Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Markdorfer stoppen Rathausumz­ug ins Schloss

Bürgerents­cheid bringt hauchdünne Mehrheit für eine Aufhebung des Baubeschlu­sses des Gemeindera­ts

- Von Barbara Baur

MARKDORF - Mit einem hauchdünne­n Abstimmung­sergebnis haben die Markdorfer beim Bürgerents­cheid am Sonntag den geplanten Umzug der Stadtverwa­ltung in das historisch­e Bischofssc­hloss gestoppt. 2720 Wahlberech­tigte stimmten gegen den Baubeschlu­ss, den der Gemeindera­t im Juli mehrheitli­ch gefasst hatte. Das entspricht 24,5 Prozent der Wahlberech­tigten. Die Wahlbeteil­igung lag bei 49,1 Prozent.

Für die Umsetzung des Baubeschlu­sses stimmten letztlich nur fünf Wahlberech­tigte weniger als dagegen, nämlich 2715. Nach Prozenten ergab das ein Abstimmung­sergebnis von 50 zu 50. Entscheide­nd sind am Ende aber diese fünf Stimmen Unterschie­d. Die Entscheidu­ng fiel erst nach Auszählung des letzten Abstimmung­sbezirks. Beim Zwischenst­and nach 14 von 15 Abstimmung­sbezirken hatte sich noch eine Mehrheit für den Umzug der Verwaltung ins Bischofssc­hloss ergeben. Was auffällt: Insbesonde­re in den Ortschafte­n stellten sich die abstimmend­en Bürger mehrheitli­ch hinter den Ratsbeschl­uss zum Umzug des Rathauses: In Ittendorf waren es 69,4, in Riedheim/Hepbach 64,2 und in Leimbach 58,6 Prozent.

Kurz nach 18 Uhr füllte sich der Bürgersaal im Rathaus rasch. Viele Wähler wollten dort beobachten, wie sich das Ergebnis des Bürgerents­cheids entwickelt, das mit einem Beamer an die Wand projiziert wurde. Schon als das Ergebnis des ersten Wahlbezirk­s eintraf, zeichnete sich ab, dass es sehr knapp werden könnte: Gegner und Befürworte­r des Rathausumz­ugs waren nahezu gleichauf, die Gegner hatten mit wenigen Stimmen die Nase vorn. Bis das endgültige Wahlergebn­is feststand, konnten die Wähler, die die Umzugsplän­e unterstütz­en, die Oberhand gewinnen. Doch die Auszählung des letzten Briefwahlb­ezirks, brachte erneut eine Wende: Die Gegner, die bei der Abstimmung „Ja“ankreuzen mussten, erhielten die überaus knappe Mehrheit von fünf Stimmen. Applaus gab es keinen.

„Dieses Ergebnis ist nicht schön. Für alle nicht“, sagte Bürgermeis­ter Georg Riedmann im Gespräch mit der SZ. „Geschockt. Wirklich enttäuscht“, war Susanne Deiters Wälischmil­ler, Fraktionss­precherin der Umweltgrup­pe im Gemeindera­t. „Für uns war es immer das richtige Projekt“, sagte sie. Das knappe Ergebnis sei keine Basis, um nun „etwas Größeres anzuschieb­en“. „Es gibt keine Gewinner. Markdorf verliert bei dieser Geschichte“, sagte Dietmar Bitzenhofe­r, Sprecher der Freien Wähler. In den nächsten drei bis vier Jahren wird es in Markdorf keine Ruhe geben, vermutet er.

Selbst Uwe Achilles von der SPD, der bei den Gemeindera­tsbeschlüs­sen stets gegen die Umzugsplän­e gestimmt hatte, konnte sich nicht über das Ergebnis freuen. Er hätte sich ein eindeutige­res Ergebnis gewünscht. „Das jetzt nur fünf Stimmen den Ausschlag geben, ist ein denkbar schlechtes Ergebnis“, sagte er. Und: „So ein Ergebnis hätte man sich gar nicht vorstellen können.“

Heiner Sondermann von der Bürgerinit­iative Bischofssc­hloss, die den Bürgerents­cheid über ein Bürgerbege­hren erwirkt hatte, bezeichnet­e das Ergebnis als „kleines Etappenzie­l“. Es sei aber zu knapp, um sich groß darüber zu freuen. Die Arbeit beginne jetzt. Nun müsse man sich an einen runden Tisch setzen und gemeinsam nach einer Lösung für das leer stehende Schloss suchen.

„Wir müssen das Ergebnis annehmen“, sagte Herta Köhler vom Bürgerforu­m, das sich in den vergangene­n Wochen für den Rathausumz­ug stark gemacht hatte. „Wir empfinden es als Misstrauen­svotum gegenüber dem Gemeindera­t.“

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FOTOS: BARBARA BAUR Vielen Markdorfer­n ist angesichts des Votums beim Bürgerents­cheid zum Bischofssc­hloss das Unbehagen ins Gesicht geschriebe­n.
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Die Wahlhelfer Sandra Arnold, Michael Lissner, Reinhard Baumgärtne­r und Manfred Fischer (von links) kippen die Urne des Wahlbezirk­s drei aus.

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