Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Markdorfer stoppen Rathausumzug ins Schloss
Bürgerentscheid bringt hauchdünne Mehrheit für eine Aufhebung des Baubeschlusses des Gemeinderats
MARKDORF - Mit einem hauchdünnen Abstimmungsergebnis haben die Markdorfer beim Bürgerentscheid am Sonntag den geplanten Umzug der Stadtverwaltung in das historische Bischofsschloss gestoppt. 2720 Wahlberechtigte stimmten gegen den Baubeschluss, den der Gemeinderat im Juli mehrheitlich gefasst hatte. Das entspricht 24,5 Prozent der Wahlberechtigten. Die Wahlbeteiligung lag bei 49,1 Prozent.
Für die Umsetzung des Baubeschlusses stimmten letztlich nur fünf Wahlberechtigte weniger als dagegen, nämlich 2715. Nach Prozenten ergab das ein Abstimmungsergebnis von 50 zu 50. Entscheidend sind am Ende aber diese fünf Stimmen Unterschied. Die Entscheidung fiel erst nach Auszählung des letzten Abstimmungsbezirks. Beim Zwischenstand nach 14 von 15 Abstimmungsbezirken hatte sich noch eine Mehrheit für den Umzug der Verwaltung ins Bischofsschloss ergeben. Was auffällt: Insbesondere in den Ortschaften stellten sich die abstimmenden Bürger mehrheitlich hinter den Ratsbeschluss zum Umzug des Rathauses: In Ittendorf waren es 69,4, in Riedheim/Hepbach 64,2 und in Leimbach 58,6 Prozent.
Kurz nach 18 Uhr füllte sich der Bürgersaal im Rathaus rasch. Viele Wähler wollten dort beobachten, wie sich das Ergebnis des Bürgerentscheids entwickelt, das mit einem Beamer an die Wand projiziert wurde. Schon als das Ergebnis des ersten Wahlbezirks eintraf, zeichnete sich ab, dass es sehr knapp werden könnte: Gegner und Befürworter des Rathausumzugs waren nahezu gleichauf, die Gegner hatten mit wenigen Stimmen die Nase vorn. Bis das endgültige Wahlergebnis feststand, konnten die Wähler, die die Umzugspläne unterstützen, die Oberhand gewinnen. Doch die Auszählung des letzten Briefwahlbezirks, brachte erneut eine Wende: Die Gegner, die bei der Abstimmung „Ja“ankreuzen mussten, erhielten die überaus knappe Mehrheit von fünf Stimmen. Applaus gab es keinen.
„Dieses Ergebnis ist nicht schön. Für alle nicht“, sagte Bürgermeister Georg Riedmann im Gespräch mit der SZ. „Geschockt. Wirklich enttäuscht“, war Susanne Deiters Wälischmiller, Fraktionssprecherin der Umweltgruppe im Gemeinderat. „Für uns war es immer das richtige Projekt“, sagte sie. Das knappe Ergebnis sei keine Basis, um nun „etwas Größeres anzuschieben“. „Es gibt keine Gewinner. Markdorf verliert bei dieser Geschichte“, sagte Dietmar Bitzenhofer, Sprecher der Freien Wähler. In den nächsten drei bis vier Jahren wird es in Markdorf keine Ruhe geben, vermutet er.
Selbst Uwe Achilles von der SPD, der bei den Gemeinderatsbeschlüssen stets gegen die Umzugspläne gestimmt hatte, konnte sich nicht über das Ergebnis freuen. Er hätte sich ein eindeutigeres Ergebnis gewünscht. „Das jetzt nur fünf Stimmen den Ausschlag geben, ist ein denkbar schlechtes Ergebnis“, sagte er. Und: „So ein Ergebnis hätte man sich gar nicht vorstellen können.“
Heiner Sondermann von der Bürgerinitiative Bischofsschloss, die den Bürgerentscheid über ein Bürgerbegehren erwirkt hatte, bezeichnete das Ergebnis als „kleines Etappenziel“. Es sei aber zu knapp, um sich groß darüber zu freuen. Die Arbeit beginne jetzt. Nun müsse man sich an einen runden Tisch setzen und gemeinsam nach einer Lösung für das leer stehende Schloss suchen.
„Wir müssen das Ergebnis annehmen“, sagte Herta Köhler vom Bürgerforum, das sich in den vergangenen Wochen für den Rathausumzug stark gemacht hatte. „Wir empfinden es als Misstrauensvotum gegenüber dem Gemeinderat.“