Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein Schloss voller Maharadschas
Narren feiern Fasnets-Höhepunkt mit indischem Touch.
- Das „Indische Grabmahl“, eine traditionelle Festmahlzeit der Tettnanger Narren zur Fasnetssaisoneröffnung, zeige, wie Narrenoberguru Michael „Maharadscha“Pfau zur Eröffnung des Schlossballes angedeutet hat, eine gewisse Affinität zum Subkontinent. Und so ist das Tettnanger Barockschloss am Samstag zum Partyschloss „Taj Mahal Tettnang“geworden – zu einem gelungenen GesamtKunstwerk der Tettnanger Narrenzunft.
Großen Anteil an der beeindruckenden Atmosphäre hat eine überaus originelle Dekoration gehabt, die sich vom Eingangsbereich mit Baldachin über viele Pflanzen, bis hin zu äffisch-elefantösen Tischdekorationen oder bequemen bunten Ruhekissen auf den Schlosstreppen erstreckten. Der nach Auskunft der Veranstalter ausverkaufte Schlossball hat erstaunlich viele Narren zu originellsten Verkleidungen inspiriert: Mit dabei nicht nur Maharadschas und Maharanis, auch anderes Sariartiges, Exotisches und Erstaunliches war vertreten. Selbst Tiger, Leoparden, Elefanten zeigten sich ebenso wie zwei nordamerikanische Indianer.
Damit nicht genug, denn wie die spätere Kostümprämierung nach Vorentscheidung per Los ergeben hat, zählten auch andere Bezüge. So wurde die an ein Ferrero-Produkt erinnernde „Inder-Überraschung“aus Stadtkapellenmusikern preisgekrönt und durfte ins Langenargener Schloss zum Brunch. Für den blauen Tempelgeist und den indisch-perückten Preisträger der Einzelwertungen gab es einen Gutschein über 200 Euro. Zahlreich bevölkerten außer Tänzerinnen aller Art auch jede Menge „heilige Kühe“die verschiedenen Säle.
Männliche Schlangentänzerin
„Eine feine kulinarische Asienreise“, schwärmte ein Maharadscha und manche Tänzerin musste nach indisch-würzigem Tandoori-Chicken einen kräftigen Schluck nachspülen. Tatsächlich haben sich „Kalkutta Michel“, auch „Ganges-Gürgen“genannt, und sein Team mächtig ins Zeug gelegt und vom leckeren Bhaturaoder Panneer-Fladenbrot mit exotischen Beilagen bis MöhrenMango, Biriani-Reis und der Kardamom-Schokocreme allerlei Gaumenköstliches gezaubert. Nicht zu vergessen dabei: Getränke mit indischem Touch vom Chai bis zum Schlangenschnaps, vom Mango Lassi bis zum Bombay Gin oder reichlich exotischen Cocktails aller Art, die in der Guru-, Goa- oder Taj-Mahal-Bar angeboten wurden.
Passend zur multi-exotischen Atmosphäre des im indischen Bannstrahl erleuchtenden Schlosses: das Unterhaltungsprogramm. Der „Fanfarenzug-Mumbai“gab lumpenkappellenartige Einlagen, später spielten auch in verschiedener Besetzung die „StadtKatmanduKapelle“oder traten in reduzierter Form, dafür mit Doppel-Trompete als „indo-griechische Blasmusikkünstler“gelungen auf.
Angekündigt als erotisch und exotisch, faszinierte eine männliche Schlangentänzerin zu Originalsound und mitreißendem PlaybackGesang frisch aus Bollywood. Die füllig-freizügige und selbstbewusste Show zwischen Burleske und Dragqueen erntete tosenden Applaus im Treppenhaus.
Als „Mahatma Gaudi“trat friedenszünftig leicht bekleidet und mit Bambusstab regelmäßig Wolli Locher in Erscheinung und auch Saalchef Thomas Raab gab am Gong und modierernd als „Guru BaariBaar“sein Bestes. Für die Tanzvorführungen von den „Bombay Dancers“, Sangesähnlichem und Flaschenköpfen von Koch „Kalkutta-Michel“sowie dem geschmeidig-anmutigen „Bollywood-Zunftballet“gab es ebenfalls reichlich Beifall.
„Besser als Urlaub“
Das indische Partyvolk genoss das gelungene Unterhaltungs-, Speiseund Begegnungsambiente ebenso wie die Discomusik in den Bars. Dazwischen spielten die „Aichers“Tanzmusik und so wurde manches Tanzbein zum Schwingen gebracht. Unterhaltsames gab es auch am Rande. So schaffte ein Fotozimmer Urlaubserinnerungen, im Shisha-Zelt auf dem Innenhof wurden Pfeifchen oder anderes Brennbares gequarzt und auf den Treppen ruhte gegen später manch tempeltänzerisch erschöpftes Inderpaar gleich welcher Kaste.
Das indische Gesamtkonzept mit Motto, Dekoration, Essen und Unterhaltung ist bei den Gästen bestens angekommen. „Besser als Urlaub“, konstatierte ein zufriedener Guru am späten Abend. Indische Festlichkeiten dauern ja eigentlich oft Tage – in diesem Falle ging es nicht nur für Jutta aus Kalkutta, Hannelore aus Bangalore oder Geli aus Delhi jedenfalls bis in die sonntäglichen Morgenstunden.