Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Seit gestern gibt es die „Bio-Musterregi­on Bodensee“

Staatssekr­etärin Friedlinde Gurr-Hirsch: Den ökologisch­en Landbau im Land weiter stärken – Nachfrage steigt

- Von Sigfried Großkopf

ÜBERLINGEN - Die Staatssekr­etärin im Ministeriu­m für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz, Friedlinde Gurr-Hirsch, hat gestern in Überlingen die „Bio-Musterregi­on Bodensee“– bestehend aus den Landkreise­n Konstanz und Bodenseekr­eis – auf den Weg gebracht. Im Bodan-Naturkost-Großhandel sagte sie im Beisein der beiden jeweiligen Landräte sowie Landwirten, die steigende Nachfrage nach regional erzeugten Bio-Lebensmitt­eln biete ein großes Potenzial, die ökologisch­e Landwirtsc­haft im Land weiter zu stärken.

Die „Bio-Musterregi­on Bodensee“ist die mittlerwei­le vierte im Land nach Ravensburg, dem Enzkreis und Heidenheim plus. Bis zu acht weitere sollen folgen. „Auch in der ,Bio-Musterregi­on Bodensee’ wollen wir die Wertschöpf­ungspotenz­iale gemeinsam mit den Menschen vor Ort nutzen und den ökologisch­en Landbau in Baden-Württember­g weiter stärken“, sagte die Staatssekr­etärin.

Aktuell werden in der Bodenseere­gion rund 8500 Hektar von 237 landwirtsc­haftlichen Betrieben ökologisch bewirtscha­ftet (Stand 2017). Dies entspricht 12,3 Prozent der Fläche beziehungs­weise 9,9 Prozent der landwirtsc­haftlichen Betriebe. Mit diesen Werten liegt man regional deutlich über dem Landesdurc­hschnitt mit 9,6 Prozent der Fläche und 7,7 Prozent der Betriebe. Und ihre Zahl wächst. Im Stuttgarte­r Ministeriu­m verfolgt man das Ziel, bis 2030 insgesamt 30 Prozent Bio-Betriebe im Land Baden-Württember­g zu haben. Gleichzeit­ig will GurrHirsch bis dahin die Verschwend­ung von Lebensmitt­eln um 50 Prozent zurückgefa­hren haben.

Mit der „Bio-Musterregi­on“sollen der ökologisch­e Landbau in der Region vorangebra­cht und mit den Akteuren vor Ort Strategien und Lösungsweg­e entwickelt werden. Regionalbe­auftragter wird zum 1. Januar Rainer Grimminger, der im Amt für Landwirtsc­haft in Stockach sitzen wird. Ein weiteres Ziel der Musterregi­on ist eine vertiefend­e Zusammenar­beit zwischen ökologisch und konvention­ell wirtschaft­enden Betrieben, ein gemeinsame­s Voneinande­rlernen. Außerdem soll der BioAnteil im wachsenden Außer-HausVerzeh­r erhöht werden. Heute verköstige­n sich bereits 40 Prozent der Menschen außer Haus.

Transparen­z ist wichtig

Bodan-Geschäftsf­ührer Sascha Damaschun schwebt eine enge Vernetzung und Zusammenar­beit aller Beteiligte­n vor, um ein zukunftsfä­higes Wirtschaft­en für die und in der Region zu erreichen. Jetzt sollen die Bausteine zwischen den beiden Raumschaft­en Konstanz und Bodenseekr­eis zusammenge­fügt werden, zeigte er sich angetan von deren Zusammenar­beit. Entscheide­nd für die gesamte Nahrungsmi­ttelkette seien Herkunft, Transparen­z und Qualität der Produkte, lobte er den Beitrag von MdL Martin Hahn. „Allein kann einer nichts reißen, gemeinsam kommen wir weiter“, sagte Damaschun, dessen Unternehme­n den Umweltprei­s Baden-Württember­g für herausrage­nde Leistungen im Umweltschu­tz und vorbildlic­he umweltorie­ntierte Unternehme­nsführung gewonnen hat.

Staatssekr­etärin Gurr-Hirsch sieht die Regionalit­ät im „MegaTrend“und das Zeichen auf den Produkten als einen „wertvollen Kompass“. Die Verbrauche­r wollen wissen, wo die Ware herkommt und wie sie entsteht. „Was wir brauchen sind geeignete Strukturen in der Erzeugung, Verarbeitu­ng und Vermarktun­g“, sagte sie. Sie sei gespannt, mit welchen Ideen die „Bio-Musterregi­on Bodensee“an den Start gehen werde. Landrat Lothar Wölfle lobte die Zusammenar­beit der beiden Landkreise auch bei anderen Themen und dankte dafür, als Musterregi­on ausgewählt worden zu sein. Konstanz und der Bodenseekr­eis seien in dieser gesegneten Landschaft dafür auch prädestini­ert.

MdL Martin Hahn hat das Projekt mit vielen Ideen angeschobe­n und erinnerte daran, dass dessen „Zeugung“vor drei Jahren stattgefun­den habe. Jetzt sei er froh über das Instrument Bio-Musterregi­on. Damit werde man an Märkten enorme Chancen haben, sich aber auch Herausford­erungen stellen müssen. Zu bedenken gab er, dass die Bauern auch das Geld haben sollten, diese Art Landwirtsc­haft betreiben zu können. Der Trend gehe in „außerhäusi­ge Verköstigu­ng“, und diesen Mark habe man noch nicht gut besetzt. Es gehe darum, die Stabilität in der Nachfrage zu halten. Die Bio-Musterregi­on habe den kleinen Geburtsfeh­ler, dass kein operatives Geld und kaum investive Mittel vorhanden seien. Er appelliert­e daran, den jetzigen Schwung mitzunehme­n, um Märkte zu entwickeln, denn Bio habe eine „unheimlich hohe Wachstumsd­ynamik“.

Die zunehmende Außer-HausVerpfl­egung griff auch Bodan-Chef Sascha Damaschun auf. Wie in Frankreich solle man auch vor Ort die Bedürfniss­e der Menschen erfragen. In Frankreich entscheide man sich immer für den höheren Standard. Klar sei, „wir werden immer eine Nische sein“. Die aber müsse bei einem Anteil zwischen 20 und 30 Prozent liegen. Für sein Unternehme­n sei das Chance und Risiko zugleich. Bodan wolle Vermittler von Werten sein.

 ?? FOTO: SIG ?? Mehr Bio aus der Region für die Region ist das Ziel der „Bio-Musterregi­on Bodensee“, für die am Montag im Bodan-Naturkost-Großhandel Überlingen die Auftaktver­anstaltung war. Von links: Regionalle­iter Rainer Grimminger, Landrat Lothar Wölfle, der Konstanzer Landrat Frank Hämmerle, Staatssekr­etärin Friedlinde Gurr-Hirsch, der Überlinger Baubürgerm­eister Matthias Längin und Bodan-Geschäftsf­ührer Sascha Damaschun.
FOTO: SIG Mehr Bio aus der Region für die Region ist das Ziel der „Bio-Musterregi­on Bodensee“, für die am Montag im Bodan-Naturkost-Großhandel Überlingen die Auftaktver­anstaltung war. Von links: Regionalle­iter Rainer Grimminger, Landrat Lothar Wölfle, der Konstanzer Landrat Frank Hämmerle, Staatssekr­etärin Friedlinde Gurr-Hirsch, der Überlinger Baubürgerm­eister Matthias Längin und Bodan-Geschäftsf­ührer Sascha Damaschun.

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