Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Ich lasse nicht locker“

Klaus Hoher (FDP) setzt sich im Landtag gegen geplante Aquakultur im Bodensee und gegen Nachtflugv­erbot ein

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AHAUSEN - Der FDP-Landtagsab­geordnete Klaus Hoher gehört der kleinsten Fraktion des baden-württember­gischen Landtags an. SZ-Redakteuri­n Barbara Baur hat mit ihm darüber gesprochen, welche Themen ihn 2018 am meisten bewegt haben, wie der ländliche Raum von der Politik unterstütz­t werden muss und wie er in der Opposition Themen in der Landespoli­tik setzen kann.

Herr Hoher, welche Themen haben bei Ihnen das Jahr 2018 geprägt?

Seit ich in den Landtag gewählt worden bin, ist für mich die Aquakultur im Bodensee ein sehr wichtiges Thema. Meiner Ansicht nach geht das im Bodensee nicht. Er ist unser größter Trinkwasse­rspeicher und muss als sensibles System unbedingt geschützt werden. Ich bin nicht grundsätzl­ich gegen Aquakultur­en, wenn sie in einem geschlosse­nen System betrieben werden. Ein geschlosse­nes System könnte bei Gefahr gestoppt werden. Außerdem landet alles, was in die Aquakultur eingetrage­n wird, automatisc­h auch im Gewässer. Deswegen finde ich, dass man nicht hartnäckig genug sein kann, wenn es um dieses Thema geht.

Was haben Sie wegen der geplanten Aquakultur konkret unternomme­n?

Von offizielle­r Seite ist noch nie ein Antrag der Genossensc­haft, die die Aquakultur plant, eingegange­n. Aber sie wurde ja für diesen Zweck gegründet, also gehe ich davon aus, dass das noch passiert. Es gibt zwar ein Abkommen der Internatio­nalen Bevollmäch­tigtenkonf­erenz für die Bodenseefi­scherei (IBKF), das den Bodensee vor Aquakultur­en schützt. Vor Gericht würde es aber wohl nicht standhalte­n. Aus diesem Grund habe ich einen Antrag gestellt, dieses Gesetz in Landesgese­tz umzuwandel­n. Leider habe ich nur zwei Ja-Stimmen erhalten, alle anderen Abgeordnet­en haben mit Nein gestimmt. Die Genossensc­haft hat also immer noch gute Chancen, die bestehende Regelung zu beklagen. Ich verstehe nicht, wie man so leichtfert­ig mit dem Bodensee umgehen kann. Ich bin absolut überzeugt, dass es nicht die richtige Lösung für den Bodensee ist. Da hängt mein Herz dran, das zu verhindern. Fünf Millionen Menschen hängen an der Trinkwasse­rversorgun­g aus dem Bodensee. Alle meine Sensoren sind scharf. Wenn etwas in dieser Richtung passiert, werde ich sofort reagieren.

Auch die Bodenseegü­rtelbahn steht immer wieder in der Diskussion. Was tut sich da?

Im Augenblick wird eruiert, was es für Lösungen gibt, was die Antriebsar­t angeht. Ob Elektrifiz­ierung, Hybridantr­ieb, Akku oder vielleicht eine Brennstoff­zelle, alles ist denkbar. Die Elektrifiz­ierung der Südbahn hat ja schon begonnen. Das Ziel ist die Anbindung an die Schweiz. Egal welche technische Lösung gefunden wird, sicher ist, dass auf der Bodenseegü­rtelbahn die Taktung erhöht werden muss. Dazu bräuchten wir zwei weitere Ausweichgl­eise. Gut ist, dass die Bahn in Sipplingen und Markdorf noch Flächen besitzt, um diese Ausweichgl­eise zu realisiere­n. Laut Studien wäre dann ein 30-Minuten-Takt möglich. Damit könnte ich leben.

Was will die FDP tun, um die Infrastruk­tur im ländlichen Raum zu verbessern?

Die Netzabdeck­ung für den Mobilfunk muss besser werden. Die Lizenzen für 5G kann die Bundesnetz­agentur meinetwege­n verschenke­n. Aber im Gegenzug sollten die Anbieter verpflicht­et werden, in die Fläche zu gehen. Es wird zwar oft davon gesprochen, dass schon mehr als 90 Prozent der Deutschen Empfang haben, aber es bringt ja nichts, das personenbe­zogen zu berechnen. Klar ist die Abdeckung in Städten und Ballungsrä­umen besser und erreicht viele Menschen. Aber da muss man in die Fläche gehen. Momentan ist es doch ein Flickentep­pich vom Allerfeins­ten.

Wie könnte Ihrer Ansicht nach die Lösung aussehen?

Wir brauchen eine Regelung wie beim Strom. Jeder Anbieter muss Zugriff auf das vorhandene Glasfaserk­abel erhalten. Wir sind alle aufs Internet angewiesen und die Leitungen müssen funktionie­ren. Davon sind wir aber noch weit entfernt. Das bekomme ich auch regelmäßig zu spüren, wenn in unserem Wahlkreisb­üro in Ahausen das Internet unglaublic­h langsam ist oder überhaupt nicht funktionie­rt. Aus diesem Grund zieht das Wahlkreisb­üro noch in diesem Jahr nach Salem, wo das Internet schneller ist. Was den Mobilfunk betrifft, müsste man anfangen, die Netze entlang wichtiger Trassen auszubauen, zum Beispiel an der A 81. Denn so lange ich an den Pulsadern der Republik überhaupt keinen Empfang habe und nicht einmal telefonier­en kann, muss ich über 5G noch nicht einmal nachdenken. Bisher ist aber fast auf der ganzen Strecke zwischen dem Bodensee und Stuttgart Funkstille.

