Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schnäppchen und ein Foto mit Trödelkönig Ludwig
Mädelsflohmarkt in der Ravensburger Oberschwabenhalle lockt Tausende Besucherinnen
RAVENSBURG - Zwei Tage Mädelsflohmarkt, mit allem, was das weibliche Herz begehrt. Dazu einen 50erJahre-Bereich mit Vinyl und Rock’n’Roll-Schätzen. Und obendrein Bares-für-Rares-König Ludwig Hofmaier, der Kunst von Krempel trennt, Preziosen schätzt und stets ein freundliches Lächeln auf den Lippen hat. Das alles konnten am vergangenen Wochenende FlohmarktFans in der Oberschwabenhalle in Ravensburg haben.
Seit 60 Jahren sei er schon in Sachen Antiquitäten und alten Schätzen unterwegs, erzählt Ludwig Hofmaier, der irritierenderweise von beinahe jedem Besucher simpel mit „Ludwig“angesprochen wird. „Ich nimm das alles nicht so tragisch“, sagt der erstaunlich kleine Mann, darauf angesprochen. Und hält mit einem warmen „Ja freilich“für wirklich jeden Fotowunsch ein paar Augenblicke still. Immerhin hat es der Händler mit den skurrilen Hosenträgern aus Horst Lichters Trödelshow im ZDF mittlerweile selbst zu Starruhm gebracht. Und der 77-Jährige liefert ab. Stärkt sich mit der ein oder anderen Prise Schnupftabak, die er gekonnt unter die Nase schiebt. Dazwischen lässt er Besucher, die mit Preziosen vom heimischen Dachboden zum Taxieren anrücken, manchmal strahlen („Jaaa, die Mehrschaumpfeifen is‘ was wert!“) und Abfuhren sanft wirken („Naaa, wenn der Zinnkrug a Rosetten hat, dann ist der neu“).
Stände buchen und verkaufen auf dem Mädelsflohmarkt in der Oberschwabenhalle, das dürfen nur Frauen – so weist es das Anmeldeformular des Veranstalters aus. Für den Rock’n’Roll-Flohmarkt im Foyer der Halle drückt Organisator Eberhard Fetzer aber ein Auge zu. Immerhin hat er Achim, dem Schallplattenhändler aus Konstanz, Willi Schaugg von der Oberschwabenhalle und natürlich auch seinem langjährigen Duz-Freund Ludwig einen Stand zugewiesen. Die Kosten jedoch sind für alle gleich: Ein Außenplatz kostet 15 Euro pro Meter, in der Mitte elf. Jeder Stand muss mindestens zwei Meter groß sein, wer mag, der kann Tisch (zehn Euro) und Stuhl (drei Euro) leihen. Und mehr als 150 Austellerinnen haben an den beiden Tagen davon Gebrauch gemacht.
Während Hofmaier im Foyer seine eigenen Schätze feilbietet – eine Holzschnitzarbeit aus dem 15. Jahrhundert gibt er nicht unter 12 000 Euro, ein rotes Korallenstück hingegen für einen Euro her – offeriert ein paar Meter weiter Dagmar Holzmüller Reste aus Haushaltsauflösungen. Dias zum Beispiel. Fein säuberlich in hübsch beklebten Zigarrenkisten geordnet, sortiert nach Genre. „Schnee“oder „Nebel“, aber auch „Sträucher“oder „Stimmungen“steht auf den Schachteln. Für einen Euro dürften die Dias woanders noch einmal für Staunen sorgen. Holzmüller hat auch eine erstaunliche Sammlung an Schreibmaschinen dabei. Von Alpina über Privileg bis zu Underwood: Wer noch den harten Anschlag und die Blaupause mag, der wird bei der Taldorferin fündig.
Dass in Zeiten von Snapchat und Handys mit Bluetooth-Verbindungen noch Bedarf an so etwas wie einer Sofortbildkamera besteht, das beweist eine zwölfjährige Kundin. Die kauft für gerade mal fünf Euro Kamera, Drucker und Fotopapier. Dabei – so die strenge Frau Mama – hätte es ein paar Meter weiter fürs gleiche Geld formschöne Kleiderbügel mit Lederbezug, eine Handvoll Ludwig-Korallen oder zwei Fläschchen Nagellack gegeben. Selbst der Ditsche-Gedächtnis-Bademantel –Frottee, gestreift, erdfarben – oder das Handtäschchen mit Elvis-Konterfei kostet nur unwesentlich mehr.
In der weiten Halle indes ist manches Mal kaum ein Durchkommen möglich. Bereits um Schlag zehn Uhr morgens sind die Flohmarkt-Shopperinnen schon Schlange gestanden, haben drei Euro Eintritt bezahlt. Wohl wissend: Zwischen prallen Kleiderständern und meterlangen Schuhparaden findet sich für so gut wie jede Größe und für jeden Geschmack ein Teil. Wohl den Verkäuferinnen, die nicht nur hübsche Gürtel und bunte Handtaschen, figurschmeichelnde Seidentops oder flauschige Winterpullis im Angebot haben – sondern auch einen Spiegel. Die Second-Hand-Shopperin will nämlich trotzdem sehen, ob das Schnäppchen ihr steht.
Und die klugen Mehrfachtäterinnen unter den Flohmarkt-Besucherinnen, die erkennt man selbst im dichten Getümmel. An den mitgebrachten Tüten und Taschen nämlich. Alle anderen tragen ihre Beute einfach unter dem Arm nach Hause. Wie die 12-Jährige, die neben der Sofortbildkamera auch noch reichlich Nachschub für den Kleiderschrank ergattert hat. Für sagenhafte zwölf Euro.
„Naaa, wenn der Zinnkrug a Rosetten hat, dann ist der neu.“Trödelkönig Ludwig Hofmaier bei einer Einschätzung in der Oberschwabenhalle