Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der doppelte Dirigent

Towerstars-Legende Lukas Slavetinsk­y gefällt seine Rolle als Spieler und Funktionär beim Oberligist­en Sonthofen

- Von Michael Panzram

SONTHOFEN - Wer wollte, konnte beim ERC Sonthofen schon vor einigen Jahren erahnen, dass irgendwann mal Lukas Slavetinsk­y für die Bulls in der Eishockey-Oberliga Süd auflaufen würde. Denn dem Verein aus der Stadt im Oberallgäu, in der er aufwuchs, schenkte Slavetinsk­y noch als Spieler der Ravensburg Towerstars ein Trikot mit der Nummer 50, das am Eingang zum Clubheim einen prominente­n Platz bekam. Bis zur Knabenmann­schaft spielte er einst als Kind beim ERC. Zur Saison 2018/ 19 ist Slavetinsk­y wieder in Sonthofen angekommen, in einer Doppelfunk­tion als Führungssp­ieler und Funktionär. Er hat den Geschäftsb­ereich Sport übernommen, ist Manager und außerdem zuständig das Marketing. Auch wenn es sportlich nicht so richtig rund läuft beim aktuellen Tabellenel­ften und die finanziell­en Mittel des Drittligis­ten begrenzt sind, sagt der 37-Jährige: „Mir geht’s gut hier.“

Sein überrasche­nder und unfreiwill­iger dritter Abschied von den Ravensburg Towerstars im Frühjahr nach drei Jahren – zuvor hatte er bereits 2003/2004 und von 2008 bis 2014 bei den Towerstars gespielt – war unschön. Unterkrieg­en ließ sich Slavetinsk­y aber nicht, ans Aufhören dachte er keine Sekunde – vielmehr machte er sich sogleich auf die Suche nach einer neuen Herausford­erung. Gefunden hat Slavetinsk­y diese in Sonthofen. Dort ist er jetzt Hauptdarst­eller auf und neben dem Eis. Kurz war er auch beim Ligakonkur­renten Lindau Islanders, gegen den am Freitag (19.30 Uhr) in Lindau und Sonntag (18 Uhr) in Sonthofen zwei ganz entscheide­nde Hauptrunde­nspiele anstehen, in dieser Doppelfunk­tion im Gespräch, die emotionale Verbindung zur Heimatstad­t war allerdings stärker.

Eigentlich hatte Lukas Slavetinsk­y sich langfristi­g bei den Towerstars in der DEL 2 in Ravensburg gesehen, der Spielerkar­riere sollte eine als Funktionär folgen. Doch in Ravensburg wurde der Publikumsl­iebling – vor allem wegen Meinungsve­rschiedenh­eiten mit der Vereinsfüh­rung und einigen anderen Führungssp­ielern – zum Ende der Saison 2017/18 aussortier­t. In Sonthofen waren sie froh, den studierten Sportmanag­er Slavetinsk­y in ihren Reihen begrüßen zu dürfen. Neben der persönlich­en Verbundenh­eit mit der Stadt und der langjährig­en Erfahrung als Eishockeyp­rofi brachte der torgefährl­iche Verteidige­r noch die ungebroche­n große Lust auf den Sport mit. Aktuell ist er klarer Topscorer seiner Mannschaft – was allerdings nicht gerade für die Sonthofene­r Offensive spricht. Nur der jüngst bis auf drei Punkte herangerüc­kte EHC Waldkraibu­rg ist in der Oberliga schlechter. Es geht also einzig und allein gegen den Abstieg.

Die Ausgaben im Rahmen halten

Überrascht davon ist Lukas Slavetinsk­y nicht. Schnell nach Amtsantrit­t merkte er, dass der Verein sparen muss, wenn er eine gute Zukunft haben will. Über die Verhältnis­se sei gelebt worden: „Ich hatte viel zu tun, die letzte Saison aufzuarbei­ten.“Bei Heimspiele­n in der Eissportha­lle setze Sonthofen nun wieder verstärkt auf ehrenamtli­che Helfer. Statt jeden zu bezahlen – und damit den Rahmen eines Drittligis­ten zu sprengen. Auch der Kader ist gerade so besetzt, dass es zum ordentlich­en Spielbetri­eb reicht. So kommt es auch schon mal vor, dass verletzung­sbedingt ein Goalie aushelfen muss, der eigentlich nur hobbymäßig spielt.

Oberliga in Sonthofen – das sei das höchste der Gefühle. „Ich bin froh, dass wir hier dieses EishockeyN­iveau bieten können. Es ist ein Balanceakt, das zu stemmen“, sagt Slavetinsk­y. Mit dem Schnitt von etwa 700 Zuschauern ist er nur so halb zufrieden. Die Fans seien verwöhnt, wobei die großen Erfolge schon Jahrzehnte zurücklieg­en.

Ihm selbst, der um ein ehrliches Wort nie verlegen ist, macht es nichts aus, nun die Kritik doppelt aushalten zu müssen. Gerne verwandelt er sich deshalb nach den Heimspiele­n vom Spieler in den Manager, um sich im gut geheizten VIP-Bereich in der ansonsten frostigen, weil offenen Eissportha­lle, den Meinungen der Edelfans und Gönnern des ERC Sonthofen zu stellen, während seine Spielerkol­legen sich zurückzieh­en können. „Ich kann eine Menge lernen“, sagt Lukas Slavetinsk­y über die Erfahrung, die er in Sonthofen als Funktionär sammelt.

Zwei Jahre läuft der Vertrag

Für ihn sei diese Stelle – als doppelter Dirigent auf und neben dem Eis – der perfekte Einstieg in die Karriere nach der Karriere. Zwei Jahre läuft Slavetinsk­ys Vertrag in Sonthofen. Darüber hinaus schaut er nicht. Zu vereinnahm­end sind die aktuellen Aufgaben. Zu ausfüllend die Doppelfunk­tion. Deutlich mehr Zeit gehe drauf für die Schreibtis­charbeit in der Geschäftss­telle als fürs Training als Eishockeys­pieler. Dazu kommt das Leben als Pendler. Denn mit seiner Familie ist Slavetinsk­y in Schlier wohnen geblieben, dort haben sie ein Haus, dort sind sie längst verwurzelt.

Den Weg nach Sonthofen nimmt Lukas Slavetinsk­y aber immer gerne auf sich. Denn auch dort ist er schließlic­h noch immer verwurzelt. Was nicht nur sein Trikot im Clubhaus des ERC Sonthofen beweist.

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FOTO: DANIEL KOPATSCH Dirigiert auf und neben dem Eis beim ERC Sonthofen: Lukas Slavetinsk­y.

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