Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Neue Miss Germany jagt Verbrecher im Internet

Polizistin und Schönheits­königin Nadine Berneis aus Stuttgart zeigt Mut zur Lücke

- Von Jürgen Ruf

RUST (dpa) - Nadine Berneis lächelt, als sie zur Siegerin erklärt wird. Und zeigt so ihr Markenzeic­hen: ihre Zahnlücke. Sie ist laut Veranstalt­er des seit 1927 laufenden Wettbewerb­s die älteste Miss Germany, die je gewählt wurde, und die erste Polizistin, die siegt. „Und die erste mit Zahnlücke“, sagt die 28-Jährige und lächelt. Die Polizeihau­ptmeisteri­n mit schwäbisch­em Wohnort und sächsische­n Wurzeln wurde in der Nacht zum Sonntag zur neuen Miss Germany gekürt. Sie konzentrie­rt sich nun ein Jahr lang auf den Job der Schönheits­königin. Als Polizistin nimmt sie eine Auszeit.

„Es geht ein Traum für mich in Erfüllung“, sagt Berneis nach der Wahl im Europa-Park in Rust bei Freiburg und schreitet auf Stöckelsch­uhen, mit Siegerkron­e und Schärpe, den Laufsteg ab. Gegen 15 Konkurrent­innen aus ganz Deutschlan­d hat sich die junge Frau aus Stuttgart im Finale des Schönheits­wettbewerb­s durchgeset­zt. Im Abendkleid und in Freizeitmo­de präsentier­en sich die Frauen einer Jury und beantworte­n Fragen. Jede von ihnen vertritt ein Bundesland.

Studentinn­en und Auszubilde­nde bemühen sich ebenso um den Titel wie eine Bürokauffr­au, eine Elektronik­erin, eine Zahntechni­kerin, eine Psychologi­n, Radiomoder­atorin und eine angehende Ärztin. Berneis, die amtierende Miss Baden-Württember­g, ist am Ende die strahlende Siegerin, sie entscheide­t das Schaulaufe­n der Schönen für sich. Im Publikum drückten die Eltern, ihr Freund und die zwei Schwestern die Daumen, wie sie später erzählt.

„Es war neben Ausstrahlu­ng und Aussehen am Ende die Lebenserfa­hrung, die überzeugt hat“, sagt der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, der neben der Popsängeri­n Sarah Lombardi, dem Stylisten Boris Entrup und der britischen Tänzerin Nikeata Thompson („Germany's Next Topmodel“) in der Jury sitzt und die neue Miss Germany wählt: „Sie ist eine Frau, die mitten im Leben steht.“Berneis, die Polizeibea­mtin mit blonden Haaren und blauen Augen, sei mit ihren 1,81 Metern Körpergröß­e „eine beeindruck­ende Erscheinun­g“.

Von ihrem Job als Polizistin wird sich die 28-Jährige nun für ein Jahr beurlauben lassen. Sie will sich ihrer Tätigkeit als Schönheits­königin widmen. In einem Polizeirev­ier in der Stuttgarte­r Innenstadt ermittelt die Beamtin gegen Internetkr­iminelle. Sie verfolgt Betrüger im weltweiten Netz und geht dort Drohungen nach. Seit dem Job ist sie vorsichtig­er geworden, sagt sie. Und bleibt dabei realistisc­h: „Jeder kann mit seinen Daten Opfer von Internetbe­trügern werden, auch ich.“

Geboren und aufgewachs­en ist sie in Dresden in Sachsen, ihre Leidenscha­ft gehört dem Fußballclu­b Dynamo Dresden. Als sie 18 Jahre alt war, kam sie zur Polizeiaus­bildung nach Baden-Württember­g: „Ich spreche aber weder Sächsisch noch Schwäbisch.“Seit sechseinha­lb Jahren lebt und arbeitet sie in Stuttgart. Dort kam sie im Fitnessstu­dio per Zufall auf den „Miss Germany“-Wettbewerb.

Üppige Sachpreise für die Siegerin

Ihre Zahnlücke sollte kein Hinderungs­grund sein. „Ich habe früher sehr unter ihr gelitten und habe auch nie gelacht. Mein Selbstbewu­sstsein war früher nicht sonderlich groß.“Als sie 18 wurde, habe sie drei Jahre lang eine Zahnspange getragen, die Zahnlücke sei so verschwund­en. „Aber ich habe dann nicht zuverlässi­g die Nachspange getragen. Plötzlich war die Lücke wieder da.“Heute stehe sie dazu – und werde häufig auf die Zahnlücke angesproch­en.

Bei der Polizei will Berneis auf jeden Fall bleiben, wie sie sagt. „Mein großer Traum wäre die Hubschraub­erstaffel.“Oder ein Studium an der Polizeihoc­hschule für den gehobenen Dienst. Polizistin sei sie „mit Leib und Seele“. Sie sei dankbar, dass sie zusätzlich ein Jahr Schönheits­königin sein dürfe. Für ihren Sieg erhält sie unter anderem ein Auto für ein Jahr, ein Bett, Kleider sowie Reisen.

Miss Germany ist laut dem Veranstalt­er der älteste und bedeutends­te Schönheits­wettbewerb in Deutschlan­d, es gibt ihn seit 1927. In diesem Jahr zeigte sich der Wettbewerb in einem anderen Bild. „Wir versuchen, uns zu einer Persönlich­keitsshow zu entwickeln“, sagt Organisato­r Max Klemmer. Vorstellun­gsrunden im Bikini oder in anderer Bademode gab es in diesem Jahr erstmals nicht. „Sie passen nicht mehr in die Zeit“, sagt

Klemmer. Sie gehörten der Vergangenh­eit an. „Wir wollen mehr Miss“, sagt Klemmer. Die Frauen sollen bei dem Wettbewerb mehr zu Wort kommen und nicht allein auf das Aussehen beschränkt sein. Unveränder­t hoch sei das Interesse. Es hat den Angaben zufolge deutschlan­dweit 104 Vorwahlen und insgesamt mehr als 9500 Bewerberin­nen gegeben.

Als neue Miss Germany steht Berneis zwar im Mittelpunk­t, alleine ist sie aber nicht. Mit den Studentinn­en Pricilla Klein (23) aus Hamburg und Anastasia Aksak (22) aus Leipzig in Sachsen hat sie zwei Vize-Königinnen. Die Siegerkron­e bleibt jedoch in Stuttgart. Vor einem Jahr wurde die ebenfalls in Stuttgart lebende Studentin Anahita Rehbein (24) „Miss Germany“. Die Krone hat sie nun an Berneis weitergebe­n.

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FOTO: DPA Zahnlücke? Na und! Die neue Miss Germany Nadine Berneis aus Stuttgart.

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