Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schneller, höher, heiliger
Warum Bischöfe das Team „Athletica Vaticana“gegründet haben – Erster offizieller Wettkampf am Sonntag
ROM (SID) - Der Laufanzug in Marineblau, das Wappen des Heiligen Stuhls auf der Brust – und auf manchem Nonnenkopf ein kleiner Schleier: Wenn das Team „Athletica Vaticana“am Sonntag erstmals bei einem offiziellen Wettkampf für den Vatikan antritt, beginnt für die sportbegeisterten Ordensfrauen, Priester und Schweizergardisten aus dem Mini-Staat ein neues Kapitel. Ein Kapitel, das irgendwann mit der OlympiaTeilnahme enden könnte.
„Unser Traum war es immer, die Flagge des Heiligen Stuhls bei der Eröffnungsfeier von Olympischen Spielen zu sehen“, sagt Bischof Melchor Sanchez de Toca Alameda, der dem vor einer Woche gegründeten Verband vorsteht. Das 60-köpfige Leichtathletikteam, zu dem neben Geistlichen auch Angehörige der päpstlichen Leibgarde sowie zwei muslimische Migranten als Ehrenmitglieder gehören, will es allerdings langsam angehen.
Erstes Ziel sei die Teilnahme an Veranstaltungen, wie etwa den Mittelmeerspielen oder den Spielen der europäischen Kleinstaaten. Der Anfang ist gemacht. „Ich habe das Vatikan-Team schon getroffen. Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, werde ich die Mannschaft in der europäischen Leichtathletikfamilie herzlich willkommen heißen“, sagte Svein Arne Hansen, Präsident des europäischen Leichtathletikverbandes EAA.
Ältester Athlet ist ein 62-jähriger Professor
Los geht es am Sonntag bei der „Corsa di Miguel“in Rom. Der Zehn-Kilometer-Lauf wird zu Ehren von Miguel Sanchez ausgetragen, einem argentinischen Langstreckenläufer, der während der Diktatur in dem südamerikanischen Land spurlos verschwand. Das Vatikan-Team geht dort gemeinsam mit mehreren Migranten an den Start. Zwar „nur“außerhalb der Wertung über drei Kilometer, aber eben erstmals als eigene Mannschaft.
Der jüngste Läufer im Team ist ein 19 Jahre alter Schweizergardist, der älteste ein 62 Jahre alter Professor der Vatikanischen Apostolischen Bibliothek. Und dann sind da auch noch Jallow Buba (20) aus Gambia und Anszou Cisse (19) aus dem Senegal. Beide haben in ihrer neuen Heimat Asyl beantragt. „Sport bedeutet, die Menschen zusammenzubringen“, sagt Michela Ciprietti, Apothekerin im Vatikan - und natürlich begeisterte Läuferin. Gerade einmal 1000 Einwohner hat der nach Fläche und Bevölkerungszahl kleinste anerkannte Staat der Welt. An der Sportbegeisterung hat das noch nie etwas geändert. Seit 2007 gibt es den sogenannte Clericus Cup, ein Fußballturnier mit 16 Mannschaften, das jährlich im Frühjahr ausgetragen wird. Papst Franziskus selbst ist großer Fan des argentinischen Fußball-Traditionsklubs San Lorenzo de Almagro, Johannes Paul II. war begeisterter Skifahrer.
Voraussetzung für die Gründung des Verbandes war ein bilaterales Abkommen mit dem italienischen Olympischen Komitee (CONI), das einen starken gegenseitigen Austausch vorsieht. So haben die Vatikan-Sportler Zugang zur medizinischen Versorgung der Italiener sowie zu deren Nationaltrainern. CONI-Präsident und IOC-Mitglied Giovanni Malago sprach bei der Präsentation dann auch von einem „mutigen Anfang“. Nur Medaillen wegschnappen dürfte das kleine Team dem großen Nachbarn bitte nicht. „Werdet nicht zu groß“, sagte Malago. Damit ist zunächst aber auch nicht zu rechnen.