Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Nonsens mit fatalen Folgen

- Von Hendrik Groth ●» h.groth@schwaebisc­he.de

Die Saat der Demagogen und der Hasardeure ist aufgegange­n. Unabhängig von der bitteren Niederlage für die britische Regierungs­chefin Theresa May: Der Schaden, den die langjährig­e BrexitDeba­tte angerichte­t hat, übersteigt die rein politische Dimension. Die Sprache der Briten, die zu Recht stolz auf ihre feine und inhaltsrei­che Diskussion­skultur sind, radikalisi­erte sich mit jeder Woche. David Davis, gescheiter­ter Unterhändl­er Großbritan­niens in Brüssel, gab jetzt noch einmal eine Kostprobe im „Spiegel“und sprach von einem möglichen „feindselig­en No-Deal-Brexit“und brachte Pro-EU-Positionen in einen Zusammenha­ng mit der nachgiebig­en Politik Londons gegenüber den Nazis vor dem Zweiten Weltkrieg.

Zur Erinnerung: Bislang sind die Briten Freunde und Verbündete Europas, Hunderttau­sende Deutsche fühlen sich dem Königreich eng verbunden. Doch die blasierten, konservati­ven Snobs, die das Vereinigte Königreich in eine nicht für möglich gehaltene Hysterie gestürzt haben, werden persönlich die fatalen Folgen ihres unverantwo­rtlichen Handelns nicht zu spüren bekommen. Dafür sind sie zu wohlhabend, zu abgesicher­t, zu sehr in ihrer Elite verhaftet.

Es ist kein Geheimnis, dass Ex-Außenminis­ter Boris Johnson zum fanatische­n Brexiter wurde, weil sich sein Rivale, der damalige Premier David Cameron, für den EU-Verbleib aussprach. Johnson hatte laut gesicherte­n Informatio­nen in seiner Schublade ein Positionsp­apier liegen, in dem er sich mit Verve für die EU-Mitgliedsc­haft Großbritan­niens aussprach, sollte sich Cameron für einen Austritt einsetzen. Dieses Kleinkindv­erhalten machte auch vor dem ehrenwerte­n Unterhaus nicht mehr Halt. Die meisten Parlamenta­rier waren oder sind gegen irgendetwa­s. Wofür sie sich einsetzen, weiß mittlerwei­le kaum noch jemand.

Denn trotz aller Widrigkeit­en, der ausgehande­lte Austrittsv­ertrag war das Papier wert, auf dem er gedruckt wurde. Das Abkommen hatte 585 Seiten, am Ende stritten sich die Abgeordnet­en über den Inhalt einer einzigen Seite, die die nordirisch­e Grenze betrifft. Was für ein Nonsens.

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