtung für die Stadt auch nicht förderlich, „weil sich auf dem Konversionsgelände nichts nachhaltig entwickeln wird, solange es die LEA gibt“, erklärte der Fraktionsvorsitzende bereits im Sommer.
„Das Ja zur LEA steht“, sagt dagegen die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Claudia Wagner. Für sie ist die Befristung des LEA-Vertrages bis Ende 2024 ein wichtiges Argument: Der Zeitraum sei überschaubar, auch im Hinblick auf die Nachnutzung des Kasernengeländes. Derzeit habe nämlich niemand eine konkrete Idee, was damit geschehen solle.
LEA-Chef stimmt für Grüne ab
Insgesamt bewertet Wagner die Erfahrungen mit den Flüchtlingen als positiv. Die Konstellation, dass LEALeiter Berthold Weiß auch Fraktionschef der Grünen im Ellwanger Gemeinderat ist, ist für Wagner kein Problem: Das Regierungspräsidium Stuttgart habe entschieden, dass Weiß in diesem Punkt nicht befangen sei. Sie kritisiert, dass dies im Rat immer wieder zum Thema gemacht werde. „Wenn das Regierungspräsidium das geklärt hat, dann darf er auch abstimmen“, sagt Wagner entschieden.
Die Ellwanger LEA hatte im Frühjahr Schlagzeilen gemacht, weil die geplante Abschiebung eines Afrikaners am 30. April von 150 bis 200 Mitbewohnern zunächst verhindert worden war. Erst am 3. Mai konnte der Mann mit einem Großaufgebot der Polizei gefasst und schließlich abgeschoben werden. Der Vorgang hatte eine Diskussion über die Durchsetzungsfähigkeit des Staates bei geplanten Abschiebungen ausgelöst. Die FDP hatte von einem drei Tage andauernden „rechtsfreien Raum“gesprochen, was von Innenminister Thomas Strobl (CDU) kategorisch zurückgewiesen wurde. Inzwischen ist in der Erstaufnahmestelle, in der derzeit 543 Menschen leben, Ruhe eingekehrt.