Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Im Wiegeschritt
Na, das wär’s doch! Ein Tanzkurs! Schon mal allein der Bewegung wegen, wenn ich nämlich an den Reißverschluss meiner Lieblingshose denke, der seit Weihnachten nicht mehr zugeht. Außerdem, das ist ja bekannt, fördert Tanzen die Koordination und gleichzeitig kann man dabei seine sozialen Kontakte pflegen. Also runter vom Sofa und rauf auf den Tanzboden. Walzer und Discofox – das kriegt man ja grade noch so hin, aber wie war das doch gleich mit dem Tango, dem erotischsten aller Tänze? Gut, dass wir das Jahr 2019 schreiben! – Im Herbst 1913 nämlich, als das große Tangofieber nach Deutschland überschwappte und sich rasend schnell verbreitete, hatte Kaiser Wilhelm II. ein Problem. Ihm gefiel dieser Tanzerei überhaupt nicht. Er liebte Märsche, aber doch nicht so etwas wie diesen widerwärtigen unsittlichen Tanz! Kurzerhand verbot er es seinen Offizieren. Nachdem dann allerdings bekannt wurde, dass sich der Kronprinz ungehemmt des väterlichen Verbotes mit einer lilabestrumpften Dame tangotanzenderweise vergnügte, sprach er für Familie, Hofstaat und alle weiteren Beteiligten ein strenges Tanzverbot aus. Und selbst bei der Welttanzlehrerkonferenz in Paris kam der Tango auf den Index. Da dauerte es dann natürlich nicht mehr lange bis die ganze Angelegenheit nach Rom kam. War Tangotanzen wirklich eine Sünde? Der damalige Papst Pius X. führte kurz entschlossen einen Faktencheck durch und ließ sich von einem jungen römischen Paar einen Tango vortanzen. Er meinte daraufhin, dass ihm die Sache zwar reichlich anstrengend vorkomme, aber erotisch oder gar eine Sünde könne er darin nicht erkennen – Also auf zur Anmeldung in die Tanzschule! Übrigens wäre man als Tangotänzer in guter Gesellschaft: Wird doch von Papst Franziskus gesagt, dass er ein sehr guter Tangotänzer sei.