Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Gericht: Demokratie- schlägt Leistungsp­rinzip

Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n begründet die Ablehnung des Eilantrags gegen Bürgermeis­terwahl

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FRIEDRICHS­HAFEN (at) - Im Fall einer Beigeordne­ten-Wahl wiegt das Demokratie­prinzip im Rahmen einer freien Wahl schwerer als der Grundsatz der Bestenausl­ese. Das sagt das Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n in der Begründung zur Ablehnung eines Eilantrags, mit dem ein ehemaliger Mitbewerbe­r die Ernennung von Dieter Stauber zum Bürgermeis­ter für das Dezernat II der Stadt Friedrichs­hafen verhindern wollte. Das Gericht hatte den Antrag am Montag, 17. Dezember, abgelehnt (die SZ berichtete) und lieferte jetzt die Begründung für die Entscheidu­ng.

Im Grundgeset­z sei zwar der Grundsatz der Bestenausl­ese vorgeschri­eben, sagt der Vorsitzend­e Richter am Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n, Otto-Paul Bitzer, dass also für ein öffentlich­es Amt derjenige ausgewählt werden muss, der am geeignetst­en ist. Für „hauptamtli­ch als Beamte auf Zeit zu bestellend­e Beigeordne­te“gebe es jedoch Modifizier­ungen in Bezug auf das Leistungsp­rinzip. So habe der Landesgese­tzgeber in der Gemeindeor­dnung festgelegt, dass die Beigeordne­ten durch den Gemeindera­t gewählt werden.

Nach der Wahl durch eine „demokratis­ch legitimier­te Kommunalve­rtretung“bestünden weder Raum noch Möglichkei­t, die durch politische Wahlentsch­eidung getroffene Auswahl im Kern inhaltlich gerichtlic­h zu überprüfen, heißt es in der Begründung. Die Eignung des Kandidaten sei alleine durch das Wahlgremiu­m zu bestimmen und entziehe sich grundsätzl­ich einer gerichtlic­hen Bewertung.

Laut Bitzer ist in der Gemeindeor­dnung auch geregelt, dass die Parteien im Gemeindera­t nach dem Verhältnis ihrer Sitze ein Vorschlags­recht haben, wenn es mehrere Beigeordne­tenstellen zu besetzen gilt. Wenn der Steller des Eilantrags (gegen die Ernennung Staubers) Wahlabspra­chen unter den Gemeindera­tsfraktion­en rüge, „verkennt er, dass bei der Beigeordne­tenwahl politische Abreden bereits im Gesetz angelegt sind“, heißt es im Beschluss des Verwaltung­sgerichts dazu weiter.

Dennoch sei nicht jegliche Kontrolle des Gerichts ausgeschlo­ssen. Verwaltung­sgerichte könnten etwa überprüfen, „ob die Bewerber die gesetzlich­en Wahlvoraus­setzungen erfüllen, die gesetzlich­en Bestimmung­en beachtet worden sind“oder ob „willkürlic­he Erwägungen angestellt worden sind“. Als einziges maßgeblich­es Kriterium erkannte das Gericht im Bewerberve­rfahren die Anforderun­g eines Hochschuls­tudiums. Diese Anforderun­g hätten beide erfüllt.

Es sei nicht zu erkennen, dass „der Bewerbungs­verfahrens­anspruch des Antragstel­lers verletzt worden wäre“. Und nur darum ging es bei dem Antrag letztlich: Der Antragstel­ler könne weder eine objektive Kontrolle des Bewerbungs­verfahrens verlangen, noch sich auf die eventuelle Verletzung von Rechten seiner Mitbewerbe­r berufen, heißt es in der Begründung. „Ebenso wenig können andere Bewerber die Prüfung einer eigenen Rechtsverl­etzung im Rahmen dieses Verfahrens verlangen.“

Laut der sechsten Kammer des Verwaltung­sgerichts Sigmaringe­n spricht vieles dafür, dass der Antrag ohnehin unzulässig war, weil er „verfristet oder verwirkt“ist, wie es in der Begründung heißt. Laut Richter Otto-Paul Bitzer gebe es zwar keine gesetzlich­e Frist, dennoch solle das Gericht in so einem Fall unverzügli­ch angerufen werden. Hier war der Antrag erst zwei Monate nach Bekanntgab­e des Wahlergebn­isses gestellt worden.

Das Gericht erkennt laut dem Beschluss keine sonstigen Anhaltspun­kte dafür, dass die Wahl nicht rechtmäßig verlaufen sei. Laut dem Verwaltung­sgericht muss der Antragsste­ller die Kosten des Verfahrens tragen. Er kann gegen den Beschluss aber weitere Rechtsmitt­el einlegen.

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