Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Europäisch­e Auster soll in die Nordsee zurückkehr­en

Überfischu­ng führte vor hundert Jahren zum Zusammenbr­uch der Bestände

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HELGOLAND (dpa) - Für die Europäisch­e Auster soll es ein Comeback in der Nordsee geben. Dafür wird auf der Insel Helgoland seit 2017 eine Austernzuc­ht aufgebaut. In den kommenden Jahren sollen die ersten Tiere in Offshore-Windparks der deutschen Nordsee angesiedel­t werden, sagte Muschelexp­erte Rainer Borcherdin­g. „Dort sind die Austern vor Grundschle­ppnetzen geschützt und können hoffentlic­h neue Bänke bilden.“

Auch in den Niederland­en wird die Art Ostrea edulis wieder angesiedel­t, dort mit Austern aus Norwegen, weiß Christof Goetze von der Naturschut­zgesellsch­aft Schutzstat­ion Wattenmeer. „Wenn die Wiederansi­edlung klappt, werden wir vielleicht in zehn Jahren die Europäisch­e Auster wieder im Wattenmeer antreffen können – mehr als hundert Jahre nach ihrem Verschwind­en durch Überfischu­ng.“

Die Austernbän­ke in der Nordsee schienen früher unerschöpf­lich. Im Mittelalte­r holten Muschelfis­cher die Schalentie­re massenhaft aus dem Meer, wie es etwa in einer Urkunde aus dem Jahr 1241 vermerkt ist. Im Jahr 1870 waren es dem Naturschut­zbund (Nabu) zufolge rund fünf Millionen Austern. Überfischu­ng führte vor hundert Jahren zum Zusammenbr­uch der Bestände, wie Borcherdin­g sagte.

Als dann im Eiswinter 1929 die Austern im Wattenmeer erfroren, ging es noch weiter abwärts. Die Art überlebte nur an den Felsküsten Westeuropa­s und Südnorwege­ns sowie im dänischen Limfjord. Und es sollte noch schlimmer kommen. Beim Versuch, andere Austernart­en heimisch zu machen, wurde um 1978 die kalifornis­che Austernkra­nkheit Bonamia nach Europa eingeschle­ppt. „Und brachte für die Restbestän­de der heimischen Auster den Zusammenbr­uch um weitere 90 Prozent“, so Borcherdin­g.

Eine Auster kann mehrere Jahrzehnte alt werden. Große Exemplare können jährlich rund eine Million Larven produziere­n. Diese siedeln sich gern auf den Schalen anderer Austern an.

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