Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Es wird echt dünn“: Richter stellt Verfahren gegen zwei Angeklagte ein
Zeugenvernehmung vor dem Amtsgericht bringt kein Licht in eine Schlägerei in der Bismarckstraße in Friedrichshafen
FRIEDRICHSHAFEN (bb) - Es ist nicht einfach für Richter Christian Pfuhl am Montagmorgen gewesen, Licht in eine Schlägerei, die sich im vergangenen Juni in der Bismarckstraße in Friedrichshafen zugetragen haben soll, zu bringen. Zwölf Zeugen waren geladen – und nach sieben angehörten bereits entschieden: Das Strafverfahren gegen die zwei jungen Männer vor dem Tettnanger Amtsgericht wird eingestellt.
Angeklagt waren die beiden Männer, 26 und 22 Jahre alt, wegen Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung, weil sie am am späten Abend des 18. Juni 2017 in der Häfler Bismarckstraße in eine Schlägerei verwickelt und dabei mit Fäusten kräftig ausgeteilt haben sollen. Doch schon ihre Version des Abends klang etwas anders, als die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft: Man habe – ganz im Gegenteil – einen Streit schlichten wollen, den man aus dem Erdgeschoss der dortigen Unterkunft beobachtet habe. So hätten die beiden aus der Küche zwei Personen auf dem Gehsteig beobachtet, die einen Jungen am Kragen gepackt hätten und gegen eine Hauswand drückten, ließ der Ältere der beiden über seinen Dolmetscher ausrichten. „Wir wollten dann dazwischen gehen – wir wollten mit denen nicht streiten“, wiederholte der Angeklagte mehrfach.
Dennoch sei es im weiteren Verlauf aber zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung gekommen, weil die „anderen“– zwei junge Männer und Frauen – schließlich angefangen hätten, zu schubsen und zu schlagen.
Blutige Nase
Letztendlich seien vor allem sie, die Angeklagten, Opfer gewesen: Während der jüngere der beiden schilderte, ein gebrochenes Handgelenk durch einen Faustschlag davongetragen zu haben, berichtete der ältere von einer heftig blutenden Nase – für beide endete der Abend in der Notfallaufnahme des Klinikums. „Da schauen wir mal, was uns die anderen erzählen“, leitete Richter Christian Pfuhl schließlich die Zeugenvernehmung ein. Doch diese gestaltete sich schwieriger, als gedacht.
Diverse Erinnerungslücken, widersprüchliche Angaben zu denen, die bei der Polizei gemacht wurden, Verwechslungen oder von Anfang an nichts gesehen: Die Versionen der sieben Zeugen, die bis zum Mittag vernommen wurden, brachten keine neuen Erkenntnisse zum Tatablauf: „Schlauer als vorher bin ich jetzt auch nicht“, brachte es Richter Pfuhl kurz vor der Mittagspause auf den Punkt. Und sogar die Staatsanwaltschaft räumte ein: „Es wird echt dünn. Der Tatnachweis ist so gut wie nicht gegeben.“So wurden die restlichen fünf Zeugen schließlich ausgeladen und das Strafverfahren gegen die beiden Angeklagten eingestellt.