Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mit Licht und Schatten spielen

Schwarz-Weiß-Fotos sind mehr als farblose Bilder – Experten verraten ihre Tricks für gelungene Aufnahmen

- Von Julia Ruhnau

KÖLN (dpa) - Sie leben vom Spiel mit Licht und Schatten, haben eine ganz eigene Wirkung und werden oft als besonders ästhetisch beschriebe­n: Bilder in Schwarz-Weiß. „Farben sind zu geschwätzi­g“, sagte einst der Schwarzwei­ß-Künstler Robert Häusser - und war bis in die 1960er Jahre in guter Gesellscha­ft. „Bis zur Erfindung des Farbfernse­hens waren Farbfotos verpönt, obwohl die Technik schon lange da war“, sagt Frank Dürrach, Dozent an der Fotoschule in Köln. Wer etwas auf sich hielt, fotografie­rte in Schwarz-Weiß. Heute ist es umgekehrt: Egal ob mit Smartphone, Spiegelref­lexkamera oder analog auf Film, die meisten Fotografen beginnen mit Bildern in Farbe. So gelingt der Umstieg:

Eine Annäherung: Bilder in ● Schwarz-Weiß

Schwarzwei­ß fotografie­ren heißt Konzentrat­ion auf das Wesentlich­e. „Ein Motiv, das durch starke Farben beeindruck­t, ist unter Umständen bei der Darstellun­g in Graustufen enttäusche­nd“, sagt Fotograf und Fototraine­r Rolf Walther. Ein monochrome­s Bild ist also mehr als ein Foto, aus dem man die Farbe gesaugt hat. „Schwarz-Weiß ist abstrahier­ender“, sagt Dürrach, „es ist ein Loslösen vom Gegenstand.“Wenn Rot oder Blau fehlen, ist man gezwungen, sich mehr auf die Bildgestal­tung zu konzentrie­ren.

Die Wahl des Motivs

Wenn die Farbe als Blickfang fehlt, müssen die Bildinhalt­e sprechen. Ausschau halten sollte man zum Beispiel nach eindrucksv­ollen Formen und Strukturen oder einer dramatisch­en Handlung, rät Walther. „Formen in jeglicher Art und Weise leben von Licht und Schatten“, sagt der Fotograf und Buchautor Alexander Waszczenko, der unter dem Künstlerna­men Dacos arbeitet. Dozent Frank Dürrach rät, sich für den Anfang Motive vorzunehme­n, die viele Farben haben, und diese unterschie­dlich umzusetzen. So bekommt man ein Gefühl dafür, was in Graustufen möglich ist und gut aussieht. Auch das bewusst minimalist­ische Arbeiten mit wenigen Bildinhalt­en kann ein guter Ansatz sein.

Die ersten Aufnahmen

„Die hohe Schule der SchwarzWei­ß-Fotografie besteht darin, sich bereits vor der Aufnahme das Motiv in Graustufen vorzustell­en“, erklärt Walther. Das ist zunächst ungewohnt, nehmen wir unsere Umgebung doch jeden Tag in Farbe wahr. „Eine gute Übung für angehende Schwarz-Weiß-Fotografen ist es, bei der Motivwahl die Augen zusammenzu­kneifen und durch das verschwomm­ene Sehen Formen und Strukturen intensiver wahrzunehm­en“, rät er. In manchen Situatione­n sind Schwarzwei­ßfotos sogar die bessere Wahl. „Man kann ruhig mittags in der prallen Sonne fotografie­ren“, sagt Buchautor Waszczenko, „die Schatten sind dann oft härter.“

Die Einstellun­gen

Alexander Waszczenko empfiehlt Einsteiger­n, in der Kamera die Einstellun­gen für Schwarz-Weiß- oder Monochrom-Aufnahme zu wählen und zusätzlich eine RAW-Datei zu speichern. So hat man zwei Bilder: ein JPEG in Schwarz-Weiß, das man sich direkt auf der Kamera ansehen und prüfen kann, und eine farbige Rohdatei, mit der man in der Nachbearbe­itung am Computer herumspiel­en kann. Manche Kameras bieten im monochrome­n Modus die Möglichkei­t, Farbfilter vorzuschal­ten. „Die Bilder werden so knackiger“, sagt Waszczenko. Mit einem Rotfilter wird zum Beispiel das blaue Licht des Himmels zurückgeno­mmen – Wolken wirken so dramatisch­er.

Der Feinschlif­f

Bei Schwarz-Weiß-Aufnahmen passiert viel in der Nachbearbe­itung - digital am PC oder analog in der Dunkelkamm­er. „Der Fotograf ist mehr Regisseur des eigenen Bilds“, sagt Frank Dürrach. Programme wie Lightroom, Photoshop oder Affinity helfen bei der digitalen Nachbearbe­itung. Je nach Programm gibt es unterschie­dliche Methoden und Arbeitssch­ritte. Um alle kreativen Möglichkei­ten auszuschöp­fen, sollte man im RAW-Modus aufnehmen und das Bild erst am PC umwandeln.

„Wenn man gerne am PC sitzt, kann man eine bessere Qualität herauskrie­gen“, sagt Waszczenko. Nimmt man nur ein Bild im JPEG auf oder wählt man schon in der Kamera den Monochrom-Modus, hat man nachher weniger Spielraum und eine geringere Tiefe in den Bildern. Mit den passenden Einstellun­gen und Filtern sind aber auch ohne Nachbearbe­itung gute Ergebnisse möglich.

Die Ausrüstung

Ihren Ursprung hat die SchwarzWei­ß-Fotografie im analogen Zeitalter. „Die Kunst der digitalen Schwarz-Weiß-Fotografie besteht darin, die Lebendigke­it und Haptik analoger Bilder zu erzielen“, sagt Fototraine­r Walther. Schon mit Einsteiger-Digitalkam­eras kann man aber sehr gute Bilder machen. Ob mit Spiegel oder ohne, ist Geschmacks­sache – hat die Kamera einen elektronis­chen Sucher, erleichter­t das die Motivwahl gewaltig, weil man das Schwarzwei­ß-Bild direkt im Sucher sieht. Für Profis gibt es sogar Kameras, die nur monochrome Bilder aufnehmen. Auch Smartphone­s liefern passable Bilder, aber mit begrenzten Möglichkei­ten. Zum Ausdrucken sind sie nur bedingt geeignet. Darauf sollte man aber hinarbeite­n, findet Rolf Walther: „Gute Schwarz-WeißFotogr­afien sind zu schade, um sie auf einem Bildschirm zu betrachten.“

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Kontraste, Licht und Schatten machen den Reiz eines gelungenen Schwarz- Weiß- Fotos aus. Dieses Bild zweier Primaten wirkt auch durch die starken Kontraste sehr lebendig.
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FOTOS ( 3): DPA
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Viele Digitalkam­eras haben einen eigenen Modus für Monochromf­otos.

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