Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zahlen studieren alleine bringt keinen Vorteil

Gegen Chaumont muss sich der VfB in der Volleyball-Champions-League in allen Elementen steigern

- Von Giuseppe Torremante

FRIEDRICHS­HAFEN - Italienisc­he Trainer sind gegenüber den Journalist­en sehr wachsam. Hinter jeder noch so einfachen Frage vermuten sie eine Falle. Deshalb würden sie in einer Talkshow mit deutschen Politikern nicht auffallen, denn auch sie reden viel und sagen nichts. Keine Ausnahme bildet hier der italienisc­he Trainer des französisc­hen Volleyball­meisters Chaumont, Silvano Prandi, nächster Gegner des VfB Friedrichs­hafen in der Gruppenpha­se der Champions League (Dienstag, 20.30 Uhr, Eurosport). Zugeknöpft, aber höflich beantworte­te er die Fragen der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Für den 71-Jährigen sind Zahlen das A und O im Volleyball. Danach kommen die Videoaufna­hmen der Spiele, dann wird ausgewerte­t und die Taktik bestimmt. In der französisc­hen Meistersch­aft läuft es für das Team derzeit nicht rund. Die Mannschaft wurde zu Saisonbegi­nn deutlich verjüngt und Prandi musste zehn neue Spieler integriere­n. Nach dem 3:1-Erfolg beim Tabellenle­tzten Cannes steht das Team nun auf Platz vier.

Viel reden, nichts Sagen

„Wir haben schlecht gespielt und gewonnen. Diese Partie ist nicht aussagekrä­ftig“, meint Prandi im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Geht doch. Doch dann verfällt er wieder ins Viel-Reden und NichtsSage­n. Auf welche Schlüssels­pieler des VfB muss Chaumont aufpassen? „Ich habe beim VfB keinen Favoriten, weil mich kein Spieler interessie­rt. Ich interessie­re mich nur für meine Mannschaft.“Falsch, denn sonst muss man keine Spielvideo­s analysiere­n und auch keine Statistike­n auswerten. Was wird über Sieg oder Niederlage entscheide­n? „Ich will immer gewinnen und bin ein schlechter Verlierer, deshalb schlagen wir den VfB.“So, so.

Die „Schwäbisch­e Zeitung“hat sich einmal die Statistike­n der Mannschaft aus Chaumont (Départemen­t Haute-Marne) genauer angeschaut. Baptiste Geiler, ehemaliger Spieler des VfB Friedrichs­hafen, ist nach langer Verletzung wieder fit. Martin Atanasov, der in Friedrichs­hafen aufgrund einer Schulterve­rletzung lange nicht spielen konnte, zeigt in der französisc­hen Liga Hoch und Tiefs. Gegen Cannes war er 14-Mal erfolgreic­h. Einen Namen müssen sich die Häfler merken: Wassim Ben Tara, 22jähriger tunesische­r Nationalsp­ieler. Er war mit 24 Punkten bester Scorer des Teams. Seit der Saison 2016/2017 spielt der Diagonalan­greifer beim französisc­hen Meister.

Das Team aus Chaumont macht viele Fehler im Aufschlag und das könnte für den VfB Friedrichs­hafen von Vorteil sein. Im ersten Spiel der Gruppenpha­se der Champions League waren es in fünf Sätzen allerdings nur 17 Fehler.

Die stärker eingeschät­zten Russen von Zenit Sankt Petersburg mit dem Deutschen Georg Grozer und dem Slowaken Lukas Divis (beide ehemalige VfB-Spieler) gewannen erst im Tiebreak mit 3:2. Satz fünf endete 16:14. Für den VfB heißt es, dass die Mannschaft aus Frankreich sehr hartnäckig ist. Und Baptiste Geiler ordnet die Spiele gegen den VfB richtig ein: „Sankt Petersburg ist der Favorit in der Gruppe, der VfB und Chaumont kämpfen um Platz zwei“, sagt er.

Probleme in der Annahme

Der VfB Friedrichs­hafen trifft auf einen Gegner auf Augenhöhe, der im Angriff sehr stark ist. Die Probleme der Franzosen liegen ganz klar in der Annahme. Doch auch in diesem Element ist der VfB in der laufenden Saison nicht so sattelfest. Die Spieler wackeln mehr, als ihnen lieb ist. Und die Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen haben darüber hinaus wenig Zeit, um sich auf die Franzosen vorzuberei­ten. „Jetzt habe ich 25 Stunden zur Vorbereitu­ng auf den nächsten Gegner. Das ist der brutale Job eines Trainer“, sagte VfB-Trainer Vital Heynen nach dem verlorenen Spitzenspi­el in der Bundesliga am Sonntag in Unterhachi­ng (2:3.). Es war für den VfB die zweite Niederlage in der Volleyball-Bundesliga.

Dabei hatte die Mannschaft vom Bodensee einen Matchball beim 15:14, den sie leichtfert­ig vergab. Die letzten drei Punkte des Tiebreaks waren ein Spiegelbil­d der gesamten Partie. Der Spitzenrei­ter Unterhachi­ng blockte besser und griff effektiver an. Gegen die Franzosen müssen sich die Häfler nicht nur auf die Blockabweh­r besinnen. Das Entscheide­nde wird sein, die sich bietenden Chancen im Angriff zu nutzen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Da kann man taktieren wie man will und Zahlen studieren bis zum Abwinken.

In der zweiten Runde der Gruppenpha­se der Volleyball-Champions-League trifft der VfB Friedrichs­hafen am heutigen Dienstag (18. Dezember, 20.30 Uhr live bei eurovolley.tv und ab 20.45 Uhr live im TV bei Eurosport) im französisc­hen Reims auf Chaumont Volley Ball 52.

Die Häfler Fans können ihre Mannschaft gemeinsam aus der ZFArena unterstütz­en. Der VfB veranstalt­et ab 20 Uhr ein „Public Viewing“im Foyer.

 ?? FOTO: GÜNTER KRAM ?? VfB-Außenangre­ifer Athanasios Protopsalt­is (hier in der Partie gegen Unterhachi­ng) muss am Dienstagab­end in Reims gegen Chaumont alle seine Tricks auspacken, um im Angriff für die Friedrichs­hafener erfolgreic­h zu sein.
FOTO: GÜNTER KRAM VfB-Außenangre­ifer Athanasios Protopsalt­is (hier in der Partie gegen Unterhachi­ng) muss am Dienstagab­end in Reims gegen Chaumont alle seine Tricks auspacken, um im Angriff für die Friedrichs­hafener erfolgreic­h zu sein.

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