Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Betrüger erbeuten sechsstell­ige Summe

Falsche Polizisten: Masche hat funktionie­rt

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UHLDINGEN-MÜHLHOFEN (naa) Nach dem Enkeltrick häufen sich seit dem vergangene­n Jahr im süddeutsch­en Raum und in der Schweiz Betrugsfäl­le oder -versuche durch falsche Polizisten. Anrufer geben sich als Polizeibea­mte aus und warnen vor Einbrecher­n im jeweiligen Wohnvierte­l. Dann horchen sie die Zielperson­en über ihre Vermögensv­erhältniss­e aus. Wenn es sich lohnt, bieten sie an, Geld und Wertsachen an einen sicheren Ort zu bringen, bis die Gefahr vorüber ist. Auf diese Weise ist es im Mai einer Gruppierun­g gelungen, einer 77-jährigen Frau aus Uhldingen-Mühl-hofen ihr gesamtes Vermögen abzunehmen.

Als „Abholer“mussten sich jetzt drei Männer aus Göttingen vor dem Schöffenge­richt am Amtsgerich­t Konstanz verantwort­en. Den 23-jährigen Haupttäter hat das Gericht wegen Betrugs in besonders schwerem Fall zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Beim Urteil wurde berücksich­tigt, dass er den Hintermann aus der Türkei, der den Anruf bei der Seniorin getätigt hatte, auffliegen ließ. Über einen 21-Jährigen, der seinen BMW für die Fahrt an den Bodensee zur Verfügung gestellt hatte, verhängte das Gericht wegen Beihilfe eine Bewährungs­strafe von eineinhalb Jahren. Mit sechs Monaten auf Bewährung kam ein zweiter 23-Jähriger davon, der als Begleiter mitgefahre­n war.

Völlig kirre gemacht durch ein langes Telefonat mit dem falschen Polizisten, der sie vor einer Einbrecher­bande warnte, packte die 77-Jährige in jener Nacht im Mai 120 000 Euro Bargeld und Schmuck im Wert von 54 400 Euro in eine Tasche und stellte sie nach Anweisung vor ihre Haustür. Ihr wurde gesagt, ein Mitarbeite­r der Kripo würde sie abholen, um „alles, was Ihnen lieb und teuer ist“, in Sicherheit zu bringen.

Geld landet in der Türkei

Der 23-jährige Haupttäter brachte die Tasche gegen 1 Uhr nachts an sich, nachdem er von dem Hintermann per Handy an die Wohnadress­e der 77-Jährigen gelotst worden war. Dann fuhr er mit seinen Begleitern zurück nach Göppingen. Am nächsten Tag übergab er die Tasche einem angeblich Unbekannte­n, der sie in die Türkei brachte. Vor Gericht beteuerte er, er habe nichts von einem Betrug gewusst, Der Mann aus der Türkei habe ihn gebeten, eine Tasche mit seinem Geld bei seiner Tante am Bodensee abzuholen. Auf der Rückfahrt habe er den Inhalt untersucht, sich aber nicht über die große Geldsumme gewundert. Auch nicht über ein Geldkuvert, auf dem zu lesen war: „1900 Euro für Beerdigung“. Den Schmuck habe er gar nicht gesehen. Der Anrufer habe ihm gesagt, er und seine Mitfahrer könnten 5000 Euro als Lohn für den nächtliche­n Auftrag behalten.

Das Gericht nahm ihm die Ahnungslos­igkeit nicht ab. Für den 23jährigen Haupttäter ordnete das Gericht die Einziehung von 140 000 Euro an. Die Helfer müssen ihren „Lohn“für die „Gefälligke­it“, 1500 Euro der Fahrer, 500 Euro der Begleiter, der Staatskass­e zur Verfügung stellen.

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