Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Tornado-Einsatz beenden
Donald Trump ist es nicht nur egal, der US-Präsident will es sogar. Wenn die USA ihre Soldaten aus Syrien abziehen und damit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan die Möglichkeit bieten, die syrischen Kurden frontal anzugehen, dann sind internationale Organisationen und Bündnisse wie die EU, die Vereinten Nationen, aber auch die Nato gescheitert. In allen dreien ist die Bundesrepublik ein prominentes Mitglied und dennoch hört man von der deutschen Außenpolitik sehr wenig. Berlin duckt sich einmal mehr weg, wenn es brenzlig wird. Ähnlich muss die offizielle Politik der EU bewertet werden.
Was Erdogan seit Längerem nicht nur in Syrien treibt, ist ein eklatanter Verstoß gegen den Nato-Vertrag, der auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht fußt. Nach dem Einmarsch türkischer Einheiten im zuvor von Kurden beherrschten Kanton Afrin gibt es erschütternde Informationen über Menschenrechtsverletzungen von islamistischen Milizen.
Die Bundesregierung rief zur „Mäßigung“und „Verhältnismäßigkeit“auf. Mehr wird aller Voraussicht auch nicht geschehen, wenn der Nato-Staat Türkei bald YPG-Soldaten angreifen wird, die über Jahre von der Nato im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) massiv unterstützt wurden. Die Kämpfer der syrisch-kurdischen YPG waren die Bodensoldaten, die der Westen nie bereit war zu stellen. Ohne YPG wäre der IS nicht zurückgedrängt worden.
Dankbarkeit ist in diesem realpolitischen Drama nicht vorgesehen. Appelle an Erdogan, die geplante Großoffensive abzublasen, werden nicht fruchten. Deshalb muss der Tornado-Einsatz der Bundeswehr sofort beendet werden. Mit den Informationen, die dank der Aufklärungsflüge zur Verfügung stehen, kann die Türkei wichtige Daten für die Planung ihres – so er stattfindet – völkerrechtswidrigen Angriffs erhalten. Die Bundesrepublik und die EU sollten sich bewusst sein, dass ihre internationale Zusammenarbeit auf Werten basiert. Zumindest theoretisch.