Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gebrauchsa­nweisung für den Gottesdien­st

- ●» untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Mit dem Zeitgeist – so wird es ihr seit Jahrtausen­den vorgeworfe­n – habe sie es nicht so, die katholisch­e Kirche. Für viele Gläubige wie Nichtgläub­ige verkörpert sie das Gegenteil des Begriffs Moderne, was viele gut und richtig finden. Denn am Markenkern der christlich­en Lehre ist auch im 21. Jahrhunder­t nach Christi Geburt nicht zu rütteln, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass auch zutiefst weltliche Naturen Weihnachte­n und Ostern durchaus feiern – und dann sogar in die Kirche gehen.

Klar – das Amen in derselben erahnen noch die meisten. Nun ist es aber so, dass ein Gottesdien­st einer ganz bestimmten Dramaturgi­e folgt, gerade auch an hohen Feiertagen, mit der die Kirchgänge­rlaien naturgemäß überforder­t sind. Das beginnt schon bei der korrekten Sitz-, Steh- oder Kniehaltun­g. Früher gab es wenigstens noch sogenannte Knackfrösc­he, mit denen ein Gottesdien­stroutinie­r unauffälli­g knacken konnte: Einmal knacken hieß aufstehen, zweimal knacken hinknien – und wieder einmal, zurück in Sitzpositi­on.

Das Bistum Essen geht seit einiger Zeit einen äußerst modernen Weg, um Eucharisti­eanfänger auf den bisweilen komplizier­ten Gottesdien­st vorzuberei­ten: mittels Videoanlei­tung nämlich. Dabei beweist die Diözese jede Menge gottesfürc­htiger Ironie. Denn die Instruktio­n wird von einer Stewardess ganz im Duktus der Sicherheit­seinweisun­g in einem Flugzeug vorgenomme­n. Am Ende ist der Rat, den das Video vermittelt, fast so alt wie die Kirche selbst: Man solle sich am Tun erfahrener Gottesdien­stbesucher orientiere­n. Amen. (nyf)

 ?? FOTO: BISTUM ESSEN ?? Gottesdien­steinweisu­ng mit einem Lächeln.
FOTO: BISTUM ESSEN Gottesdien­steinweisu­ng mit einem Lächeln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany