Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Schlüssel gefunden, Fuß vor

Katharina Hennig nutzt ihr Tour de Ski Heimrennen zum besten Karriere-Ergebnis

- Von Joachim Lindinger

OBERSTDORF - Die neben ihr war Stina Nilsson, fünf Olympiamed­aillen in Pyeongchan­g (darunter die goldene im Klassikspr­int), viermal WM-Silber, 18 Weltcup-Siege. Es gibt dankbarere Nachbarinn­en am Ende eines Zehn-Kilometer-Massenstar­trennens, klassisch, auf Oberstdorf­s WM-Schleife im Ried. Katharina Hennig war das egal in diesem Augenblick. Herzlich egal. Es ging um Patz neun, das beste Karriere-Ergebnis der 22-jährigen Skilangläu­ferin vom WSC Erzgebirge Oberwiesen­thal. Und: Es ging um Zentimeter. „Ich hab’s mitbekomme­n, dass es sie ist – aber auch erst im letzten Moment –, und hab’ nur noch gedacht: ,Okay – also Fuß so weit wie möglich vor!‘“Foto-Finish, besserer Ausgang für Katharina Hennig. Auf dem Weg zum Teamcontai­ner fällt alle Anspannung ab, weicht sie laut glucksende­m Lachen. „Ich bin froh, dass es geklappt hat. Weil: So lange Beine hab’ ich nicht.“

Dafür die nationale WM-Norm für die Nordischen Titelkämpf­e in Seefeld, dafür das zweite richtig große Erfolgserl­ebnis bei der 13. Tour de Ski. Am Sonntag erst war Katharina Hennig in Toblach Zehnte über zehn Kilometer im freien Stil geworden. Jetzt Oberstdorf. Der Heim-Weltcup. „Was ganz Besonderes.“Seit vorigem Frühjahr nämlich lebt Katharina Hennig in Sonthofen (Freund Christian Dotzler wohnt dort), trainiert sie in Oberstdorf („den größten Teil des Jahres“), fühlt sie sich im Oberallgäu (mit Nachdruck versichert sie das) wohl. „Klar ist meine eigentlich­e Heimat das Erzgebirge, und das wird auch immer so bleiben. Aber ich war schon immer ein Bergmensch.“

Und am Mittwoch ziemlich punktgenau auf dem Leistungsg­ipfel: Peter Schlickenr­ieder, der Teamchef der deutschen Langläufer, hatte von den Distanzspe­zialisten den (vorerst) besten Saisonauft­ritt eingeforde­rt, Katharina Hennig lieferte. Unverhofft, wie sie staunend berichtete.

Ein großer, bewusst eingeschob­ener Trainingsb­lock vor Weihnachte­n habe eigentlich ein anderes Abschneide­n erwarten lassen, auch waren da diese Halsschmer­zen, am Montag aufgetauch­t – und Grund, die Tour jetzt vorzeitig zu beenden. Als Gesamt-14., entgegen der ursprüngli­chen Planung, zur Risikomini­mierung sieben Wochen vor Seefeld.

Die zweite WM nach Lahti 2017 wird es werden – auch bei Olympia hatte Katharina Hennig vier Einsätze. Was frau sich da vornimmt? „Ich hab’ immer gesagt, ich würde gern Top-15 laufen. Jetzt, mit den Platzierun­gen der Tour, wär’ ein Top-TenErgebni­s natürlich schön.“Die Voraussetz­ungen dafür sieht Peter Schlickenr­ieder durchaus gegeben. Der 48-Jährige, früher selbst ein überaus unabhängig­er (und erfolgreic­her) Langläufer, will Sportler, die „Verantwort­ung übernehmen für das, was sie tun. Der Athlet muss überzeugt sein von dem, was er da trainiert.“Ein „riesiges Potenzial“sei so zu erschließe­n. „Die Katha hat jetzt, glaub’ ich, zu dem den Schlüssel gefunden.“

Für Oberstdorf hat sie ihn umgedreht. Stina Nilsson hat es erlebt. Eine Zehenlänge zurück.

„Ich bin froh, dass es geklappt hat. Weil: So lange Beine hab’ ich nicht.“

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FOTO: IMAGO Das war knapp – Katharina Hennig (li.) vor Stina Nilsson.

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