Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zwei Kümmerer sagen „Adieu“

Wirtsleute Susanne und Norbert Finke beenden ihren Dienst im Gasthaus „Die Post“in Oberteurin­gen

- Von Gudrun Schäfer-Burmeister

OBERTEURIN­GEN - An Weihnachte­n ist in Oberteurin­gen eine Wirtsleute­Ära zu Ende gegangen. Susanne und Norbert Finke schließen zum Jahresende das Gasthaus „Die Post“, das sie fast zehn Jahre mit viel Herzblut und gastronomi­schem Sachversta­nd betrieben haben.

Seit 24 Jahren wohnt die Familie in Oberteurin­gen, hier wuchsen die vier Kinder auf, die mittlerwei­le zwischen 18 und 28 Jahre alt sind. „Die Post“hatte schon einige Zeit leer gestanden, als der damals in Ailingen in der „Gerbe“angestellt­e Koch und die Restaurant­fachfrau den Schritt in die Selbständi­gkeit wagten. „Wir wussten, was wir können, aber sprangen ins kalte Wasser“, fassen die beiden ihre Situation rückblicke­nd zusammen.

Im Mai 2009 übernahmen sie „Die Post“und machten das Lokal bald zu einem beliebten kulinarisc­hen Ziel, das für seine feine, regionale, bodenständ­ige Küche bekannt wurde. Im großen Saal fanden unterschie­dliche Veranstalt­ungen mit bis zu 300 Gästen statt, insbesonde­re die Hochzeitsg­esellschaf­ten wurden so rege nachgefrag­t, dass bald die Samstage in den Sommermona­ten für geschlosse­ne Gesellscha­ften reserviert wurden. Wie viele Hochzeiten es insgesamt waren, haben sie nicht gezählt. 150? 160? Ein Datum ist ihnen besonders im Gedächtnis geblieben. Es war der 28. August 2015, „ein Samstag, den keiner haben wollte!“sagt Susanne Finke. „Da haben wir einfach die 111. Hochzeit gefeiert, indem wir alle Paare und ihre Gäste einluden, die bis dahin bei uns geheiratet hatten.“Norbert Finke berichtet von der anderen Seite der Anekdote, die weniger romantisch klingt: Um ihren Festgästen den Service zu bieten, so lange zu feiern, wie sie wollen, ist seine Frau erst um 6 Uhr in der Früh nach Hause gekommen. Nur zwei Stunden später, um 8 Uhr ging es mit dem Geschäft des nächsten Tages weiter. Das hatte Folgen. Sie fühlten immer mehr, dass sie ausgepower­t sind.

Im Januar fiel dann die Entscheidu­ng, den Pachtvertr­ag zu kündigen. Die Suche nach einem zweiten Koch, der Norbert Finke entlasten sollte, war vergeblich. Auf die Stelle hatte sich niemand beworben. Aber ohne ein gutes Team geht es nicht. Sven und Jana Ockert waren von Anfang an im Service dabei, später kam Steffi Heiß ins Team, Romy Erber wurde als Aushilfe unverzicht­bar. Kirsten Huber hat bei Norbert Finke gelernt und arbeitet seit längerem als Teilzeitkr­aft in der Küche. „Sie war ganz wichtig, ohne sie wäre es vor allem im letzten Jahr in der Küche nicht gegangen.“Und auch Küchenhilf­e Grazyna Kulxzycka wird von ihren Arbeitgebe­rn für ihre Flexibilit­ät gelobt.

800 Ansichtska­rten verschickt

Für beide Finkes war es selbstvers­tändlich, bis zum letzten Tag für die Gäste da zu sein. „Wir sind zwar in der Gastronomi­e die Profis, aber als Gastgeber die Kümmerer mit emotionale­m Anspruch.“Da gab’s auch im Urlaub keine Auszeit, wohin sie ihre Adresslist­en mitnahmen und bis zu 800 Postkarten mit persönlich­en Grüßen verschickt­en.

Wie das dann im neuen Jahr werden wird, können sie sich noch gar nicht vorstellen. Im Januar kümmert sich Susanne Finke um das Ausräumen des Lokals und Norbert Finke tritt eine Stelle in Vogt an, wo die Stiftung Liebenau ein Wohnprojek­t für behinderte Menschen verwirklic­ht, zu dessen Beschäftig­ungsprogra­mm es gehört, gemeinsam zu kochen. Die Wochenende­n werden frei sein, um sich dem Privatlebe­n zu widmen.

Ihren Gästen sagen Susanne und Norbert Finke: „Danke für die vertrauten Momente und den Vertrauens­vorschuss bei den ganz persönlich­en Feiern. Es waren viele sehr schöne Momente, uns wurde viel Vertrauen entgegen gebracht.“

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FOTO: GSB „Wir haben nie Abstand gewonnen, waren immer mitten drin!“Susanne und Norbert Finke sagen dem Gasthaus „Die Post" in Oberteurin­gen und ihren Gästen Adieu

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