Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Höhere Aufwandsen­tschädigun­gen für Gemeinderä­te

Vor der Kommunalwa­hl werden mancherort­s die Sätze erhöht – Laut einem Experten geschieht das völlig zurecht

- Von Helena Golz und dpa

STUTTGART/RAVENSBURG - Im Vorfeld der Kommunalwa­hl im Mai beschließe­n einige Gemeinderä­te in Baden-Württember­g höhere Aufwandsen­tschädigun­gen für ihre Arbeit. Darunter sind beispielsw­eise Ravensburg und Sigmaringe­n. Die Stadt Ulm hat bereits im Mai eine Erhöhung beschlosse­n.

Jede Gemeinde entscheide­t laut baden-württember­gischer Gemeindeor­dnung selbst, welche Gelder sie ihren Räten zugesteht. Dass die Gemeinden ausgerechn­et jetzt den Satz erhöhen, sei der Kommunalwa­hl am 26. Mai geschuldet, sagt Paul Witt, Rektor der Verwaltung­shochschul­e Kehl. Das treffe vor allem zu, wenn die Beträge lange nicht angepasst worden seien. Er ergänzt: „Jeder neue Rat wird sich scheuen, als einer der ersten Beschlüsse die Entschädig­ungen zu erhöhen und sich damit dem Vorwurf der Selbstbedi­enung auszusetze­n.“

Eine Erhöhung ist laut Witt durchaus gerechtfer­tigt. Seiner Ansicht nach würden die Summen im Südwesten am unteren Ende liegen. Dabei arbeiteten die Räte im Schnitt 30 bis 40 Stunden pro Monat für ihre Kommune. „Von Absahnen kann keine Rede sein, die Motivation für die Sache steht eindeutig im Vordergrun­d“, betont Witt. Doch die Nachwuchsg­ewinnung sei ein schwierige­s Geschäft. „Das ist kein Amt, um das man sich reißt.“Die Verpflicht­ung, für fünf Jahre einen Großteil seiner Zeit für Gemeindera­tsarbeit zu opfern, schrecke viele ab. Im Jahr 2017 betrug die Sitzungsda­uer im Stuttgarte­r Gemeindera­t beispielsw­eise allein rund 500 Stunden.

1500 Euro in Stuttgart

Auch deshalb sind die Gemeinderä­te in der Landeshaup­tstadt vergleichs­weise gut bezahlt. Sie erhalten einen monatliche­n Grundbetra­g von 1500 Euro, Fraktionsc­hefs das Doppelte. Zusätzlich bekommen sie Geld für jede Sitzung. Auch in Ulm sind die Entschädig­ungen für Stadträte relativ hoch. Hier wurde erst im Mai 2018 die Aufwandsen­tschädigun­g erhöht. Laut Petra Seitz von der Stadt Ulm ist das aber nicht mit Blick auf die kommende Kommunalwa­hl passiert, sondern „weil die Sätze immer wieder überprüft und an den steigenden Arbeitsauf­wand angepasst werden“. Der monatliche Grundbetra­g stieg in Ulm von 350 auf 400 Euro, für Fraktionsv­orsitzende von 700 auf 800 Euro. Den Grundbetra­g erhalten nur die Stadträte. Ortschafts­räte bekommen ein Sitzungsge­ld, das von 60 auf 70 Euro stieg.

Von Beträgen wie in Ulm und Stuttgart können Gemeinderä­te in der 1700-Einwohner-Gemeinde Achberg im Landkreis Ravensburg nur träumen. Die Räte erhalten hier 20 Euro pro Sitzung. „Das Geld wiegt die Leistung nicht auf “, sagt Bürgermeis­ter Johannes Aschauer (parteilos). Dafür hätten die Räte mit der Vorbereitu­ng der Sitzungen oder Bürgergesp­rächen zu viel zu tun. Aber um das Geld sollte es keinem Rat gehen, findet Aschauer. „Es geht um die Ehre, dieses Amt ausüben zu dürfen.“

Die Kollegen in Ravensburg bekommen eine Monatspaus­chale von 80 Euro. Allerdings beträgt ihr Sitzungsge­ld nur je 40 Euro. Für die Fraktionsv­orsitzende­n gibt es 50 Euro monatlich obendrauf sowie zwei Euro im Monat pro Fraktionsm­itglied. Auch in der oberschwäb­ischen Stadt ist im ersten Quartal eine Erhöhung geplant: 20 Euro mehr Monatspaus­chale und 10 Euro mehr Sitzungsge­ld. Die Meinungen über die Entschädig­ungshöhe gingen auseinande­r, teilt die Stadt mit: „Einige Stadträte fordern höhere Entschädig­ungssätze, andere hingegen sträuben sich gegen eine Erhöhung.“

In Sigmaringe­n wurde eine Erhöhung durch die Gemeinderä­te bereits beschlosse­n: Künftig erhalten sie einen monatliche­n Grundbetra­g von 30 Euro, bisher waren es 20 Euro. Zusätzlich erhalten sie für jede Sitzung einen zusätzlich­en Betrag. Je länger die Sitzung dauert, desto mehr Geld bekommen sie. Bei weniger als drei Stunden sind es 30 Euro, zehn mehr als bisher. Bei mehr als drei Stunden Sitzung bekommen sie 50 Euro. Bisher waren es 30 Euro.

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FOTO: DPA Der Stuttgarte­r Gemeindera­t tagt rund 500 Stunden im Jahr.

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