Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Dieb schlägt auf Ladendetektive ein
Richter gibt dem jungen Mann eine letzte Chance - Trotz Hausverbots erneut im Geschäft aufgetaucht
FRIEDRICHSHAFEN - Räuberischer Diebstahl, Beleidigung, Hausfriedensbruch und Körperverletzung in mehreren Fällen: „Das sind nicht gerade wenige Straftaten“, hat Richter Martin Hussels-Eichhorn zusammengefasst. Bei ihm im Gerichtssaal ist am Mittwoch ein Syrer erschienen, der zum wiederholten Mal straffällig wurde. Bereits zweimal ist er verurteilt worden. Nun drohen ihm ein Jahr und sechs Monate in der Jugendvollzugsanstalt Adelsheim.
Innerhalb von sechs Monaten soll der 20-Jährige mehrfach straffällig geworden sein. Im Februar vergangenen Jahres habe er aus der H&MFiliale in Friedrichshafen ein T-Shirt und eine Sportjacke im Wert von 50 Euro geklaut. Als der Ladendetektiv ihn und einen vermeintlichen Mittäter darauf ansprach, sollen die jungen Männer diesen auf Arabisch mit wüsten Schimpfwörtern beleidigt haben.
Erneut aufgefallen
Gleich zwei Tage später sollen die beiden erneut auffällig geworden sein. Im Kaufland im Bodenseecenter hätten sie Kabel und Kopfhörer für 55 Euro eingesteckt. Der Ladendetektiv habe alles per Video beobachten können und sie daraufhin zur Rede gestellt. Als er ihnen seinen Ausweis zeigte, soll der Angeklagte ihm diesen aus der Hand geschlagen haben. Anschließend sollen der junge Mann und sein Bekannter auf den Mann eingetreten und -geprügelt haben. Dabei wurde dieser unter anderem an der Schulter und am Becken verletzt. Der Täter entkam mit der Beute.
Obwohl er im Kaufland Hausverbot erhielt, sei der Mann im April wieder in der Filiale aufgetaucht. Die Ladendetektive habe den jungen Mann daraufhin ins Büro geführt, wo er die Tür und einen Rollo demoliert habe. Anschließend sei er durch das Fenster auf den Parkplatz geflüchtet, aber nach kurzer Zeit zurückgekehrt und habe zu den Detektiven gesagt: „Jetzt könnt ihr die Polizei rufen.“
Angeklagter gibt Taten zu
Das Verhalten des Angeklagten habe sie gewundert, gaben die Ladendetektive vor Gericht an. Als Erklärung brachte der Beschuldigte vor, er habe zur Tatzeit unter dem Einfluss von Drogen gestanden. Er räumte ein, die genannten Straftaten begangen zu haben. Weitere Delikte stritt er allerdings ab, die ihm Staatsanwältin Christine Epe zur Last legte. Demnach soll er im Juli beim Kulturufer in Friedrichshafen ein Fahrrad gestohlen und einer italienischen Musikergruppe 700 bis 1000 Euro entwendet haben. Dabei habe ihn ein Mann erkannt, der wie der Angeklagte eine Zeitlang im Asylbewerberheim im Fallenbrunnen gelebt hatte. Auch dieses Mal soll der 20-Jährige nach der Tat geflohen sein. Dank des Augenzeugen habe die Polizei ihn jedoch als Täter identifizieren können.
Für das Gericht bestand daher kein Zweifel an der Schuld des Angeklagten. Richter Hussels-Eichhorn reagierte verärgert, dass der Mann zum Wiederholungstäter avancierte. Der Angeklagte beteuerte vor Gericht, er sei damals „ein anderer Mensch“gewesen. Seine Flucht habe ihn negativ geprägt. Er sei mit 14 Jahren allein in die Türkei und 2015 nach Deutschland gekommen. Die Taten habe er unter dem schlechten Einfluss seines Bruders und unter Drogen begangen. Seit Dezember sei er jedoch clean.
Jugendstrafe auf Bewährung
Hussels-Eichhorn und seine Schöffen verhängten eine Jugendstrafe auf Vorbewährung. Der junge Mann hat ein halbes Jahr Zeit, die Auflagen des Gerichts zu erfüllen – darunter 150 Arbeitsstunden und ein monatliches Drogenscreening. Gelinge ihm das, werde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. „Wenn Sie Scheiße bauen, können Sie sicher sein, dass es keine Bewährung geben wird“, hielt der Richter fest.