Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Uhlandschule kämpft um Anerkennung
Arbeit des SBBZ Lernen in Tettnang geht noch mehr in Richtung Inklusion.
TETTNANG - Es fehle an politischer und gesellschaftlicher Anerkennung, obwohl die Notwendigkeit des Schultyps nach wie vor zu erkennen sei. So deutlich beklagt Otto Reichert, Rektor der ehemaligen Förderschule Uhlandschule in Tettnang die aktuelle Situation. Heute heißt die Schule sonderpädagogisches Bildungsund Beratungszentrum (SBBZ) mit dem Förderschwerpunkt Lernen. „Ich wünsche mir, dass unsere Schüler in T-Shirts mit dem Schriftzug ,Uhlandschule’ herumlaufen und stolz darauf sein können“, sagt er. Doch der Weg zu diesem Wunsch sei steinig und die politischen wie gesellschaftlichen Vorbehalte seien groß, sagt Reichert.
Vor 50 Jahren stand die Zukunft von Schülern, die keine der damaligen Regelschulen besuchen konnten oder sollten vor einem Scheidepunkt. Der Kreistag Tettnang diskutierte eifrig darüber, wie das Sonderschulwesen zukünftig ausgestaltet werden könnte. „Umfangreicher und differenzierter“sollte es nach einem Artikel in der „Schwäbischen Zeitung“von Februar 1969 sein. Den Fokus damals legte der Kreistag demnach auf Schüler mit einer geistigen oder körperlichen Einschränkung. 50 Jahre später ist genau diese Fokussierung nach wie vor vorhanden – und problematisch, sagt Schulleiter Reichert. Denn der promovierte Pädagoge macht deutlich, dass die ehemaligen Förderschulen zwar einen Großteil der bestehenden SBBZ ausmachen, aber den geringsten Teil an Unterstützung erfahren würden, beklagt er. Allerdings betont Reichert auch, dass er die Schule durch die Stadt Tettnang, dem Schulträger, sehr gut unterstützt werde.
Ein weiteres Problem des Schultyps sei, dass einige Eltern nicht verstehen würden, was ihr Kind brauche und große Angst vor dem Stigma Förderschule hätten. In den vergangenen Jahren sei das zwar ein bisschen besser geworden, doch die Vorurteile seien nach wie vor da, sagt Konrektorin Ursel Lau.
Mit der Namensänderung von Förderschule zu SBBZ habe sich nichts an der Arbeit verändert, stellen beide klar. „Die Aufgaben waren immer die Gleichen“, sagt Reichert. Schon seit vielen Jahren beraten die Lehrkräfte Kindergärten in der Region oder machen dort Frühförderung. Derzeit kooperiert die Uhlandschule mit elf Regelschulen und 20 Kindergärten. Schon 2011 hat sie außerdem Inklusion in Außenklassen angeboten. In Meckenbeuren, Neukirch und später in Kehlen. Weil sie damals noch Vorreiter im Inklusionsbereich war, gab es auch mehr Personal dafür. Die verpflichtende Inklusion heute sei deutlich schwieriger zu bewerkstelligen, sagt Reichert: „Es ist nicht ganz einfach für unsere Lehrkräfte.“Denn diese seien oft nur wenige Stunden bei den Schülern, müssten viel unterwegs sein und organisieren. Die Stundenzahl für die Lehrerinnen und Lehrer sei außerdem sehr schlecht bemessen.
Derzeit besuchen 45 Schüler die Uhlandschule in Tettnang in den Klassen eins bis neun. In der Hauptstufe an der Gemeinschaftsschule Manzenberg unterrichtet die Uhlandschule 21 Schüler in der Inklusion, in Meckenbeuren-Buch sind es fünf. Zwei weitere Schüler werden an der Schillerschule inklusiv betreut. Zehn Lehrerinnen und Lehrer arbeiten an der Uhlandschule. Reichert und seine Kollegin Lau versuchen, Eltern die Angst vor der Schule zu nehmen. Viele Kinder an Regelschulen hätten auch positive Erlebnisse mit den Inklusions-Lehrkräften, was wiederum dem Image der Uhlandschule etwas bringe, sagt Reichert: „Die Inklusion fördert auch Akzeptanz.“
Otto Reichert glaubt, dass die Inklusion weiter wachsen wird. Von derzeit 30 auf 50 Prozent. Er wünscht sich dafür genügend Ressourcen. Reichert setzt aber auch auf das Schulhaus als Lernort. Die Uhlandschule solle ein Ort für Schüler bleiben, für die Inklusion oder Regelschule keine Alternativen seien, wünscht sich auch Ursel Lau.
Alle Teile der Serie „Vor 50 Jahren“sind online zu finden, unter: www.schwäbische.de/ vor-50-jahren