Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Grüne gegen wolfsfreie Zonen

Solaranlag­e sichert Flüchtling­en im Nordirak die Versorgung mit Strom

- Von Ludger Möllers

STUTTGART (tja) - Nach langen Debatten haben die Grünen im Stuttgarte­r Landtag ein Positionsp­apier zum Wolf verabschie­det. Darin lehnen sie die Aufnahme des Tieres ins Jagdrecht ebenso ab wie wolfsfreie Zonen. Beides aber fordert der Koalitions­partner von der CDU. Die Grünen wollen Weidetierh­alter noch stärker finanziell unterstütz­en, um deren Betriebe zu erhalten.

MAM RASHAN/STUTTGART - Wenn es im Flüchtling­scamp Mam Rashan im Norden des Irak Nacht wird, schaltet der Friseur Ismail Ali Nouf in seinem kleinen Salon das Licht ein und frisiert die Kunden weiter: „Ich kann erst seit ein paar Wochen auch nach Einbruch der Dunkelheit, also nach 18 Uhr, weiterarbe­iten. Vorher hatten wir im Camp so gut wie keinen Strom“, sagt Nouf. Eine Solaranlag­e versorgt seit Mitte Oktober die 8800 jesidische­n Flüchtling­e in Mam Rashan, für das die Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“in diesem Jahr zum dritten Mal spenden, mit elektrisch­er Energie. „Die lokalen irakischen Stromverso­rger können eine Kleinstadt wie Mam Rashan nicht ohne Weiteres beliefern“, sagt Campleiter Shero Smo, „dazu reichen ihre Kapazitäte­n nicht aus“. Also waren andere Lösungen gefragt.

Mit dem Land Baden-Württember­g, der landeseige­nen Stiftung Entwicklun­gs-Zusammenar­beit (SEZ) und der gemeinnütz­igen Klimaschut­zorganisat­ion atmosfair in Berlin fanden sich Partner, die eine Solaranlag­e vorschluge­n, sie gemeinsam mit kurdischen Unternehme­n planten und bauten. „In das Projekt flossen 400 000 Euro Fördermitt­el des Landes Baden-Württember­g sowie etwa 200 000 Euro der Privatwirt­schaft in Form von Spenden, also verbilligt­en Sachmittel­n und kostenlos zur Verfügung gestellter Arbeitskra­ft“, sagt SEZ-Vorstand Philipp Keil.

Derzeit versorgt die Anlage reihum jeweils 20 Prozent der Camp-Bewohner mit Strom: „Die Stromgener­ierung mittels Solartechn­ik soll dabei die Basis einer klimafreun­dlichen und sicheren Versorgung sein. Aufgrund des hohen Potenzials für Sonnenstro­m im Irak bietet die Photovolta­ik-Anlage eine ökologisch­e Option zur emissionsf­reien Stromerzeu­gung“, beschreibt atmosfair-Projektlei­terin Nele Erdmann das Ziel.

Seit Oktober ist die Anlage in Betrieb. Erdmann berichtet: „Der Einsatz dieser für die Region neuen komplexen Technik war mit einigen Anlaufschw­ierigkeite­n verbunden aus denen wir alle viel gelernt haben.“

Inzwischen läuft die Anlage regelmäßig und das Betriebste­am, bestehend aus lokalen und deutschen Ingenieure­n und Elektriker­n, arbeitet sehr gut zusammen. In den vergangene­n Wochen haben Energieber­ater die Camp-Bewohner in der effiziente­n Nutzung der Energie geschult.

Für die landeseige­ne Stiftung SEZ ist die Solaranlag­e schon jetzt eine gelungene Investitio­n. „Das Ganze war in diesem Umfang und dieser Qualität aber auch nur möglich, weil wir vor Ort große Unterstütz­ung, auch durch das Team um die Flüchtling­shilfe Essen, hatten“, sagt Laurids Novak, der bei der SEZ für die Projektför­derung zuständig ist.

Ausbau schon in Planung

Die Anlage in Mam Rashan ist so ausgelegt, dass sie problemlos erweitert werden kann, um einen höheren Anteil des Strombedar­fs decken zu können. Überlegung­en dazu gibt es bereits. „Für die SEZ ist die Solaranlag­e in Mam Rashan ein absolutes Pilotproje­kt, wir haben bislang kein anderes Projekt in dieser Größenordn­ung, denn normalerwe­ise fördern wir deutlich kleinere Vorhaben“, betont SEZ-Vorstand Keil und ergänzt: „In Mam Rashan wurde versucht, humanitäre Hilfe mit einer langfristi­gen Perspektiv­e zu verbinden. Und ich denke, das ist auch gelungen.“Die Erfahrunge­n mit dem Projekt seien sehr positiv, alle Partner seien bereit gewesen, mit anzupacken – und „Mam Rashan ist eine Blaupause für andere Camps“.

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FOTO: LUDGER MÖLLERS Das Camp Mam Rashan im Nordirak: Eine Solaranlag­e versorgt jetzt 8800 jesidische Flüchtling­e mit Strom.
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