Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Tornado-Einsatz beenden

- Von Hendrik Groth ●» h.groth@schwaebisc­he.de

Donald Trump ist es nicht nur egal, der US-Präsident will es sogar. Wenn die USA ihre Soldaten aus Syrien abziehen und damit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan die Möglichkei­t bieten, die syrischen Kurden frontal anzugehen, dann sind internatio­nale Organisati­onen und Bündnisse wie die EU, die Vereinten Nationen, aber auch die Nato gescheiter­t. In allen dreien ist die Bundesrepu­blik ein prominente­s Mitglied und dennoch hört man von der deutschen Außenpolit­ik sehr wenig. Berlin duckt sich einmal mehr weg, wenn es brenzlig wird. Ähnlich muss die offizielle Politik der EU bewertet werden.

Was Erdogan seit Längerem nicht nur in Syrien treibt, ist ein eklatanter Verstoß gegen den Nato-Vertrag, der auf Demokratie, Rechtsstaa­tlichkeit und Völkerrech­t fußt. Nach dem Einmarsch türkischer Einheiten im zuvor von Kurden beherrscht­en Kanton Afrin gibt es erschütter­nde Informatio­nen über Menschenre­chtsverlet­zungen von islamistis­chen Milizen.

Die Bundesregi­erung rief zur „Mäßigung“und „Verhältnis­mäßigkeit“auf. Mehr wird aller Voraussich­t auch nicht geschehen, wenn der Nato-Staat Türkei bald YPG-Soldaten angreifen wird, die über Jahre von der Nato im Kampf gegen den sogenannte­n Islamische­n Staat (IS) massiv unterstütz­t wurden. Die Kämpfer der syrisch-kurdischen YPG waren die Bodensolda­ten, die der Westen nie bereit war zu stellen. Ohne YPG wäre der IS nicht zurückgedr­ängt worden.

Dankbarkei­t ist in diesem realpoliti­schen Drama nicht vorgesehen. Appelle an Erdogan, die geplante Großoffens­ive abzublasen, werden nicht fruchten. Deshalb muss der Tornado-Einsatz der Bundeswehr sofort beendet werden. Mit den Informatio­nen, die dank der Aufklärung­sflüge zur Verfügung stehen, kann die Türkei wichtige Daten für die Planung ihres – so er stattfinde­t – völkerrech­tswidrigen Angriffs erhalten. Die Bundesrepu­blik und die EU sollten sich bewusst sein, dass ihre internatio­nale Zusammenar­beit auf Werten basiert. Zumindest theoretisc­h.

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