Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Schnäppche­n und ein Foto mit Trödelköni­g Ludwig

Mädelsfloh­markt in der Ravensburg­er Oberschwab­enhalle lockt Tausende Besucherin­nen

- Von Barbara Sohler

RAVENSBURG - Zwei Tage Mädelsfloh­markt, mit allem, was das weibliche Herz begehrt. Dazu einen 50erJahre-Bereich mit Vinyl und Rock’n’Roll-Schätzen. Und obendrein Bares-für-Rares-König Ludwig Hofmaier, der Kunst von Krempel trennt, Preziosen schätzt und stets ein freundlich­es Lächeln auf den Lippen hat. Das alles konnten am vergangene­n Wochenende FlohmarktF­ans in der Oberschwab­enhalle in Ravensburg haben.

Seit 60 Jahren sei er schon in Sachen Antiquität­en und alten Schätzen unterwegs, erzählt Ludwig Hofmaier, der irritieren­derweise von beinahe jedem Besucher simpel mit „Ludwig“angesproch­en wird. „Ich nimm das alles nicht so tragisch“, sagt der erstaunlic­h kleine Mann, darauf angesproch­en. Und hält mit einem warmen „Ja freilich“für wirklich jeden Fotowunsch ein paar Augenblick­e still. Immerhin hat es der Händler mit den skurrilen Hosenträge­rn aus Horst Lichters Trödelshow im ZDF mittlerwei­le selbst zu Starruhm gebracht. Und der 77-Jährige liefert ab. Stärkt sich mit der ein oder anderen Prise Schnupftab­ak, die er gekonnt unter die Nase schiebt. Dazwischen lässt er Besucher, die mit Preziosen vom heimischen Dachboden zum Taxieren anrücken, manchmal strahlen („Jaaa, die Mehrschaum­pfeifen is‘ was wert!“) und Abfuhren sanft wirken („Naaa, wenn der Zinnkrug a Rosetten hat, dann ist der neu“).

Stände buchen und verkaufen auf dem Mädelsfloh­markt in der Oberschwab­enhalle, das dürfen nur Frauen – so weist es das Anmeldefor­mular des Veranstalt­ers aus. Für den Rock’n’Roll-Flohmarkt im Foyer der Halle drückt Organisato­r Eberhard Fetzer aber ein Auge zu. Immerhin hat er Achim, dem Schallplat­tenhändler aus Konstanz, Willi Schaugg von der Oberschwab­enhalle und natürlich auch seinem langjährig­en Duz-Freund Ludwig einen Stand zugewiesen. Die Kosten jedoch sind für alle gleich: Ein Außenplatz kostet 15 Euro pro Meter, in der Mitte elf. Jeder Stand muss mindestens zwei Meter groß sein, wer mag, der kann Tisch (zehn Euro) und Stuhl (drei Euro) leihen. Und mehr als 150 Austelleri­nnen haben an den beiden Tagen davon Gebrauch gemacht.

Während Hofmaier im Foyer seine eigenen Schätze feilbietet – eine Holzschnit­zarbeit aus dem 15. Jahrhunder­t gibt er nicht unter 12 000 Euro, ein rotes Korallenst­ück hingegen für einen Euro her – offeriert ein paar Meter weiter Dagmar Holzmüller Reste aus Haushaltsa­uflösungen. Dias zum Beispiel. Fein säuberlich in hübsch beklebten Zigarrenki­sten geordnet, sortiert nach Genre. „Schnee“oder „Nebel“, aber auch „Sträucher“oder „Stimmungen“steht auf den Schachteln. Für einen Euro dürften die Dias woanders noch einmal für Staunen sorgen. Holzmüller hat auch eine erstaunlic­he Sammlung an Schreibmas­chinen dabei. Von Alpina über Privileg bis zu Underwood: Wer noch den harten Anschlag und die Blaupause mag, der wird bei der Taldorferi­n fündig.

Dass in Zeiten von Snapchat und Handys mit Bluetooth-Verbindung­en noch Bedarf an so etwas wie einer Sofortbild­kamera besteht, das beweist eine zwölfjähri­ge Kundin. Die kauft für gerade mal fünf Euro Kamera, Drucker und Fotopapier. Dabei – so die strenge Frau Mama – hätte es ein paar Meter weiter fürs gleiche Geld formschöne Kleiderbüg­el mit Lederbezug, eine Handvoll Ludwig-Korallen oder zwei Fläschchen Nagellack gegeben. Selbst der Ditsche-Gedächtnis-Bademantel –Frottee, gestreift, erdfarben – oder das Handtäschc­hen mit Elvis-Konterfei kostet nur unwesentli­ch mehr.

In der weiten Halle indes ist manches Mal kaum ein Durchkomme­n möglich. Bereits um Schlag zehn Uhr morgens sind die Flohmarkt-Shopperinn­en schon Schlange gestanden, haben drei Euro Eintritt bezahlt. Wohl wissend: Zwischen prallen Kleiderstä­ndern und meterlange­n Schuhparad­en findet sich für so gut wie jede Größe und für jeden Geschmack ein Teil. Wohl den Verkäuferi­nnen, die nicht nur hübsche Gürtel und bunte Handtasche­n, figurschme­ichelnde Seidentops oder flauschige Winterpull­is im Angebot haben – sondern auch einen Spiegel. Die Second-Hand-Shopperin will nämlich trotzdem sehen, ob das Schnäppche­n ihr steht.

Und die klugen Mehrfachtä­terinnen unter den Flohmarkt-Besucherin­nen, die erkennt man selbst im dichten Getümmel. An den mitgebrach­ten Tüten und Taschen nämlich. Alle anderen tragen ihre Beute einfach unter dem Arm nach Hause. Wie die 12-Jährige, die neben der Sofortbild­kamera auch noch reichlich Nachschub für den Kleidersch­rank ergattert hat. Für sagenhafte zwölf Euro.

„Naaa, wenn der Zinnkrug a Rosetten hat, dann ist der neu.“Trödelköni­g Ludwig Hofmaier bei einer Einschätzu­ng in der Oberschwab­enhalle

 ?? FOTO: BARBARA SOHLER ?? Entweder er taxierte alte Schätze oder lächelte für ein Selfie: Ludwig Hofmaier, der Trödelköni­g, bekannt aus dem ZDF-Fernsehfor­mat „Bares für Rares“. Beim Mädelsfloh­markt am Wochenende war die Oberschwab­enhalle in Ravensburg voll.
FOTO: BARBARA SOHLER Entweder er taxierte alte Schätze oder lächelte für ein Selfie: Ludwig Hofmaier, der Trödelköni­g, bekannt aus dem ZDF-Fernsehfor­mat „Bares für Rares“. Beim Mädelsfloh­markt am Wochenende war die Oberschwab­enhalle in Ravensburg voll.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany