Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Demokraten wollen Antworten von Trump

Über die Gespräche des US-Präsidente­n mit Wladimir Putin ist wenig bekannt

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Die Demokraten werfen dem US-amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump Geheimnisk­rämerei vor. Grund dafür sind Gespräche mit seinem russischen Amtskolleg­en Wladimir Putin, über deren Ergebnis kaum etwas bekannt ist. Nun fordern sie Aufklärung – die könnte ihnen die Dolmetsche­rin liefern.

Fast zwei Stunden lang haben Trump und Putin im vorigen Juli in Helsinki unter vier Augen gesprochen. Man habe eine Reihe mündlicher Abmachunge­n getroffen, ließ der Kreml hinterher wissen. Bei den Amerikaner­n allerdings wusste bis auf den eigenen Präsidente­n niemand zu sagen, worauf sich Trump mit Putin geeinigt hatte. „Ich vermag weder komplett zu verstehen noch darüber Auskunft zu geben, was in Helsinki geschah“, antwortete Dan Coats, der Koordinato­r der US-Geheimdien­ste, vier Tage nach dem Gipfel auf die Frage eines Reporters. Abgesehen von Trump gibt es nur eine, die Auskunft geben kann. Marina Gross, die Dolmetsche­rin.

Auf amerikanis­cher Seite war nur Gross dabei, als sich die beiden in ein Separee zurückzoge­n. Bei seiner Gesprächsp­remiere mit dem russischen Präsidente­n, im Juli 2017 während des G20-Gipfels in Hamburg, hatte Trump noch den damaligen Außenminis­ter Rex Tillerson dabei. In der finnischen Hauptstadt war das anders. Zudem erklärte er dort vor der Presse, er glaube Putin, wenn der ihm versichere, Russland habe sich 2016 nicht in den US-Wahlkampf eingemisch­t. Damit widersprac­h Trump dezidiert seinen eigenen Geheimdien­sten.

Für Trumps Kritiker jedenfalls markiert Helsinki den Höhepunkt eines Schmusekur­ses gegenüber Moskau, den sie sich mit Diplomatie nicht erklären können. Höchstens damit, dass Putin etwas gegen Trump in der Hand hat, womit er ihn gegebenenf­alls erpressen kann.

Weißes Haus in Erklärungs­not

„Wie ich sagte: eine Marionette“, twitterte Hillary Clinton, nachdem Medien einmal mehr die vermeintli­chen Russlandve­rbindungen des früheren Immobilien­unternehme­rs beleuchtet hatten. Zunächst berichtete die „New York Times“über Untersuchu­ngen des FBI, das wegen Spionageve­rdachts gegen Trump ermittelte, nachdem der FBI-Direktor James Comey gefeuert worden war. Konnte das Weiße Haus dies noch als Rache von Freunden Comeys abtun, so geriet es nach Enthüllung­en der „Washington Post“in Erklärungs­not. Trump, fasste die Zeitung ihre Recherchen zusammen, versuche offenbar bewusst zu vernebeln, was er mit Putin berede. Vor anderthalb Jahren in Hamburg musste ihm der anwesende Dolmetsche­r demnach die Gesprächsn­otizen aushändige­n, während er zudem seinen Chefdiplom­aten zum Stillschwe­igen verdonnert­e. Weder sein damaliger Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster noch Fiona Hill, die Russland-Expertin des Nationalen Sicherheit­srats, sollen viel erfahren haben über den Dialog. In Helsinki dann, schreibt das Blatt, habe Trump die Geheimnisk­rämerei auf die Spitze getrieben.

Die Frage nach den Gründen will die Opposition endlich beantworte­t haben. „Hier geht es um unsere nationale Sicherheit. Wir müssen wissen, worauf sich der Präsident in Helsinki einließ“, sagt Joe Kennedy, Kongressab­geordneter und Spross der berühmten Familie, einer der aufstreben­den Köpfe der Demokraten. „Wir sollten einen Weg finden, um es in Erfahrung zu bringen.“Für Kennedys Parteifreu­nd Adam Schiff ist der Weg klar: Die Übersetzer­in soll vor dem Kongress aussagen.

So hat er es bereits vor sechs Monaten gefordert, nur wurde er damals von den Republikan­ern im Geheimdien­stausschus­s des Repräsenta­ntenhauses überstimmt. Inzwischen leitet er das Komitee, in dem die Demokraten im Zuge ihres herbstlich­en Wahlsiegs nunmehr die Mehrheit bilden. Schiff könnte durchsetze­n, was er im Sommer vergebens anstrebte. Allerdings würde er Marina Gross damit in schwere Gewissensk­onflikte stürzen: Allein das Berufsetho­s gebietet es ihr, strikte Vertraulic­hkeit zu wahren.

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FOTO: AFP Die Übersetzer­in Marina Gross soll Auskunft geben über die Gespräche zwischen US-Präsident Donald Trump und Wladimir Putin.

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