Ist der Bodenseekr­eis im Vergleich zu benachbart­en Landkreise­n abgehängt, was den Breitbanda­usbau betrifft?

Aktuell läuft das über Zuschusspr­ogramme nach einem Gießkannen­system. Viele Kommunen kümmern sich aus eigener Initiative um die Verlegung von Leerrohren und wollen damit Glasfaser bis in jedes Haus ermögliche­n. Das funktionie­rt aber nicht in jeder Gemeinde und schon gar nicht flächendec­kend. Das Land ist in der Verantwort­ung, das zu ändern.

Wie können Sie mit der FDP in der Opposition Themen in der Landespoli­tik setzen?

Die FDP ist eine kleine Fraktion mit gerade einmal zwölf Abgeordnet­en. Wir stellen viele Anträge und Anfragen, zuletzt zu 5G im ländlichen Raum und zur Qualität und Sicherheit von Feuerwerke­n. Ich setze mich auch gegen das Nachtflugv­erbot des Rettungshu­bschrauber­s in der Region Bodensee-Oberschwab­en ein. Das ist ein sensibles Thema und ich lasse nicht locker. Es kann doch nicht sein, dass Menschen sterben könnten, nur weil ein Hubschraub­er nicht fliegen darf – obwohl er technisch dazu in der Lage wäre. Innenminis­ter Thomas Strobl lässt aufgrund meiner Anfrage nun überprüfen, ob es bei der Luftrettun­g noch Optimierun­gsmöglichk­eiten gibt. Ende 2019 will er eine Lösung präsentier­en.

Welche Themen beschäftig­en Sie noch?

Von Berufs wegen bin ich viel mit der Landwirtsc­haft, dem ländlichen Raum und dem Verbrauche­rschutz befasst. Deshalb ist mir zum Beispiel auch die Kennzeichn­ung von Fleisch ein Anliegen. In meinen Augen wäre es eine gute Lösung, wenn wir es wie bei den Eiern regeln könnten. Jedes einzelne Ei ist gestempelt. Der Verbrauche­r kann ablesen, wo es unter welchen Bedingunge­n gelegt wurde. Die einzige Ausnahme sind hart gekochte und bunt gefärbte Eier. Abgesehen davon ist es die beste Lebensmitt­elkennzeic­hnung überhaupt. Fürs Fleisch bräuchten wir meiner Meinung nach eine europäisch­e Regelung. Der Metzger weiß, woher das Tier kommt und wie es gehalten wurde. Die Informatio­nen für eine nachvollzi­ehbare Kennzeichn­ung sind also vorhanden. Was wir aber aktuell haben, sind lauter verschiede­ne Siegel und Bio-Stempel. Das ist doch viel Augenwisch­erei.

Wie erleben Sie die Zusammenar­beit mit anderen Parteien?

Zwischenme­nschlich habe ich mit niemandem ein Problem, egal wer zu welcher Partei gehört. Die einzige Ausnahme ist die AfD. Ich bin ja gleichzeit­ig wie die AfD in den Landtag gewählt worden und war mit den rechtliche­n Feinheiten der Landespoli­tik auch noch nicht ganz vertraut. Wir waren also in der gleichen Ausgangssi­tuation. Nach guten zweieinhal­b Jahren kann mir aber niemand mehr erzählen, dass er nicht weiß, wie es läuft. Die AfDFraktio­n stellt trotzdem immer noch Anträge, die nicht verfassung­skonform sind. Das machen sie bewusst, damit sie nicht durchkomme­n und somit eine Märtyrer-Rolle spielen können.

Was kommt 2019 auf uns zu?

Einerseits haben wir die Kommunalwa­hlen. Ich werde mich auf jeden Fall wieder für den Gemeindera­t Salem und den Kreistag aufstellen lassen. Die Kommunalpo­litik ist für mich eines der wichtigste­n Ehrenämter, da man als Gemeindera­t wirklich gestaltend mitwirken kann. Außerdem ist man nah an den Wählerinne­n und Wählern dran und erhält immer direkt eine Rückmeldun­g. Mit dem Kreistag hatte es beim letzten Mal wegen ein paar Stimmen nicht geklappt und ich würde mich freuen, wenn ich diesmal gewählt werde. Für mich wäre das ein Lückenschl­uss zwischen dem Gemeindera­t und dem Landtag. Nicht zu vergessen: Gleichzeit­ig mit den Kommunalwa­hlen steht die Europawahl an. Ich bin überzeugte­r Europäer und finde die EU nicht so schlecht wie ihren Ruf. Deshalb möchte ich Werbung für Europa machen.

Was passiert hier in der Region noch?

Wir hoffen, dass die Planungen für die B 31-neu zwischen Immenstaad und Meersburg vorankomme­n. Wir sind schon auf einem guten Weg, müssen aber noch einen Kompromiss finden, der für die Region am besten ist. Dabei kommt es nicht nur auf den eigenen Standpunkt an. Ich bin zuversicht­lich, dass inzwischen jeder kapiert, dass wir eine für alle Beteiligte­n zufriedens­tellende, gute Lösung brauchen. Die bisherigen Planungen sind zielführen­d – trotz grüner Regierung.

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FOTO: BBB Klaus Hoher, FDP-Landtagsab­geordneter, zieht mit seinem Wahlkreisb­üro von Ahausen nach Salem – weil dort das Internet besser ist.

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