Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gute Nachrichte­n für Versichert­e

Zahlreiche gesetzlich­e Krankenkas­sen senken ihre Beiträge – Parität wiederherg­estellt

- Von Hajo Zenker

BERLIN - Die gesetzlich­en Krankenkas­sen nehmen Monat um Monat mehr ein, als sie ausgeben. Eine Folge für die Versichert­en: Die Beiträge gehen 2019 bei mehreren Kassen leicht nach unten, jeder Dritte profitiert. Vor allem aber: Den Zusatzbeit­rag zahlt nun zur Hälfte der Arbeitgebe­r. Das hilft jedem Arbeitnehm­er.

Die Krankenver­sicherung kostet die allermeist­en Arbeitnehm­er und Rentner im neuen Jahr weniger. Dass man das trotz einer Vielfalt von 110 verschiede­nen Krankenkas­sen mit unterschie­dlichen Beiträgen so pauschal sagen kann, liegt an der Großen Koalition. Die hat – wie im Koalitions­vertrag versproche­n – den Zusatzbeit­rag, der seit 2015 erhoben wird und den bisher allein der Arbeitnehm­er zahlen musste, aus Beschäftig­tensicht halbiert. Die andere Hälfte zahlt in Zukunft der Arbeitgebe­r beziehungs­weise bei Rentnern die Rentenvers­icherung. Damit wird nun wieder der gesamte Krankenkas­senbeitrag von Mitarbeite­rn und Unternehme­n zu gleich großen Teilen bezahlt, das wird auch paritätisc­he Finanzieru­ng genannt.

2019 liegen zwischen dem günstigste­n und dem teuersten Kassenbeit­rag nach derzeitige­m Kenntnisst­and 1,5 Prozentpun­kte. Der Gesamtbeit­rag setzt sich dabei zusammen aus dem allgemeine­n Beitragssa­tz von 14,6 Prozent und dem Zusatzbeit­rag. Wie hoch der Zusatzbeit­ragssatz ausfällt, legt die jeweilige Kasse selbst fest. Im Schnitt kommt 2019 aus der Kombinatio­n von allgemeine­m Satz und Zusatzbeit­rag ein Krankenkas­senbeitrag von 15,5 Prozent der beitragspf­lichtigen Einnahmen zustande, was einer Senkung um 0,1 Punkte im Vergleich zu 2018 entspricht. Bei Arbeitnehm­ern sind die beitragspf­lichtigen Einnahmen das Arbeitsein­kommen aus der versicheru­ngspflicht­igen Beschäftig­ung bis zur Beitragsbe­messungsgr­enze.

Typisch für die Lage der Krankenkas­sen sind die vor wenigen Tagen gefällten Beschlüsse der beiden größten Anbieter Techniker Krankenkas­se und Barmer für 2019. Während es die Barmer bei einem Zusatzbeit­rag von 1,1 Prozent belässt, senkt die Techniker Krankenkas­se (TK) um 0,2 Prozentpun­kte auf 0,7 Prozent. Die TK kommt somit auf einen Gesamtbeit­rag von 15,3 Prozent, die Barmer auf 15,7 Prozent.

Zwar haben die gesetzlich­en Krankenkas­sen in den ersten neun Monaten 2018 einen Einnahmenü­berschuss von 1,86 Milliarden Euro erzielt und damit laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium ihre Finanzrese­rven bis Ende September auf 21 Milliarden Euro gesteigert. Aber natürlich wirtschaft­en die wenigen großen und vielen kleinen Kassen durchaus unterschie­dlich. Und das lässt sich dann am Beitragssa­tz ablesen.

Metzinger BKK hebt Beitrag an

Verlierer unter den preisbewus­sten Versichert­en gibt es allerdings doch. Die einzige Kasse, die noch 2018 ganz ohne Zusatzbeit­rag auskam, nämlich die Metzinger BKK, die nur Beschäftig­te in Baden-Württember­g und in Thüringen wählen konnten, wird von der mhplus Krankenkas­se übernommen. Und die erhebt ab 2019 einen Zusatzbeit­rag von 0,98 Prozent. Das ergibt einen Gesamtbeit­rag von 15,58 Prozent – statt bisher 14,6 Prozent. Günstiger sind damit mittlerwei­le etwa bundesweit­e Kassen wie die hkk (Zusatz: 0,39; Gesamt: 14,99), die BKK firmus (0,44/15,04) oder BKK VerbundPlu­s (0,5/15,1). Wer in Sachsen-Anhalt wohnt, hat mit der dortigen AOK (0,3/14,9) eine günstige Wahlmöglic­hkeit. AOK Nordost und AOK Baden-Württember­g mit jeweils 15,5 sind etwas teurer. Besonders teuer dagegen ist die drittgrößt­e Krankenkas­se DAK-Gesundheit (1,5/ 16,1). Und die BKK Wirtschaft und Finanzen hat sogar ihren Satz um 0,29 Prozentpun­kte (1,39/15,99) erhöht.

Wie üblich werden auch Besserverd­iener wieder etwas mehr geschröpft als Durchschni­ttsverdien­er. Die Beitragsbe­messungsgr­enze für die Kranken- und Pflegevers­icherung, also der Betrag, bis zu dem der prozentual­e Kassenbeit­rag vollständi­g abgezogen wird, steigt mit dem Jahreswech­sel von 4425 Euro im Monat auf 4537,50 Euro. Wer also 2019 genau diese 4537,50 Euro verdient, zahlt mit der günstigste­n Kasse 335,78 Euro im Monat, bei den teuersten Anbietern dagegen werden 369,81 Euro fällig. Macht eine jährliche Ersparnis von 408,36 Euro.

Übrigens gibt es nicht nur für Arbeitnehm­er Änderungen. Stark profitiere­n werden ab 2019 Selbststän­dige mit geringem Einkommen, für sie halbiert sich der Mindestbei­trag auf 171 Euro pro Monat. Insgesamt haben die gesetzlich­en Kassen 57 Millionen Beitrag zahlende Mitglieder. Durch die beitragsfr­eie Versicheru­ng von Familienan­gehörigen gibt es 73 Millionen Versichert­e.

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FOTO: IMAGO Patient bei einem Belastungs-EKG zur Messung der Herzfunkti­onen: Von 2019 an finanziere­n Unternehme­n und Arbeitnehm­er den Krankenkas­senbeitrag wieder zu gleichen Teilen.

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