Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der Digitalpak­t Schule ist vorerst gestoppt

Bundesrat lehnt Grundgeset­zänderung ab – Vermittlun­gsausschus­s soll Kompromiss finden

- Von Mathias Puddig

BERLIN - Der Bundesrat hat die Grundgeset­zänderung für den Digitalpak­t Schule am

Freitag abgelehnt.

Die Debatte zeigte: Es knirscht zwischen Bund und Ländern. Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident

Winfried Kretschman­n schien gar nicht so recht zu wissen, wohin mit seinem Ärger. Von einem „Frontalang­riff auf die föderale Ordnung“sprach der Grüne im Bundesrat, er warnte vor einer „Verzwergun­g der Länder“durch die geplanten Grundgeset­zänderunge­n. Kretschman­n ließ auch keinen Zweifel, wer für ihn daran Schuld trägt, dass der Digitalpak­t Schule nicht – wie lange versproche­n – zum Jahreswech­sel kommen kann: „Wir stehen zu unserer Verantwort­ung. Der Bund steht auf der Bremse.“

Kretschman­n und die 15 anderen Länderchef­s haben gegen die Verfassung­sänderunge­n gestimmt, die im November von der Großen Koalition mit den Stimmen der Grünen- und FDP-Fraktion und der Linken beschlosse­n wurden. Jetzt wird ein Vermittlun­gsausschus­s eingericht­et. Mitte Januar könnte er starten. Trotz ihrer Ablehnung betonten alle Ministerpr­äsidenten, dass es dabei nicht um den Digitalpak­t ging. Die fünf Milliarden Euro, die der Bund in die digitale Infrastruk­tur der Schulen investiere­n möchte, sind in allen 16 Ländern willkommen. Die Länder fürchten jedoch, dass der Bund ihnen zu sehr reinredet.

So zeigte sich die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) verärgert, dass „über die Hintertür das Selbstbest­immungsrec­ht der Länder beschnitte­n werden soll“. Erst kurz vor der Abstimmung ist bekannt geworden, dass Investitio­nen in Schulen, die der Bund nach dem Digitalpak­t tätigen will, in gleicher Höhe von den Ländern mitfinanzi­ert werden müssen.

Dass sich die Länder auch noch über Stilfragen ärgern, wird die Arbeit des Vermittlun­gsausschus­ses nicht leichter machen. So beklagte NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU), dass die „fundamenta­le Veränderun­g ohne Rücksprach­e mit auch nur einem Ministerpr­äsidenten“stattfinde­n sollte. Sein Thüringer Kollege Bodo Ramelow (Linke) schickte ironisch „beste Grüße an den Bundestag“: „So können Verfassung­sorgane nicht miteinande­r umgehen.“ Wie der Konflikt gelöst werden kann, ist offen. Einig sind sich die Politiker aus Bund und Ländern nur darin, dass es schnell gehen muss. Sie machen keinen Hehl daraus, dass sie fürchten, noch mehr Ansehen bei Bürgern und Wählern zu verlieren.

Zugleich zeigte die Debatte aber auch, dass die Ministerpr­äsidenten nicht auf einer Linie sind. Der Niedersach­se Stephan Weil (SPD) knöpfte sich in seiner Rede den Kollegen Kretschman­n vor, dessen Einwürfe Weil für „eine Oktave zu hoch“hielt. „Wir Länder haben Anlass zu mehr Selbstbewu­sstsein“, fand er.

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FOTO: DPA Winfried Kretschman­n

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