Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ursache von Flugzeugunglück noch unklar
Ein Jahr nach dem Absturz einer Cessna bei Waldburg geht das Rätseln weiter – Erinnerungen an eine kalte Nacht
WALDBURG - Auch ein Jahr nach dem Flugzeugabsturz von Waldburg ist die Unfallursache nicht geklärt. Der abschließende Bericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung in Braunschweig steht noch aus. Der Abschluss des Berichts ist auf Nachfrage bei der BFU auch nicht abzusehen. Im Durchschnitt dauert die Erstellung eines solchen Berichts etwa ein Jahr, kann sich aber auch länger als zwölf Monate ziehen, wenn etwa auf ein bestimmtes Teilergebnis gewartet werden muss oder wenn sich Untersuchungen als besonders umfangreich herausstellen.
Das Flugzeugunglück von Waldburg ereignete sich am 14. Dezember in der Nähe von Sieberatsreute. Die Cessna 510 Citation Mustang der Bregenzer „Skytaxi Luftfahrt GmbH“war an diesem Tag auf dem Weg von Egelsbach bei Frankfurt und befand sich kurz vor dem Absturz im Landeanflug auf den Flughafen Friedrichshafen. An Bord waren drei Männer: der Thermen-Investor – auch bekannt als „Thermenkönig“– Josef Wund (79) aus Eriskirch, der 45-jährige Pilot und Geschäftsführer von „Skytaxi“sowie sein 49 Jahre alter Co-Pilot aus Wien. Alle drei kamen bei dem Unglück ums Leben.
Nach ersten Informationen der Staatsanwaltschaft Ravensburg vom 1. März sei vermutlich eine vereiste Landeklappe Ursache für den Absturz gewesen. Doch in dem BFUZwischenbericht vom März war davon nicht die Rede. Daran wurden Zweifel angemeldet. Eis könnte bei dem Unglück aber tatsächlich eine Rolle gespielt haben. Ein Sprecher der BFU sagte im März der „Schwäbischen Zeitung“: „Landeklappen können vereisen, Flugzeuge können aber auch mit vereisten Landeklappen landen.“Hinweise auf einen technischen Defekt oder eine Erkrankung der Besatzung gab es nicht. Auch die Obduktion der Piloten ergab keine Hinweise auf Beeinflussung durch Medikamente, Drogen oder Alkohol.
Einen ehemaligen Lufthansa-Piloten machte allerdings eine Passage aus dem Bericht der Experten stutzig. Darin heißt es: „Wrackteile lagen in einem Bereich von ca. 130 Meter mal 50 Meter. Auffällig war, dass viele Wrackteile seitenverkehrt lagen, d.h. Teile der rechten Flugzeugseite lagen links der Unfallspur und umgekehrt.“Der Pilot: „Das deutet vor dem Aufprall auf eine Drehung um die Längsachse hin. Da kann man viel spekulieren, was die Ursache dafür war. Ungewöhnlich ist es auf jeden Fall.“Jetzt wartet die Region auf den Abschlussbericht und hofft auf Klarheit.
Rückblende 2017: Es ist ein kalter Donnerstagabend, als die Cessna den Bodensee-Airport anfliegt. Dicke Schneeflocken rieseln auf Oberschwaben und machen die Schneedecke immer dicker. In den höheren Lagen rund um Waldburg klebt der Schnee. Einige Hunderte Meter in der Luft spielt sich ein Szenario ab, von dem heute niemand weiß, wie es sich abgespielt hat. Eine Cessna verliert plötzlich rasant an Höhe. In der Maschine hat der Pilot Funkverkehr mit dem Flughafen Zürich. Um genau 18:13,41 Uhr reißt der Kontakt zum Boden ab. Um 18.14 Uhr macht es im Wald bei Sieberatsreute einen lauten Knall. Das Flugzeug mit den drei Männern an Bord zerschellt. Eine Stichflamme erhellt die dunkle Nacht. Der Geruch von ausgelaufenem Kerosin zieht bis ins Dorf.
Die Polizei vor Ort sperrt den Bereich rund um den Wald weiträumig ab – wegen Explosionsgefahr, wie es heißt. Die Sicherung des Unfallorts läuft schnell an. Rund 120 Rettungskräfte sind bis aus dem Schussental nach Sieberatsreute zu dem Großeinsatz gekommen. Die Feuerwehr ist mit schwerem Gerät im Einsatz. Doch die Fahrt für die Autos und auch der großen Einsatzfahrzeuge gestaltet sich wegen des dichten Schneefalls nicht einfach. Die Straßen sind vereist, der Schnee beginnt sich auch auf der Straße zu türmen.
Informationen gab es erst Stunden nach dem Unglück
Die Presse muss Stunden ausharren, um Informationen zu bekommen. Als Erstes berichtet die „Schwäbische Zeitung“online. Schnell springen die anderen Medien auf. Regionale und überregionale Medien kommen an die Unfallstelle, um erste Eindrücke zu schildern und auf Informationen zu warten. Der Absturz schafft es bis in die überregionale Medien. Deutsche Nachrichtensender zeigen Bilder vom Unglück, in den Radiosendern wird berichtet. Die Aufräumarbeiten dauern bis spät in die Nacht hinein.
Am anderen Morgen zeigt sich das ganze Ausmaß der Zerstörung: Über 200 Meter hinweg zieht sich eine Schneise der Verwüstung. Viele Bäume sind abgeknickt oder umgestürzt. Kabel und Metallteile hängen vereinzelt von den Ästen herab. Ein Triebwerk liegt etwas abgelegen im Wald. Ein schneebedeckter Sitz steht surreal inmitten der Schneise. Ein Team der BFU ist vor Ort und stellt erste Untersuchungen an. Die Flugzeugreste kommen nach Braunschweig zur BFU, die bis dato mit der Untersuchung beschäftigt ist. Am Samstag danach beginnt die Bergung.
Bis heute befindet sich das Kerosin, das sich flächendeckend über den Wald verteilt hat, in der Gegend. Nach Berechnungen des Flughafens Friedrichshafen haben sich noch maximal 300 Liter Kraftstoff in der verunglückten Cessna befunden. Hätte man das ausgelaufene Kerosin abtragen wollen, wäre nur eine Abholzung der gesamten Fläche infrage gekommen. Im Vergleich dazu ist der Umweltschaden durch das Kerosin geringer, teilte das Landratsamt Ravensburg auf Nachfrage damals mit.
Die ganze Geschichte gibt es auch als Multimedia-Reportage mit Videos, Fotos und Texten auf www.schwäbische.de/ absturz-waldburg