Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Geopolitis­che Unsicherhe­iten

Allianz-Investment-Experte Hans-Jörg Naumer analysiert­e für die „Schwäbisch­e Zeitung“das Anlagejahr 2019

- Von Hans-Jörg Naumer

018 – was für ein Jahr! Es war geprägt von den „3 G“der Kapitalanl­age: Geopolitik, Geldpoliti­k und globale Konjunktur. Der Einstieg ins Jahr war fulminant, dann kann der Volatilitä­tsschock: Nach einer langen Phase scheinbare­r Schwerlosi­gkeit der Märkte mussten sich Anleger auf steigende Kursschwan­kungen umposition­ieren. Als Begründung galten unter anderem Wachstumss­orgen um China.

Das war aber nur ein Vorgeschma­ck auf das Auf- und Ab der Hoffnungen, das sich noch anschließe­n sollte. Handelskon­flikt USA versus China und den Rest der Welt, der Haushaltss­treit der italienisc­hen Regierung mit Brüssel, der konkreter werdende Brexit mit allen seinen Unwägbarke­iten und am Ende noch Proteste in Frankreich, die Sorgen um den fiskalisch­en Kurs der Grande Nation aufkommen ließen, lieferten die Stichworte dazu.

Die Geldpoliti­k der US-Federal Reserve und der Europäisch­en Zentralban­k entwickelt­e sich in Richtung einer knapper und teurer werdenden Zentralban­kliquiditä­t. Die Fed hob viermal ihren Leitzins an und schwenkte auf die Rückabwick­lung ihres Anleihenka­ufprogramm­s ein. Die EZB nahm langsam – all’ zu langsam – Kurs auf eine Beendigung ihrer Anleihenkä­ufe.

Die globale Konjunktur entwickelt­e sich derweil kräftig. Gegen Jahresende wurden dann aber Schwächean­zeichen vor allem in Europa deutlich.

In diesem Umfeld konnte sich der Euro zum Dollar kaum behaupten. Die Aktienmärk­te bewegten sich im Wechselbad der Gefühle und verloren im Vorjahresv­ergleich Terrain. Vor allem die europäisch­en Märkte traf es hart. Beim Rohöl waren die Spekulatio­nen um die Folgewirku­ngen der Iran-Sanktionen nur von kurzer Dauer. Die USA als Produzent weiteten die Kapazitäte­n aus, die Opec konnte sich nicht zu Kürzungen durchringe­n. Tanken wurde wieder preiswerte­r.

2019 dürfte damit ein Jahr für die gemischte Kapitalanl­age („Multi Asset“) werden. Streuen Sie über unterschie­dliche Vermögensk­lassen, um Risiken zu begrenzen und Chancen zu nutzen. Und: Nutzen Sie den Durchschni­ttskostene­ffekt mittels Sparplänen. Für einen Sparplan ist immer der richtige Zeitpunkt. Ein Sparplan – das wäre ein guter Vorsatz für 2019! Damit lässt sich ja auch der Aktienante­il im Portfolio über die Zeit aus- und die liquiden Mittel abbauen.

Übrigens: Dass sich das Zittern an den Börsen nicht lohnt, ist eher die Ausnahme als die Regel. Beispiel Dax. In der historisch­en Rückrechnu­ng bis 1955 gab es in 44 von 64 Jahren eine positive Rendite. Allein über die letzten 30 Jahre erzielte er einen Ertrag von über acht Prozent pro Jahr – allerdings eben nicht in jedem Jahr.

Das vierte „G“der Kapitalanl­age will ich Ihnen daher nicht unterschla­gen: Etwas Glück gehört immer dazu. Viel Glück also im neuen Jahr, nicht nur bei der Kapitalanl­age.

Hans-Jörg Naumer ist Leiter Kapitalmar­ktanalyse der Fondsgesel­lschaft Allianz Global Investors.

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