Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Veitsburg: Die letzten Kandidaten springen ab
Stadt schreibt Nachfolge der Gastronomie neu aus, diesmal überregional und ohne Vorgaben für den Pächter
RAVENSBURG - Nächster Akt im Trauerspiel um das einstige Toprestaurant in der Veitsburg: Die letzten beiden Bewerber sind abgesprungen. Eigentlich sollte der Verwaltungsund Wirtschaftsausschuss des Gemeinderats am Montagabend in nicht öffentlicher Sitzung einen Nachfolger für den Pächter bestimmen, der Ende des Jahres aufhört. Jetzt ist wieder ungewiss, wie es mit der Gastronomie weitergeht. Die Pacht wird nach Worten von Baubürgermeister Dirk Bastin neu ausgeschrieben: diesmal überregional und ohne enge Vorgaben.
Ursprünglich fünf Interessenten
„Wir hätten sehr gerne am Montagabend über die Vergabe beschlossen. Aber beide Kandidaten haben ihre Bewerbung zurückgezogen“, sagte Bastin auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Ursprünglich hatte es fünf Interessenten gegeben, die alle aus der näheren Region kamen, aber nach der „hohen Erwartungshaltung“aus der Politik nach und nach abgesprungen seien. Bastin verteidigt auch, die Ausschreibung nur regional inseriert zu haben: „Da es schwer ist, in einer Region mit Vollbeschäftigung neue Köche oder neue Servicekräfte in der Gastronomie zu finden, haben wir gedacht, ein bestehender Betrieb könnte am besten in die Veitsburg umziehen.“Jetzt will die Stadt die Pacht aber zusätzlich auch überregional in einem Fachmagazin des Deutschen Hotelund Gaststättenverbandes (Dehoga) ausschreiben und auf entsprechenden Internetportalen. Das soll sofort passieren, die Vergabe könnte dann Anfang März, möglicherweise schon im Februar geschehen, wenn der jetzige Pächter ausgezogen ist. Der Nachfolger könnte dann idealerweise zu Beginn der Ausflugssaison im Mai übernehmen.
Das Wahrzeichen von Ravensburg, das einst für seine herausragende Gastronomie bekannt war – dazu mit traumhafter Aussicht – wird aber zunächst ab 1. Januar leer stehen. Der jetzige Pächter wirft nach achteinhalb Jahren bekanntlich das Handtuch. Auch, weil er sich von der Stadt und dem Gemeinderat gegängelt fühlte, weil sie ihm ständig hätten vorschreiben wollen, wie er seine Öffnungszeiten gestalten sollte. Dass er in schwach besuchten Wintermonaten ganz zumachte, nahm man ihm dabei besonders krumm. Andererseits meinten Besucher auch, die Küche und der Service hätten längst nicht mehr das Niveau vergangener Tage gehabt. Beim Bewertungsportal Tripadvisor bekommt das Restaurant von 52 Kritikern im Schnitt dreieinhalb von fünf möglichen Sternen – Mittelmaß also.
Laut Bastin will die Stadt in der neuen Ausschreibung dem Pächter gar nichts vorschreiben – nicht einmal die Höhe der Pacht. Wie viele Ruhetage die Woche, ob ein Mittagstisch angeboten werden soll, welches gastronomische Konzept verfolgt wird – das alles können die potenziellen Bewerber der Stadt nun selbst vorschlagen, inklusive einem Angebot über die Höhe der Pacht. „Natürlich müssen die Öffnungszeiten verlässlich sein, aber hauptsächlich muss uns das Konzept überzeugen“, sagt Bastin.
„Gastronomen wollen eine gute Küche anbieten und Geld verdienen. Sie wollen kein politisches Restaurant führen“, kritisiert Bastin die hohe Erwartungshaltung, die manch ein Gemeinderat – auch öffentlich – in die Veitsburg-Gastronomie gesetzt habe. Und schließt mit einem Satz, der schon fast als Einleitung für die Ausschreibung dienen könnte: „Die Veitsburg ist ein architektonisches, städtebauliches und landschaftliches Juwel, das nur noch ein bisschen poliert werden muss, damit es wieder glänzt.“