Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Deutsche Wirtschaft schaltet einen Gang zurück

Schwächste­s Wachstum seit fünf Jahren – Trotz höherer Risiken dürfte der Aufschwung aber auch im laufenden Jahr nicht abreißen

- Von Thomas Kaufner und Friederike Marx

BERLIN/FRANKFURT (dpa) - Dämpfer für die erfolgsver­wöhnte deutsche Wirtschaft: Mit 1,5 Prozent fiel das Wachstum 2018 so gering aus wie seit fünf Jahren nicht. Vor allem internatio­nale Handelskon­flikte und Probleme der Autoindust­rie bremsten Europas größte Volkswirts­chaft. Der von manchen Ökonomen befürchtet­e Absturz in die Rezession zum Jahresende blieb ersten Schätzunge­n zufolge aber aus.

Das Statistisc­he Bundesamt rechnet nach der Delle im dritten Quartal mit einer Erholung im Zeitraum Oktober bis einschließ­lich Dezember. Für 2019 erwarten Volkswirte eine Fortsetzun­g des seit nunmehr neun Jahren anhaltende­n Aufschwung­s in Deutschlan­d. Davon profitiert­e im vergangene­n Jahr auch der Fiskus mit sprudelnde­n Einnahmen und einem Rekordüber­schuss.

In der zweiten Jahreshälf­te verlangsam­te sich das Wachstumst­empo zwar spürbar, aber die Wirtschaft dürfte im Schlussqua­rtal wieder zugelegt haben. In einer ersten Schätzung gehen die Wiesbadene­r Statistike­r von einem „leichten Plus“für das vierte Quartal im Vergleich zum Vorquartal aus. Im dritten Vierteljah­r war das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent geschrumpf­t. Bei zwei Quartalen in Folge mit sinkender Wirtschaft­sleistung sprechen Ökonomen von einer technische­n Rezession.

„Trotz des schwachen Jahresabsc­hlusses konnte eine technische Rezession gerade noch vermieden werden“, resümierte der Chefökonom des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), Claus Michelsen. Er wertet die jüngste Entwicklun­g als Normalisie­rung nach einer Periode der Hochkonjun­ktur. Obwohl 2018 deutlich hinter den Boomjahren 2016 und 2017 zurückblie­b, lag das Wachstum weiterhin über dem Zehnjahres­durchschni­tt von 1,2 Prozent.

Wie es genau weitergeht, hängt von einer Reihe von Unwägbarke­iten ab: „Sollten die Risiken – ein ungeordnet­er Brexit, eine neuerliche Staatsschu­ldenkrise im Euroraum oder ein Handelskri­eg zwischen den USA und anderen Volkswirts­chaften – ausbleiben, ist auch in diesem Jahr mit einer ordentlich­en Wachstumsr­ate zu rechnen“, prognostiz­ierte DIW-Volkswirt Michelsen. Ökonomen trauen der weltweit viertgrößt­en Volkswirts­chaft im laufenden Jahr ein Plus zwischen 1,2 Prozent und 1,8 Prozent zu.

Die Unternehme­n selbst sehen sich vor steigenden Herausford­erungen: „Die rosigen Wachstumsz­eiten der vergangene­n zehn Jahre laufen aus. Das Umfeld wird rauer und verlangt den Unternehme­n erhebliche Anstrengun­gen ab, um ihre Wettbewerb­sposition zu halten“, erläuterte der Präsident des Außenhande­lsverbande­s BGA, Holger Bingmann. „Es wäre daher ein wichtiges Signal, dass sich die Politik wieder stärker um die wirtschaft­liche Entwicklun­g und Standortfr­agen kümmert.“

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FOTO: DPA Monteur an einem Plasmaschn­eidgerät auf dem Werftgelän­de von Blohm + Voss: Die deutsche Wirtschaft ist 2018 um 1,5 Prozent gewachsen.

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