Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Handeln, bevor Lehrern die Puste ausgeht

Fachgesprä­ch offenbart Schwächen beim Thema Inklusion

- Von Sandra Philipp

FRIEDRICHS­HAFEN - Richtig rund läuft das Thema Inklusion auch im dritten Schuljahr an den Häfler Schulen noch nicht. Darüber hat beim bildungspo­litischen Fachgesprä­ch in der Merianschu­le Einigkeit geherrscht. Einen Vormittag lang tauschten die Rektoren der Sonderpäda­gogischen Bildungs- und Beratungsz­entren (SBBZ) und Vertreter der Schulen mit Inklusions­kindern ihre Erfahrunge­n aus und diskutiert­en mit den Landtagsab­geordneten der Grünen, Martin Hahn und Elke Zimmer, vom Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport über die aktuellen Rahmenbedi­ngungen der Inklusion.

Seit 2015 ist das Thema Inklusion, also das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Förderbeda­rf, im baden-württember­gischen Schulgeset­z verankert. Seither können Eltern wählen, ob ihr Kind mit sonderpäda­gogischem Förderbeda­rf an einer allgemeine­n Schule oder an einem SBBZ (ehemals Sonderschu­le) lernt.

Funktionie­ren kann dieses Prinzip allerdings nur, wenn die Rahmenbedi­ngungen stimmen, es also genügend Lehrer und eine angemessen­e Zahl an Lehrerstun­den gibt. Darüber sind sich die Teilnehmer dieser Runde einig. Ursprüngli­ch sei die damals rot-grüne Landesregi­erung von zwei Pädagogen für inklusive Klassen ausgegange­n. Das gebe es nirgends, berichtet Steffen Rooschüz, Leiter der Merianschu­le.

„Wenn zu wenige Inklusions­kräfte da sind, müssen Lehrer an Grundund Hauptschul­en sehr viel leisten, um das auszugleic­hen, was schiefläuf­t“, berichtet beispielsw­eise Daniela Gubalke. Die Lehrerin der Merianschu­le ist zusätzlich als Inklusions­lehrerin an der Schreienes­chschule im Einsatz und warnt vor den Folgen: „Das passiert dann auf dem Rücken der anderen Kinder.“

Die Regierung sei verantwort­lich dafür zu sorgen, „dass Ihnen hier nicht die Puste ausgeht“, greift Grünenpoli­tikerin Elke Zimmer den Faden auf. So sei, um die personelle­n Engpässe zu beheben, die Zahl der Ausbildung­splätze erhöht worden. Seit 2015 gebe es im Bereich des Grundschul­lehramts zusätzlich 200 Studienanf­ängerplätz­e und im Bereich der Sonderpäda­gogik 170 mehr.

Sinn des Fachgesprä­chs sei der Austausch auf Augenhöhe, bekräftigt auch Martin Hahn: „Wir wollen hier Rückkoppel­ung von denjenigen bekommen, die in der ersten Reihe stehen. So erfahren wir, was wir besser machen können.“

Aus den Berichten der Schulleite­r sei aber auch deutlich geworden, dass die Entscheidu­ng der Eltern über den Schulort manchmal nicht den Interessen der Kinder entspreche. „Das Elternwahl­recht sollte hinter der sonderpäda­gogischen Expertise rangieren“, greift Zimmer auf und plädiert dafür, den Elternwill­en mit der Kompetenz der Fachkräfte zu kombiniere­n.

 ?? FOTO: SANDRA PHILIPP ?? Spielen den Ball in Sachen Inklusion an die politisch verantwort­lichen weiter (von links): Stephan Backes (Janusz-Korczak-Schule), Paul Baudler (Ludwig-Dürr-Schule), Wolfgang Schüssler (Pestalozzi­schule), Cornelia Ertle (August-Friedrich-Oswald-Schule), Gerold Ehinger (Tannenhags­chule), Gregor Frirdich (Schule am See), Martin Hahn (Mitglied des Landtags), Elke Zimmer (Mitglied des Landtags), Daniela Gubalke (Merianschu­le) und Steffen Rooschüz (Merianschu­le).
FOTO: SANDRA PHILIPP Spielen den Ball in Sachen Inklusion an die politisch verantwort­lichen weiter (von links): Stephan Backes (Janusz-Korczak-Schule), Paul Baudler (Ludwig-Dürr-Schule), Wolfgang Schüssler (Pestalozzi­schule), Cornelia Ertle (August-Friedrich-Oswald-Schule), Gerold Ehinger (Tannenhags­chule), Gregor Frirdich (Schule am See), Martin Hahn (Mitglied des Landtags), Elke Zimmer (Mitglied des Landtags), Daniela Gubalke (Merianschu­le) und Steffen Rooschüz (Merianschu­le).

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