Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Oh Du Trockene? Wie Festtagsgeflügel saftig und knusprig wird
Bei einer überhaupt nicht repräsentativen Umfrage im Bekanntenund Kollegenkreis zeigt sich: Viele Menschen schätzen den weihnachtlichen Gänse-, Entenoder Putenbraten gar nicht so besonders. Und das liegt nicht daran, dass das Fleisch dieser Federviecher nicht schmecken würde – jedenfalls bei der Wahl einer ordentlichen Qualität jenseits der Turbomast.
Nein, eine Gans zum Beispiel ist bei der Zubereitung ein echtes Problemgeflügel, weil sie zur Trockenheit neigt. Der Grund liegt in ihrer körperlichen Beschaffenheit: Während an der Brust das Fleisch kinderfaustdick sein kann, ist es an anderer Stelle nur einen Zentimeter stark. Kaum verwunderlich also, dass es schwierig ist, den ganzen Vogel am Ende außen knusprig und innen saftig zu bekommen.
Daran scheitern nicht nur Hobbyköche, die durch die äußerst seltene Zubereitung auch keine richtige Routine im Umgang mit Großgeflügel entwickeln können. Auch Profis haben ihre liebe Not beim Versuch, das Geflügel im Ganzen perfekt hinzubekommen. Zum Glück gibt es Methoden, Gans, Ente und Co. in den gewünschten Zustand zu versetzen. Das Wichtigste ist und bleibt die Qualität des Vogels. Es braucht nicht viel Fantasie um zu erkennen, dass zum Beispiel die sterblichen Überreste einer lebend gerupften und durch den Vorgang des Stopfens arg derangierte Gans am Ende keinen guten Braten mehr geben wird. Wie bei Eiern sollte der verantwortungsbewusste Verbraucher auch beim Geflügel auf eine Haltung mit Freilauf und im Idealfall eine hormon- und antibiotikafreie Aufzucht achten.
Der Rest ist dann gar nicht so schwer: Man würze den Vogel kräftig mit Salz und Pfeffer – und zwar außen und innen. Je nach Größe, dient eine Füllung aus säuerlichen Äpfeln und Zwiebeln zu gleichen Teilen der späteren Saftigkeit. Für eine Fünf-KiloGans reichen zwei große Äpfel und zwei große Zwiebeln. Etwas Beifuß setzt einen würzigen Akzent – natürlich darf je nach Vogel und Vorliebe mit anderen Kräutern oder besonderer Schärfe variiert werden. Es gibt Menschen, die füllen Babyputen ausschließlich mit Knoblauch.
Achtung, jetzt kommt der eigentliche Trick für saftiges Geflügel: eine kleine gereinigte und von Etikettenresten befreite Glasflasche – egal ob vom Mineralwasser, Cola oder Piccolo. Nach dem Füllen des Geflügels wird dem Vogel die Flasche in den Kragen geschoben, sodass Hals und Öffnung herausstehen. Und: mittels Küchengarn die Extremitäten so gut wie möglich verschnüren, dass sie eng anliegen und nicht abstehen. Auf wen der Trick mit der Flasche zurückgeht, kann ich nicht sagen. Ich jedenfalls habe ihn bei Hans Hass gesehen, der als Chef des Münchner Edelrestaurants Tantris völlig zu Recht einen legendären Ruf als Geflügelkünstler genießt. Die Flasche erhitzt sich im Ofen stark und sorgt dafür, dass der Garprozess auch von innen einsetzt, was am Ende zu einem gleichmäßigeren Ergebnis führt.
Für die Garzeit gilt eine Faustregel: etwa 45 Minuten pro Kilo Gewicht. Hat die Gans also 5,5 Kilo, stehen etwa rund vier Stunden im Ofen an. Gänse und Enten werden dabei besonders knusprig, wenn sie zunächst bei 150 Grad im Bräter Fett lassen dürfen und etwa 45 Minuten vor Ende der Garzeit bei 190 Grad auf den Rost gelegt werden und aufknuspern dürfen. Dabei alle zehn Minuten mit Salzwasser einpinseln – so wird die Haut unwiderstehlich. „Aufgegabelt“-Folgen
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