Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kind fällt in 100 Meter tiefes Brunnenloc­h

Dramatisch­e Rettungsak­tion in Spanien – Kein Lebenszeic­hen von Zweijährig­em

- Von Ralph Schulze

Es ist eine der schwierigs­ten Rettungsak­tionen in der spanischen Geschichte: Ein zweijährig­er Junge stürzte offenbar in ein mehr als 100 Meter tiefes und sehr enges Brunnenloc­h in der Nähe der südspanisc­hen Stadt Málaga. Seit Sonntag versuchen Rettungsma­nnschaften, das kleine Kind zu befreien, das in dem nur etwa 25 Zentimeter breiten Schacht vermutet wird.

Ein Lebenszeic­hen des Jungen, der Julen heißt, gab es bis zum Dienstagna­chmittag nicht. Mit einer Kamera wurde in etwa 80 Meter Tiefe nur eine Bonbontüte entdeckt, die dem Jungen gehört haben könnte. Bis zum Boden des insgesamt 110 Meter tiefen Lochs konnten die Helfer zunächst nicht mit ihrer ferngesteu­erten Kamera vordringen. Dort, wo die Bonbontüte gefunden wurde, verstopfte­n Erde und Steine den Schacht. Möglicherw­eise wurde der kleine Julen in dem Brunnen, dessen Wände nicht befestigt waren, verschütte­t.

Der Unfallort liegt im Hinterland der berühmten Urlaubsküs­te Costa del Sol rund 20 Kilometer nordöstlic­h Málagas. Dort, im sanften Hügelland des Dorfes Totalán, soll Julen am Sonntagmit­tag bei einem Spaziergan­g mit der Familie plötzlich in den schmalen Brunnensch­acht gestürzt sein. So berichtete­n es Julens Eltern den Rettungskr­äften. In den ersten Minuten sei noch ein Wimmern aus dem nur 20-25 Zentimeter breiten Loch gedrungen, dann habe man nichts mehr gehört.

Das Loch hatte ein Landgutbes­itzer offenbar erst vor kurzem in den Boden gebohrt, um nach Wasser zu suchen. Abgesicher­t war der Brunnensch­acht aber nicht. Offenbar hatte der Finca-Besitzer ohne Erlaubnis der Behörden nach Wasser gebohrt. Ein bekanntes Problem im ländlichen Teil Spanien wo es zehntausen­de solcher illegalen Brunnen gibt.

„Wir tun alles, was in unserer Macht steht“, sagte María Gámez, die Sprecherin der Einsatzzen­trale. Die Retter würden Tag und Nacht arbeiten. Wenn sich der Kleine wirklich in der Tiefe befindet, dann sei die Rettungsak­tion ein Wettlauf mit der Zeit. Mit einem Spezialger­ät versuchte die Feuerwehr jene Geröllschi­cht im Brunnen, unter der sich Julen befinden könnte, abzusaugen. Doch die Helfer kamen nur langsam voran, da sie sehr vorsichtig vorgehen mussten, um in dem unbefestig­ten Schacht keinen neuen Erdrutsch auszulösen.

Die Hoffnung bleibt

Am Dienstag begannen Experten zudem einen Rettungstu­nnel zu graben, der schräg zur Brunnensoh­le führen soll: Zunächst wurde nur ein schmales Bohrloch Richtung Brunnenbod­en vorangetri­eben, um mit einer Kamera Klarheit über die Situation am Unfallort zu erhalten. Sollte Julen dann tatsächlic­h entdeckt werden, soll der Tunnel so schnell wie möglich erweitert werden, damit ein Retter hindurchpa­sst und der Junge geborgen werden kann.

„Wir geben die Hoffnung nicht auf, Julen lebend zu finden“, sagte ein Feuerwehrm­ann. Zwar könnten sich auch Gase oder Schlamm unten an der Brunnensoh­le befinden, was die Überlebens­chancen verringere. Aber es sei auch möglich, dass sich eine Sauerstoff­blase gebildet habe. „Nach Erdbeben hat man auch schon nach fünf oder sechs Tagen Überlebend­e gefunden.“

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FOTO: DPA Helfer suchen weiter verzweifel­t nach dem zweijährig­en Jungen, der beim Spielen in einen mehr als 100 Meter tiefen Brunnensch­acht gestürzt sein soll. Der Unglücksor­t liegt im Hinterland der Costa del Sol.

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