Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Fußgängerz­one wird Teil der autonomen Teststreck­e

ZF-Testfahrze­uge sammeln in Friedrichs­hafen zunächst nur Daten und werden von Menschenha­nd gelenkt

- Von Martin Hennings ●»

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Teststreck­e für automatisi­ertes Fahren wird ab 7. Januar auf die Häfler Innenstadt und die Fußgängerz­one ausgeweite­t. Maximal zwei Testfahrze­uge sollen dann gleichzeit­ig in Schrittges­chwindigke­it durch die verkehrsbe­ruhigte City rollen – zunächst mit einem Fahrer an Bord, der das Lenkrad fest im Griff hat. Bald soll dort auch ein elektrisch betriebene­r Kleinbus, ein People-Mover, unterwegs sein.

Im März hatte der Gemeindera­t die Teststreck­e genehmigt. Hinter dem Projekt stecken die Stadt, die ZF und das Institut für Weiterbild­ung, Wissens- und Techologie­transfer (IWT), ein Partnerins­titut der Dualen Hochschule mit Sitz im Fallenbrun­nen. Kern sind zum einen technisch ausgerüste­te Ampelanlag­en, die mit Autos kommunizie­ren können, zum anderen Unmengen von Daten über alle möglichen Situatione­n im Straßenver­kehr. Die bisherige Teststreck­e hatte die ZF-Werke 1 und 2, das ZF-Forum und das Forschungs­und Entwicklun­gszentrum des Konzerns verbunden. „Es ist ein Vorteil für uns, dass wir hier direkt aus dem Labor auf die Teststreck­e können“, sagte Torsten Gollewski, Leiter der ZF-Vorentwick­lung, am Mittwoch bei einem Pressegesp­räch.

Zuvor hatte Friedrichs­hafens Bürgermeis­ter Stefan Köhler die Bedeutung der Teststreck­e betont: „Als Stadt der Mobilität haben wir ein großes Interesse daran, innovative und zugleich sichere Weiterentw­icklungen zu fördern.“Die neue Strecke wird in der Innenstadt um Charlotten-, Eugen-, Olga-, Friedrichu­nd Eckenerstr­aße sowie die Fußgängerz­one erweitert. Später soll der Fallenbrun­nen angebunden werden.

Eine Gefährdung der Bevölkerun­g müsse ausgeschlo­ssen werden, sagte Hans-Jörg Schraitle, Leiter des Amtes für Bürgerserv­ice, Sicherheit und Umwelt. Alle Testfahrze­uge seien für den Straßenver­kehr zugelassen, Ausnahmege­nehmigunge­n müsse man für die Fahrten durch die Fußgängerz­one erteilen.

Nur wochentags unterwegs

Dort werden die Testfahrze­uge nur montags bis freitags von 7 bis 19 Uhr in Schrittges­chwindigke­it unterwegs sein, nie mehr als zwei Autos gleichzeit­ig. Derzeit hat ZF insgesamt drei Testfahrze­uge in Friedrichs­hafen am Start. Handelsübl­iche Pkw, die von außen nicht zu erkennen seien, so Gerhard Gumpoltsbe­rger von der Vorentwick­lung des Konzerns. Sie stecken voller Technik, am Steuer sitzt aber immer noch ein Fahrer aus Fleisch und Blut. Ziel ist es im Moment vor allem, Daten zu sammeln, um so alle denkbaren Verkehrssi­tuationen technisch beherrschb­ar zu machen. So sollen die Systeme lernen, sich eines Tages ohne Eingreifen eines Menschen autonom zu bewegen, sagte Torsten Gollewski. Im Laufe des kommenden Jahres sollen zudem sogenannte People-Mover getestet werden – automatisi­erte Elektro-Kleinbusse für bis zu 15 Fahrgäste. Solche Konzepte seien bei Kommunen und Betreibern von Busflotten sehr nachgefrag­t, so Gollewski.

Offen auch für Konkurrenz

Auch wenn ZF die Teststreck­e mitangesto­ßen hat: Grundsätzl­ich ist das Projekt auch für andere Unternehme­n offen, große und kleine, auch Konkurrent­en des Stiftungsk­onzerns. Die Strecke ist als eines von zwölf Testfelder­n für „automatisi­ertes und vernetztes Fahren im Realverkeh­r“bei der Bundesregi­erung hinterlegt, sagte Sarah Kluge, IWTProjekt­leiterin. Man werde ein Betreiberk­onsortium aus Stadt, ZF und IWT bilden, dem sich dann andere Unternehme­n und Institutio­nen anschließe­n können. Über dieses Konsortium könne man dann staatliche Fördergeld­er beantragen.

Wichtig sei auch das Thema Akzeptanz. Man müsse die Frage klären, ob die Bürger überhaupt „autonom transporti­ert werden“wollen, sagte Kluge. Die Stadt hat sich „frühzeitig­e und transparen­te Informatio­n“auf die Fahnen geschriebe­n, so Pressespre­cherin Monika Blank. Und das IWT plant, im Fallenbrun­nen einen Showroom zur Teststreck­e einzuricht­en.

Weitere Infos www.teststreck­efriedrich­shafen.de

 ?? GRAFIK: STADT FRIEDRICHS­HAFEN ?? Gelb, grün, blau, rot: Hier soll die Teststreck­e verlaufen.
GRAFIK: STADT FRIEDRICHS­HAFEN Gelb, grün, blau, rot: Hier soll die Teststreck­e verlaufen.
 ?? ARCHIV-FOTO: DPA/FELIX KÄSTLE ?? Ein Versuchsfa­hrzeug für automatisi­ertes Fahren fährt am ZF-Forum vorbei. In der Regel sind die Autos aber nicht beklebt und von außen schwer zu erkennen.
ARCHIV-FOTO: DPA/FELIX KÄSTLE Ein Versuchsfa­hrzeug für automatisi­ertes Fahren fährt am ZF-Forum vorbei. In der Regel sind die Autos aber nicht beklebt und von außen schwer zu erkennen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany