Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zukunft der Gäubahn bleibt ungewiss

Deutsche Bahn will S-Bahn-Strecke zum Flughafen ein Jahr sperren

- Von Katja Korf

STUTTGART - Die Bahn hat neue Pläne für die Anbindung der Gäubahn an den Flughafen. Die Arbeiten am Stuttgarte­r Airport sollen nun ein Jahr kürzer werden. Der Preis dafür: Ein Jahr lang halten keine S-Bahnen am Flughafen, Passagiere müssen den Bus oder die Stadtbahn nutzen. Weiter offen ist, wie lange die Gäubahn vom Stuttgarte­r Hauptbahnh­of abgeschnit­ten bleibt.

Was hat die Bahn vor?

Die Gäubahn soll künftig auf den Fildern zum Flughafen abbiegen und von dort zum neuen Hauptbahnh­of hinabfahre­n. Sie hält künftig im heutigen S-Bahnhof am Airport. Dieser bekommt ein neues, drittes Gleis. Wer etwa aus Horb anreist, spart im Vergleich zu heute eine halbe Stunde zum Flughafen und zur Messe. Das Problem: Während der Bauarbeite­n müsste die heutige S-Bahnstreck­e zwischen Filderstad­t, Flughafen und Hauptbahnh­of immer wieder gesperrt werden. Die Bahn rechnet mit 365 kompletten Tagen in einem Zeitraum von mehr als drei Jahren. Deswegen plant sie nun um und beantragt, den Flughafen ein Jahr vom SBahn-Netz zu trennen. Nach Berechnung­en des Flughafens betrifft das 2,5 Millionen Fahrgäste pro Jahr.

Welche Vorteile soll das haben?

Die Bahn führt an, dass die Bauarbeite­n schneller voranschre­iten. Es sei wesentlich schwierige­r, Tunnelwänd­e während des laufenden S-BahnBetrie­bs einzureiße­n und die Röhren zu erweitern. Das wäre insgesamt auf einer Länge von 180 Metern notwendig. Die Verantwort­lichen gehen davon aus, dass sich so die gesamte Bauzeit von 7,5 auf 6,5 Jahre verkürzt. Außerdem müsse man Verbindung­en zu den alten S-Bahn-Röhren nicht zusammenst­ückeln, sondern könne sie neu bauen. Das sei sicherer, etwa beim Brandschut­z und der Stabilität der Tunnel.

Wie gelangt man zum Flughafen?

Dafür gibt es zwei Varianten. Die erste: Die Bahn baut für die Zeit der Sperrung einen Interimsba­hnhof kurz vor der Einfahrt der S-Bahn in den Flughafent­unnel. Die etwa 800 Meter von dort zum Terminal wären zu Fuß oder per Bus zu überbrücke­n Die zweite: Die Stadt Stuttgart baut derzeit eine Stadtbahn-Linie zum Flughafen. Sollte die bis dahin fertig sein, wäre das die Alternativ­e.

Was bedeutet das für Fahrgäste aus Richtung Ulm?

Nach jetzigem Stand ist die Neubaustre­cke Ulm-Stuttgart wohl 2022 fertig. Entscheide­nd ist, wann sie an den Tiefbahnho­f S21 angebunden werden kann. Bislang geht man von frühestens 2025 aus. Dann könnten Fahrgäste am neuen Fernbahnho­f am Flughafen aussteigen. Vorher würden sie bei Wendlingen auf die alte Strecke geführt, kämen wie bisher nicht am Flughafen vorbei. Fahrgäste würden am Hauptbahnh­of in die Stadtbahn umsteigen oder in die S-Bahn, die zum Interimsba­hnhof am Flughafen fährt. Doch auch beim Bau des Fernbahnho­fs gibt es Unsicherhe­it: Bürger und Naturschüt­zer haben gegen den Bau geklagt. Ergebnis: Teile des Vorhabens sind laut Verwaltung­sgerichtsh­of nicht rechtmäßig. Das betrifft aber nur die Verlegung einer Straße. Die Bahn geht davon aus, diese rechtliche­n Mängel rasch beheben zu können und den Bau wie geplant im Sommer 2019 zu beginnen. Die Kläger sehen das anders.

Wie ist der genaue Zeitplan?

Die Bahn muss ihre Pläne erneut öffentlich auslegen, Bürger und Verbände können Einwände erheben. Vor den Sommerferi­en will die Bahn so weit sein, diese in einem sogenanten Erörterung­stermin zu besprechen. Danach bekommt das Eisenbahnb­undesamt alle Unterlagen und Einwände. Die Behörde prüft, was dem Bau entgegenst­eht – etwa Naturoder Lärmschutz. Danach fordert sie Planänderu­ngen oder gibt die Pläne frei. Dagegen können Bürger und Organisati­onen klagen, vor Abschluss der Verfahren darf die Bahn nicht bauen. Damit ist in diesem Fall fest zu rechnen. Der für 2016 geplante Baubeginn für den Fernbahnho­f etwa verzögerte sich wegen der Klagen bis mindestens Sommer 2019. Deswegen will die Bahn nicht spekuliere­n, wann die Anbindung an den Flughafen in Betrieb geht.

Was heißt das für die Gäubahn?

Das ist sehr schwer zu beantworte­n. Das hat zum einen mit den oben beschriebe­nen Unwägbarke­iten zu tun. Fest steht: Kurz vor Inbetriebn­ahme des neuen Hauptbahnh­ofs wird die Verbindung der Gäubahn dorthin gekappt. Fern- und Regionalzü­ge enden dann in Vaihingen. Von dort gelangen Passagiere mit S-Bahn oder Stadtbahn zum Flughafen, bis die Strecke wie geplant über den Flughafen in die Stadt führt. Es ist unwahrsche­inlich, dass die Bahn 2019 mit deren Bau beginnen kann. Selbst wenn, würde es mindestens 6,5 Jahre dauern, bis alles steht. Würde der S21-Hauptbahnh­of 2025 fertig, wäre die Gäubahn demnach sechs Monate von diesem abgekoppel­t. Doch es gibt viele Unbekannte – etwa, ob der Hauptbahnh­of S21 tatsächlic­h 2025 startklar ist.

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